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BDEW veröffentlicht neue Kraftwerksliste auf Hannover Messe:

Neubau von CO2-armen Kraftwerkskapazitäten stockt

Nur 10 Kraftwerke im Bau

Der Bau neuer, CO2-armer Kraftwerke, die für die Flankierung der Energiewende dringend gebraucht werden, kommt zu langsam voran. Das zeigt die neue Kraftwerksliste, die der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) heute auf der Hannover Messe International veröffentlichte. Die Liste enthält alle in Bau befindlichen Kraftwerke sowie die genehmigten und geplanten Projekte mit einer Leistung von mehr als 20 Megawatt (MW) aus dem konventionellen und erneuerbaren Bereich.

„Was in den Markt kommt, ist noch nicht ausreichend, um auszugleichen, was an gesicherter Leistung mit dem schrittweisen Kohleausstieg und dem laufenden Kernenergieausstieg wegfallen wird. Wenn wir die Kohlekapazitäten abschalten wollen, wie es die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung vorgeschlagen hat, brauchen wir außerdem im Jahr 2030 zwingend 65 Prozent Erneuerbare. Auch ein schnellerer Netzausbau ist zwingend. Das dritte zentrale Thema ist die Versorgungssicherheit. In der Kohlekommission gab es eine sehr hohe Übereinstimmung darin, dass die Abschaltung von Kohlekraftwerken nicht an der Frage scheitern darf, ob es gelingt, die nötigen Mengen an gesicherter Erzeugungskapazität vorzuhalten. Die Quintessenz lautet: Wir müssen bauen, bauen, bauen“, sagte Stefan Kapferer Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Derzeit gibt es in Deutschland 64 Projekte zum Neubau von Kraftwerken, die gesicherte Leistung bereitstellen können. Davon sind jedoch lediglich 10 tatsächlich im Bau, darunter gerade einmal 600 MW an Gaskraftwerken, wie die Kraftwerksliste zeigt. Aufgrund der aktuellen Marktsituation rechnet sich der Bau von Gaskraftwerken nicht, ihre Realisierung ist daher fraglich. Auch die Realisierung von weiteren Pumspeicherkraftwerken, die eine wichtige Funktion für die Stabilisierung des Stromnetzes haben, ist fraglich. Hier wurden drei Projekte zurückgezogen. Geplant sind noch drei Anlagen, ob und wann diese in Betrieb gehen, ist jedoch ebenfalls unklar.

Positiv ist, dass es mittlerweile 15 Projekte gibt, in deren Rahmen Kohle durch Erdgas ersetzt wird (fuel-switch-Projekte). Es werden aber weit mehr solcher Projekte notwendig sein, um die notwendige Reduzierung der Kohleverstromung weiter voranzutreiben. Hierfür bedarf es besserer Rahmenbedingungen für den Wechsel von Kohle zu Gas.

Gut voran geht es bei den Offshore-Windkraft-Projekten: In diesem Jahr werden voraussichtlich 1,5 Gigawatt an Offshore-Kapazitäten hinzukommen. Da es im Offshore-Bereich im Unterschied zu Windenergie an Land keine Akzeptanzprobleme gibt, sollten zügig Sonderaus-schreibungen für Offshore-Wind-Kapazitäten erfolgen – zumal es ohnehin zusätzliche Netzanschlusskapazitäten für Offshore-Wind-kapazitäten in Höhe von knapp 1,6 Gigawatt gibt.

Das Grundproblem bleibt jedoch bestehen, erläuterte Kapferer: „Die heute noch bestehenden Überkapazitäten werden in wenigen Jahren nicht nur vollständig abgebaut sein. Vielmehr laufen wir sehenden Auges spätestens im Jahr 2023 in eine Unterdeckung bei der gesicherten Leistung.“ Dem bis 2023 zu erwartenden Zubau an Kraftwerkskapazität in Höhe von etwa 4.650 Megawatt stehen bereits absehbare und schon erfolgte Stilllegungen mit einer Kapazität von rund 26.000 MW gegenüber – ein sattes Minus.“ Damit sinke bis 2023 die konventionelle Kraftwerkskapazität von heute gut 88.600 MW auf ca. 67.300 MW.

Die Bundesnetzagentur geht in ihren Prognosen davon aus, dass die höchste Stromnachfrage in Deutschland (Jahreshöchstlast) zu Beginn der 2020er Jahre bei etwa 81.800 MW liegen wird. Dieser Wert wird nur noch dadurch erreicht, dass weitere bereits zur Stilllegung angezeigte Kraftwerke nicht vom Netz genommen werden dürfen, da sie als systemrelevant für die Versorgungssicherheit eingestuft werden (ca. 6.900 MW). Das konkrete Potenzial technologischer Entwicklungen wie neuen Speichertechnologien Demand Side Management oder Power-to-X-Technologien ist zudem nicht sicher vorhersehbar.

„Bisher setzt der Markt nicht die erforderlichen Bedingungen für den notwendigen Zubau an Kraftwerken. Stattdessen sind wir schon heute auf eine Reihe an Reparaturmaßnahmen angewiesen: Netzreserve, Kapazitätsreserve oder netztechnische Betriebsmittel kaschieren mehr schlecht als recht die Defizite der deutschen Energiepolitik und Marktkonditionen. Auf Dauer wird das nicht funktionieren“, so Kapferer.

„Die Bundesregierung ist am Zug: Um das gigantische Umbauprojekt unserer Energieversorgung auf den Weg zu bringen, muss sie zügig das notwendige Umfeld schaffen. Das bedeutet zuallererst die Stärkung von Investitionsanreizen durch einen klugen ordnungspolitischen Rahmen, statt den Versuch der Detailsteuerung am ministerialen Reißbrett zu unternehmen. Uns mangelt es nicht an neuen Zielen, sondern an der verlässlichen und volkswirtschaftlich effizienten Umsetzung. Gerade bei der Realisierung der europäisch verbindlichen Klimaziele für 2030 ist die Energiewirtschaft Treiber der Politik – und nicht umgekehrt.

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