Motor für alternative Mobilität

Auto, Tankstelle, Busticket – Alltagsbegleiter wie diese könnten in Zukunft völlig anders aussehen. Die Bewegung beginnt schon heute in den Kommunen. Vier Projekte zeigen, was kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dazu beitragen

Was bewegt uns Menschen in Zukunft? Diese Frage geht alle an: Für den Erfolg einer zukunftsfähigen, alternativen Mobilität sind nicht nur Hersteller und Autofahrer zuständig. Als Motor für ein modernes Verkehrswesen rücken auch die lokalen Energieversorger verstärkt in den Blick. Sie können ihren Kunden den Umstieg erleichtern. Denn viele von diesen dürften beim Stromanbieter künftig nicht mehr ausschließlich Energie für den Haushalt nachfragen. Eine Verbraucherumfrage des BDEW ergab Ende 2017, dass sich ein Viertel der Befragten für den Kauf eines E-Autos interessierte.

Doch das Potenzial der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erschöpft sich auf kommunaler Ebene nicht im Individualverkehr. Damit dieser elektrisch werden kann, verdient auch das Stromnetz einen Blick: Denn dieses muss für die zunehmend wechselhafte Nachfrage der neuen Verbraucher ertüchtigt werden. Und wer auch in Zukunft ohne eigenes Fahrzeug unterwegs ist, kann von Mobilitätsprojekten der KMU ebenfalls profitieren: im ÖPNV. Welche Stellschrauben Stadtwerke drehen, um die Menschen in ihrem Gebiet auf neue Art mobil zu machen, zeigen die folgenden vier Beispiele.

Neuer Lichtblick-Stadtwerke Jena

Jena wirbt für sich selbst mit dem Beinamen "die Lichtstadt" – ein Verweis auf die große Tradition der dortigen Glas- und Optikindustrie. Doch vielleicht bekommt es schon in wenigen Jahren einen neuen Beinamen: "Stadt der Elektromobilität". Mit dem Projekt "Elektromobilität Jena 2030" hat man sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: In zwölf Jahren sollen auf den Straßen der thüringischen Universitätsstadt mindestens 10.000 Elektroautos unterwegs sein.

Die Federführung hat die Stadtwerke Jena GmbH übernommen. "Dass alle städtischen Akteure mit uns an einem Strang ziehen, verleiht unserer Vision einer elektromobilen, modernen und sauberen Stadt Rückenwind", sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Zaremba. Stadtverwaltung und Stadtwerke gehen bereits mit gutem Beispiel voran und schaffen für ihre Fuhrparks zunehmend stromgetriebene Fahrzeuge an. Schon heute sind für die Stadt neun Elektroautos und acht E-Fahrräder im Einsatz. Die Stadtwerke-Jena-Gruppe hat bereits sieben Elektroautos, vier E-Bikes und ein Strom-Moped vom Typ "Elektroschwalbe" im Einsatz.

Ein Pool für die Region -Stadtwerke Würzburg AG

Die Elektromobilität in Deutschland nimmt Fahrt auf. So rechnet der Verband der Automobilindustrie damit, dass bis zum Jahr 2025 15 bis 25 Prozent der Pkw-Neuzulassungen einen E-Antrieb haben werden. Um das zu stemmen, braucht es ein starkes, flexibles Stromnetz. Dafür sorgen zum Beispiel Großprojekte wie das der Stadtwerke Würzburg AG. Sie betreibt einen der größten Kraftwerk-Pools für Sekundärregelleistung in Süddeutschland. Darin finden sich 165 Vertragspartner mit 260 Anlagen, etwa mit Gasturbinen oder Biogasanlagen. Diese Anlagen können innerhalb von fünf Minuten ihre Leistung abrufen, um auf Netzschwankungen zu reagieren. Die Vorteile: Anlagenbetreiber können dank des Zugangs zum Regelenergiemarkt weitere Erlöse erzielen, und die Stadtwerke bekommen Geld für ihren Beitrag zur Netzsicherheit. Mit einem neuen Geschäftsfeld nehmen die Stadtwerke inzwischen auch am Markt für Primärregelleistung teil. "Wir vermarkten mittlerweile Großbatteriespeicher mit einer Primärenergiekapazität von 25 Megawattstunden", sagt Florian Doktorczyk, Abteilungsleiter Vertrieb Individualkunden. Die in diesem Pool gesammelten Anlagen verschiedener Anbieter sind so groß wie Schiffscontainer und können gespeicherte Energie schon nach einer Sekunde abgeben. Der Erfolg der Elektromobilität hängt auch von ihrer Integration ab. Denn Doktorczyk betont: "Die Flexibilität der dezentralen Erzeugungsanlagen erhöht die Netzstabilität."

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Quelle: BDEW

Flat für alle -Stadtwerke Augsburg

Zu den 15 deutschen Städten mit der höchsten Stickstoffdioxidbelastung gehört Augsburg zwar nicht, im Jahresmittel wird aber auch dort der Grenzwert überschritten. Daher prüfen die Stadtwerke Augsburg derzeit ein Angebot, das für bessere Luft sorgen soll: Sie bieten Testkunden eine Mobilitätsflatrate an, mit der für einen Pauschalbetrag Straßenbahnen, Busse, Carsharing-Fahrzeuge und Leihfahrräder zur Verfügung stehen. "Nimmt man den Umweltschutz ernst und will man zur Luftreinhaltung beitragen, muss man dem Kunden Angebote machen, die für ihn attraktiv sind", sagt Stadtwerke-Pressesprecher Jürgen Fergg. "Unsere Flatrate gibt ihm die Sicherheit, jederzeit Zugriff auf ein für die jeweilige Situation passendes Verkehrsmittel zu haben." Für 75 Euro pro Monat erhalten die 50 Teilnehmer während der Testphase ein Mobil-Abo des Augsburger Verkehrsverbunds für das Stadtgebiet. Zudem können sie die 153 Carsharing-Fahrzeuge der Stadtwerke 30 Stunden pro Monat nutzen, egal wie weit sie fahren – und auf die 150 Leihräder bis zu 30 Minuten auch mehrmals täglich zurückgreifen. Die Testphase läuft bis Frühjahr 2019 und soll Aufschluss über das Mobilitätsverhalten der Kunden geben. "Aus den Erkenntnissen werden wir dann ein für den breiten Markt bedarfsgerechtes Produkt konzipieren", sagt Fergg. So wollen die Stadtwerke die neue Mobilitäts-Flatrate noch im Jahr 2019 anbieten. Dazu betont Fergg: "Das Angebot wird leicht verständlich und handhabbar sein und ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis haben."

Zeitwende im Nahverkehr -Stadtwerke Osnabrück

Von einer "Zeitenwende" sprach Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, als die Stadtwerke Osnabrück im Oktober 2018 ihren ersten E-Bus vorstellten: Die Elektrifizierung des Nahverkehrs sei ein Meilenstein für die Lebensqualität in der Stadt. "Es geht um mehr als eine neue Antriebstechnik", betonte Stadtwerke-Mobilitätsvorstand Dr. Stephan Rolfes.

Dabei ist das batterieelektrische Fahrzeug vom Typ VDL Citea SLFA-181 Electric erst der Anfang – zwölf weitere emissionsfreie Gelenkbusse des niederländischen Herstellers VDL Bus & Coach werden bis Anfang 2019 ausgeliefert, dazu kommen Schnelllader für die Endstationen sowie 14 Ladestationen für den Betriebshof, die von Schaltbau Refurbishment aus Dinslaken geliefert werden. Der Plan ist ambitioniert: bis 2022 die hochfrequentierten Innenstadtstrecken und damit das optimierte neue Metrobusnetz komplett zu elektrifizieren. 62 Fahrzeuge soll Deutschlands größte E-Bus-Flotte dann umfassen – rund 70 Millionen Euro investieren die Stadtwerke dafür. Aktuell läuft die Ausschreibung für 49 weitere Fahrzeuge an.

Neben den großen Elektrobussen wird 2019 erstmals auch ein elektrischer Minibus durchs Stadtgebiet rollen. Und zwar autonom: Das Förderprojekt "HubChain" erprobt ihn als Zubringer zum klassischen Linienverkehr. Beide Innovationen zahlen damit auf das 2016 gestartete Projekt "Mobil>e Zukunft" von Stadt und Stadtwerken Osnabrück ein, das die klimafreundliche Mobilität und flexible, multimodale Lösungen unterstützt – vom autofreien Sonntag über das Citylogistikportal bis hin zum Radschnellweg.

Text: Daniel Wehner


Die Rolle der KMU-Vertretung

Die KMU-Vertretung …

  • sorgt dafür, dass die Interessen der KMU im BDEW zur Geltung kommen – selbst wenn Unternehmen aus Kapazitätsgründen in den Verbandsgremien nur begrenzt mitarbeiten können

  • identifiziert Themen, die für KMU wichtig sind

  • beteiligt sich an der Entwicklung von Dienstleistungen für KMU

  • organisiert Veranstaltungen für KMU

  • beauftragt Studien, die den KMU Orientierung über Entwicklungen in der Branche geben

Die KMU-Vertretung bildet zudem die Schnittstelle zu den Landesorganisationen des BDEW, die vor Ort Ansprechpartner für alle landesspezifischen Fragestellungen sind.

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