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BMWi-Projekt SDL-Zukunft – „Zukünftiger Bedarf und Beschaffung von Systemdienstleistungen“

Bewertung der Beschaffungsmodelle der Auftragnehmer des BMWi zur Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie zum 31. Dezember 2020

Mit der Strombinnenmarktverordnung (BMVO) und der Strombinnenmarktrichtlinie (BMRL) wurden von Seiten des europäischen Gesetzgebers Regelungen geschaffen, die tief in das deutsche Energiewirtschaftsrecht hineinwirken. Die Inhalte der beiden Bestandteile des „Clean Energy Package“ wurden am 14. Juni 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und sind zum 4. Juli 2019 in Kraft getreten.

Der BDEW möchte seinen Ausführungen Folgendes voranstellen: Nach Auffassung des BDEW ist die Frage, "ob" eine Vergütung für Dienstleistungen wie nicht-frequenzgebundener Systemdienstleistungen (NF-SDL) zu erfolgen hat, nicht mit der Ausgestaltung eines Modells für ihre Beschaffung gleichzusetzen. Ein solches Modell regelt lediglich die Art und Weise, wie Angebot und Nachfragen zusammenfinden. Auch die Frage nach der Höhe einer etwaigen Vergütung und deren Zustandekommen - marktlich oder reguliert bestimmt - wird nicht explizit durch die Wahl des Beschaffungsmodells beantwortet. 

Grundsätzlich kann für eine angefragte, definierte Leistung eines Anbieters, die ein anfragender Nachfrager/Auftragnehmer in Anspruch nimmt, nicht ohne Weiteres, wie z. B. bei einer gesetzlichen Regelung, davon ausgegangen werden, dass diese Leistung unentgeltlich oder entgeltlich zur Verfügung gestellt oder erbracht wird. 

Gleichwohl ist in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Definition von technischen Mindestanforderungen festzustellen. Technische Mindestanforderungen sind als Voraussetzung für den Anschluss und Betrieb der Anlagen an das Netz eines Netzbetreibers einzuhalten. Die nachfolgenden Ausführungen betreffen die Frage, wie entsprechende Beschaffungsmodelle ausgestaltet sein können.

Die gesamte Stellungnahme steht Ihnen am Ende der Seite zum Download zur Verfügung. 

Einschätzung des BDEW zu den vorliegenden Beschaffungsmodellen

Grundsätzlich begrüßt der BDEW das Vorgehen des BMWi, relevante Stakeholder im Rahmen von Stakeholder-Workshops in den Prozess zur Ausgestaltung bzw. Überführung der Strombinnenmarktrichtlinie in nationales Recht zu involvieren. Der durch das BMWi angeführte Ansatz einer diskriminierungsfreien und vor allem technologieneutralen Ausgestaltung unter Berücksichtigung von allen verfügbaren, wirtschaftlich erschließbaren Anlagengruppen wird ausdrücklich unterstützt. 

Die vorangegangene Bewertung hinsichtlich der wirtschaftlichen Effizienz einer marktlichen Beschaffung gewisser NF-SDL, die von grundlegender Bedeutung für die weiteren Arbeiten ist, bleibt jedoch nach wie vor auf Basis nicht nachvollziehbarer Einordnungen mit ausschließlichem Bezug auf den Status Quo zu kritisieren. Der BDEW hatte sich hierzu bereits im Rahmen seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2020 geäußert. Aus Sicht des BDEW ist es wünschenswert zu erfahren, in welcher Art und Weise die Ergebnisse der Gutachter an die Bundesnetzagentur (BNetzA) als zuständige Regulierungsbehörde übergeben werden bzw. in die weitere Ausgestaltung der BNetzA bzgl. der Beschaffungsmodelle einfließen werden.

Entsprechend der Hinweise des BMWi zur Strukturierung der Rückmeldung werden nachfolgend zunächst Kernpunkte, Anmerkungen zu den Folien und anschließend Begründungen zu den Kernaussagen aufgeführt. Zur besseren Übersicht werden die genannten drei Aspekte zunächst für das Beschaffungsmodell zur Schwarzstartfähigkeit (SSF) und anschließend für Blindleistung separat aufgeführt. 

Als allgemeiner Hinweis mit der Bitte um eine weiterführende Klärung wird darauf hingewiesen, dass in den Folien der Auftragnehmer des BMWi hinsichtlich SSF von „Marktgestützte Beschaffung“, in Bezug auf Blindleistung von „Marktliche Beschaffung“ die Rede ist. Insofern die beiden Begriffe eine inhaltliche Unterscheidung hinsichtlich der Ausgestaltung der Beschaffungsmodelle implizieren sollen, sollte darauf explizit eingegangen und diese Unterschiede definitorisch ausgeführt werden.

Wichtig ist, dass bei erfolgender Effizienzprüfung der Beschaffungsmodelle Folgeeffekte zu berück-sichtigen sind, die sich aus einer etwaigen Verzögerung der Bereitstellung aufgrund eines Marktprüfungsverfahrens einstellen. Darüber hinaus ist ein Schutz für bereits verbindlich geplante Investitionen sicher zu stellen. Hinsichtlich der Umsetzung der BMRL ist die marktliche Beschaffung von NF-SDL gesamtheitlich zu betrachten. Eine gesamtheitliche Betrachtung umfasst auch die sachgerechte Refinanzierbarkeit der mit der marktlichen Beschaffung verbundenen Aufwendungen auf Seiten der Netzbetreiber. 

Der BDEW teilt die Auffassung der Blindleistungskommission des BMWi, dass die Kosten der Netzbetreiber für die Blindleistungsbeschaffung zu den grundsätzlich anerkennungsfähigen Netzkosten gehören. Bei der Auswahl der von der Anreizregulierungsverordnung gebotenen Instrumente ist sicherzustellen, dass die Charakteristika der beiden NFSDL Schwarzstartfähigkeit und Blindleistung angemessen berücksichtigt werden. Hierzu gehört die Frage, in welchem Ausmaß der Netzbetreiber die Möglichkeit hat, den Umfang der erforderlichen Leistung durch unternehmerisches Handeln zu beeinflussen, aber auch Besonderheiten wie z. B. die Volatilität bzw. der lokale Bezug des Blindleistungsbedarfs. 

Aufgrund der Volatilität erscheint eine Abbildung über das Budgetprinzip und Einbeziehung in den Effizienzvergleich nicht sachgerecht. Deshalb sollten beim Aufwand für die Beschaffung der Blindleistung die dauerhaft nicht beeinflussbaren oder die volatilen Kosten als mögliches Instrument genauer betrachtet werden. 

Der BDEW hält es unter Abwägung der verschiedenen Anforderungen für regulatorisch noch am ehesten sachgerecht, dass die Aufwendungen für die Beschaffung von Blindleistung in der Anfangsphase des Beschaffungsmodells als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten eingruppiert werden, da die Anforderungen an das Beschaffungsmodell – Berücksichtigung von Volatilität und lokalem Charakter der Blindleistung, Erwirtschaftung des Beschaffungsaufwands ohne Zeitverzug und die Implementierung von Effizienzanreizen – bei dieser Variante in Summe am besten erfüllt sind. Der BDEW steht zur Verfügung, um diese Überlegungen in einem Prüfungsprozess vertieft zu erläutern.

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