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Öffnung der geförderten Energieberatung für qualifizierte Berater der Energieunternehmen

Die Zulassungsvoraussetzungen für die geförderte Energieberatung werden ab dem 1. Dezember 2017 geändert. Nach langer Diskussion um die Zulassung von EVU-Mitarbeitern zur gefördert Energieberatung zeichnet sich eine grundlegende Änderung ab. Mit Inkrafttreten der neuen bzw. überarbeiteten Programme "Energieberatung für Wohngebäude" und "Energieberatung Mittelstand" können sich auch Mitarbeiter von Energieunternehmen und von Betrieben des Handwerks beim BAFA für diese Programme registrieren lassen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 7. November 2017 zwei Richtlinien geändert, die zum 1. Dezember 2017 in Kraft treten:

Wichtigste Änderung ist die Öffnung des Kreises zugelassener Energieberater in diesen Programmen für Mitarbeiter von Energieunternehmen und des Handwerks. Weitere Förderprogramme, die auf die Energieberatung nach diesen Programmen verweisen, sind davon ebenfalls berührt. Dabei ist vor allem der in diesem Jahr neu geschaffene individuelle Gebäudesanierungsfahrplan zu nennen, der zukünftig zu einem wichtigen Instrument zur Gebäudesanierung ausgebaut werden soll.

"Der Sanierungsmarkt kann jetzt von den qualifizierten Fachkräften der Energieunternehmen profitieren, die bisher in der geförderten Beratung nicht zugelassen waren", begrüßte BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer diese neue Entwicklung in seinem aktuellen Pressestatement.

Die Zulassung der Energieberater erfolgt weiterhin über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Dort zugelassene Energieberater können sich in die Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes (EEE-Liste) eintragen, die jetzt auch die Angabe der beruflichen Tätigkeit des Energieberaters enthält. Die Einbindung eines in der Energieeffizienz-Expertenliste eingetragenen Beraters ist für die Nutzung der Wohngebäudeförderung zwingende Voraussetzung.

Beratung in unabhängiger Weise

Die Öffnung der Energieberatung für bisher ausgeschlossene Personenkreise wird möglich, weil das Verständnis von unabhängiger Beratung aus dem nicht geförderten Bereich (z.B. Energieauditpflicht) übernommen wurde. Die Unabhängigkeit der Beratung wird nicht mehr pauschal von der Hauptbeschäftigung bzw. vom Arbeitgeber des Beraters abhängig gemacht, sondern muss für den konkreten Fall vom Berater zugesichert werden. Dazu wird eine Eigenerklärung des Beraters verlangt. Darin sichert er zu, dass er kein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen hat. Ihm erwachsen aus dem Beratungsergebnis weder Provisionen noch sonstige geldwerte Vorteile. Die gewöhnliche Lohnzahlung, die der Energieberater von seinem Arbeitgeber erhält, wird dabei nicht als geldwerter Vorteil betrachtet. Die empfohlenen Maßnahmen können dabei auch vom Unternehmen des Beraters umgesetzt werden. Die häufig vom Kunden gewünschte "Leistungen aus einer Hand" wie zum Beispiel beim Contracting sind möglich.

Das Risiko, dass diese Erklärung bei einer Überprüfung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ggf. nicht anerkannt wird, liegt dabei beim Berater, da er die Zuschüsse aus dem Förderprogramm beantragt. Auch daher ist eine Haftpflichtversicherung vom Berater abzuschließen. Das BAFA wird darüber hinaus verstärkt die Beratungsberichte, an die umfassende Qualitäts- und Neutralitätsanforderungen gestellt werden, prüfen. Ein entsprechendes Monitoring wird derzeit entwickelt.

Wie kommt es zu diesem Sinneswandel?

In den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz NAPE der Bundesregierung 2014 wurde die Weiterentwicklung der bisherigen Förderpraxis aufgenommen ("Qualitätssicherung und Optimierung/Weiterentwicklung der bestehenden Energieberatung"), was durch Gutachten und Stakeholder-Workshops in den Folgejahren, an denen sich BDEW aktiv beteiligt hat, begleitet wurde.

Im Ergebnis zeigt sich eine deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibende Inanspruchnahme der Förderprogramme. Die geringen Fallzahlen von ca. 9.000 Anträgen pro Jahr in der Wohngebäudeberatung durch bisher für die Bundesprogramme gelisteten Berater stagnierten, trotz Erhöhung der Förderbeiträge. Die seit kurzem eingeführten individuellen Sanierungsfahrpläne, für die sich der BDEW grundsätzlich eingesetzt hat, haben ebenso noch keine Fahrt aufgenommen. Die Fallzahlen in der Energieberatung Mittelstand sind noch deutlich geringer. Von der Öffnung der Beraterzulassung verspricht sich die Bundesregierung insbesondere ein stärker proaktives Zugehen auf potenzielle Kunden. Dies hat bisher, so das Ergebnis einer Marktstudie der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE), gefehlt.

Die Argumentation des BDEW lautete stets, dass eine Öffnung für Berater der Energieunternehmen den Bürgern, Immobilien-Eigentümern, Industrie und Gewerbe sowie Kommunen eine weitere Möglichkeit eröffnet, qualifizierte Unterstützung für geplante Effizienzmaßnahmen zu erhalten und dabei nicht auf angebotene Förderung für die Beratung und die Umsetzung der Maßnahmen verzichten zu müssen. Aus Sicht des BDEW soll der Kunde im Mittelpunkt des Beratungsprozesses stehen. Er entscheidet sowohl über die Maßnahme als auch darüber, wer ihn bei der Entwicklung und Umsetzung der Maßnahme unterstützt. Dazu muss die Transparenz des Beratungsprozesses, aber auch die transparente Darstellung von Qualifikation, Erfahrung und Herkunft des Beraters ebenso sichergestellt sein wie ein nachvollziehbares, gut dokumentiertes Beratungsergebnis. Diese Position hat der BDEW bei zahlreichen Gelegenheiten gegenüber dem BMWi vertreten.

Chancen für Energieunternehmen

In der Markt- und Dienstleistungserhebung 2016 des BDEW gaben 82 Prozent der großen Unternehmen und 55 Prozent der kleinen Energieunternehmen an, dass sie ihren Kunden eine Vor-Ort-Beratung anbieten. Allerdings treten bisher die Energieunternehmen mit einem Wettbewerbsnachteil in Höhe der Beratungsförderung aus den Programmen an. Dieser Wettbewerbsnachteil, der bei der Energieberatung Mittelstand bis zu 8.000 Euro betragen kann, entfällt zukünftig. Die Neuregelung betrifft auch bestehende und zukünftige Kooperationen mit freien Energieberatern, Ingenieurbüros, aber auch dem Fachhandwerk. Es ist nun davon auszugehen, dass durch die Öffnung und die damit verbundene verstärkte Öffentlichkeitsarbeit die Bekanntheit der Programme und damit die Nachfrage nach diesen Angeboten steigen wird. Auch die regionale Verfügbarkeit spezialisierter Berater wird steigen.

Besonders in Verbindung mit dem individuellen Gebäudesanierungsfahrplan, einem fachlich und methodisch anspruchsvollen neuen Beratungsinstrument, bieten sich jetzt zahlreiche Anknüpfungspunkte für Energiedienstleistungsangebote. Zielgruppen für solche Angebote, auch gemeinsam mit Marktpartnern, können private Gebäudeeigentümer, aber auch die Wohnungswirtschaft sein. Die Bundesregierung prüft derzeit, ob der Sanierungsfahrplan zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen zwingend vorhanden sein muss, zum Beispiel bei der Beantragung bestimmter Fördermittel.

Aber auch im Segment Gewerbe und Industrie eröffnen sich neue Chancen für Kundenkontakte. Das Programm "Energieberatung Mittelstand" ist der Türöffner bzw. Voraussetzung für weitere Förderprogramme. Für Unternehmen mit jährlichen Energiekosten über 10.000 Euro beträgt die Zuwendung 80 Prozent der förderfähigen Beratungskosten, maximal 8.000 Euro. Eine Energieberatung nach diesem Programm kann zudem unter anderem Voraussetzung für eine systemische Optimierung im Rahmen des Programms "Förderung von Querschnittstechnologien" sein. Auch Investitionsprogramme der KfW verweisen auf die Energieberatung Mittelstand.

Mit der Änderung der Zulassungsvoraussetzungen löst die Bundesregierung auch eine Zusage ein, dass sie im Rahmen der Vereinbarung zur Gründung der Initiative Energieeffizienz-Netzwerke bereits 2014 gegeben hatte. Dort heißt es in der Vereinbarung:

"Die Bundesregierung wird (…) den Prozess starten, um existierende Angebote zur Förderung von Energieberatung, den Zugang zu den entsprechenden Beraterlisten sowie weiteren relevanten Förderprogrammen zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen/ Energiedienstleistungen in Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Fortbildungsträgern weiterzuentwickeln und die Anwendung von Qualitätsanforderungen sowie die Durchgängigkeit und Vergleichbarkeit der Zulassungsbedingungen für die Energieberatung zu überprüfen und ggf. anzupassen."

Auch für die Arbeit in den Energieeffizienz-Netzwerken ergeben sich durch die Neuregelung Vereinfachungen bei der Arbeit, insbesondere wenn Energieunternehmen als Träger der Netzwerke auftreten.

Die nächsten Schritte

Mitarbeiter von Energieunternehmen, die die fachlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, können ab Inkrafttreten der neuen Richtlinien die Zulassung beim BAFA beantragen. Diese wird nach erfolgreicher Überprüfung erteilt. Zugelassene Energieberater können sich dann in die Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes eintragen lassen.

Der BDEW wird die Umsetzung der neuen Regelung in die Praxis aktiv begleiten. Auch auf dem HEA-Marktpartnerkongress am 23. November wird ein Vertreter des Bundeswirtschaftministeriums zu diesem Thema erwartet.

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