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Datennutzung aktuell

Überblick über die Datennutzung in der Wasserwirtschaft

Inhaltsverzeichnis

Datennutzung aktuell - Analyse und Anwendung vorhandener digitaler Daten
Situation in den Unternehmen
Grundlegende Aspekte
Analoge Daten
Prozesse in den WVU
EU-Datenmarkt
Informationsverarbeitungssysteme in Wasserversorgungsunternehmen
Integration von Informationsverarbeitungssystemen
Analyse digitaler Daten
Analyse digitaler Daten
Kostenbetrachtung
Menschliche Widerstände

Datennutzung aktuell - Analyse und Anwendung vorhandener digitaler Daten

An dieser Stelle ist eine kurze Bestandsaufnahme der Datennutzung bei Wasserversorgungsunternehmen und Abwasserentsorgungsunternehmen notwendig. Hierzu verschaffen wir uns zunächst ein Bild über die Verbrauchersituation:

  • Mehr als 99% der deutschen Bevölkerung sind an das Trinkwassernetz angeschlossen
  • Ca. 80% des öffentlichen Trinkwasserverbrauches entfallen auf häuslichen Verbrauch und kleinere Unternehmen; 14% auf Industrie; 6% auf Sonstige Nutzer
  • Die Abrechnung gegenüber den Verbrauchern erfolgt im häuslichen Bereich i.d.R. in Jahresscheiben, anhand kumulierter Mengen zu einem Stichtag >> manuell abzulesende Wasserzähler
  • Die Abrechnung gegenüber Verbrauchern aus Industrie und größerem Gewerbe erfolgt monatlich >> manuell abzulesende Zähler oder ggf. Smartmeter (Anteil sehr gering)
Fazit:
  • Wenig bis keine Detail-Daten über Verbraucher bekannt
  • Daher auch wenig Transparenz im Verbrauchsverhalten
  • Wunsch nach elektronischen Rechnungen sehr verhalten bzw. von den Kommunalabgabengesetzen untersagt

Situation in den Unternehmen

Hinsichtlich der Situation in den Unternehmen der Wasser- und Abwasserwirtschaft können folgende Aussagen verallgemeinernd getroffen werden:

  • Der Anteil großer Unternehmen im Markt ist überschaubar
  • Invest-Volumen in IT ist beim Großteil der Unternehmen - im Vergleich zur Infrastruktur – gering
  • Großteil der Unternehmen befindet sich im kleinen und mittleren Segment
  • Unternehmensinterne Prozesse sind vielfach verbesserungswürdig und noch wenig digitalisiert
  • Komplexe Systemlandschaften (viele Speziallösungen) die mangels Abstimmung aufeinander häufig nicht auf das gleiche Ziel einzahlen
  • Problem ist nicht der Mangel an Daten Problem ist, dass sie nicht gut genutzt werden (SCADA-Systeme/ Netzleittechnik; KRITIS..)
  • Gerade im technischen Bereich ist das Interesse an IT teilweise wenig bis gering ausgeprägt
  • In kaufmännischen Bereichen ist das Interesse an IT und an der Verlagerung von Prozessen in die IT weiter vorangeschritten; jedoch bestehen kaum Anreize einer weiter führenden Datennutzung und der Datenschutz stellt weitere Hürden auf
  • Ein Gespür für Daten und deren Bedeutung in der Weiterverwendung besteht kaum; insbesondere Kundendaten werden ganz überwiegend ausschließlich für die Rechnungsstellung genutzt – eine Verwendung für weitere Dienstleistungen ist bislang kaum möglich
  • Bedürfnis zur Steigerung der Prozesseffizienz ist vorhanden
  • Invest in IT und Prozesseffizienz ist schwer zu vermitteln. Es bestehen wenig bis keine Anreize im natürlichen Monopol. Eine Erweiterung der Wertschöpfung steht nicht im Vordergrund?

Grundlegende Aspekte

Grundlegende Aspekte der Digitalisierung und Motivation in den Unternehmen gilt es zu betrachten, wenn man die Digitalisierung unter anderem als Reifegrad der Wertschöpfung verstehen will. 

Dazu ist auch eine gewisse historische Betrachtung erforderlich. Diese haben wir bereits bei der Begriffsklärung „Was ist Digitalisierung?“ durchgeführt.

Außerdem können wir die Digitalisierung als Wettbewerbsfaktor betrachten, denn digitale Geschäftsmodelle sind Chance und Bedrohung zugleich. Außerdem ist eine Smart*-Einbindung in eine neue digitale Wertschöpfungskette wie folgt möglich:

  • Smart-Meter als Basis für ..neue Preismodelle, …
  • Smart-Grid - netzdienlich
  • Smart-Market - Marktdienlich
  • Smart-Home - Wohn- & Lebensqualität
  • Smart-Building - Gebäudemanagement
Physikalische Assets werden Teil der IT und Messwerte und -daten führen zu
  • Transparenz im Verbrauchsverhalten
  • Effizienterer Steuerung der Infrastruktur
  • Optimierung des Schnittes aus Effektivität von Anlagen, verschleißarmem Betrieb und Energiemanagement-Maßnahmen
  • Schonendem Umgang mit Ressourcen
  • Zielgenaue Kostenprognose /-planung
  • Wirtschaftliche Stabilität
Motivation zur Innovation lässt sich aus folgenden drei Punkten ableiten
  • Effizienz
  • Handlungsdruck von außen
  • Handlungsdruck von innen

Analoge Daten

Häufig liegen in Wasserversorgungsunternehmen (WVU) analoge Daten vor. Hierzu zählen beispielsweise die händische Dokumentation der manuellen Ablesung von Wasserzählern sowie die handschriftliche Dokumentation von Ausgleichszahlungen an Grundstückseigentümer im Rahmen von Dienstbarkeiten oder Flurschäden. Ferner werden ursprünglich digitale Daten in WVU oftmals in Papierform gespeichert. Als Beispiele sind hierbei das Ausdrucken von E-Mails, Aktennotizen, Berichten, Plänen, Protokollen usw. und deren papierbasierte Ablage zu nennen. Dies führt in einigen Fällen zu doppelten Systemen und damit nicht selten zu einer Doppelung der Arbeit. Analoge Daten können zwar (zurück) in ein digitales Datensystem übertragen werden. Das ist aber häufig mit hohem Aufwand verbunden und zum Teil können die Daten dann trotzdem nicht umfänglich genutzt werden.

Prozesse in den WVU

Um die Nutzung digitaler Daten zu verstehen, ist es notwendig sich die Prozesse in den WVU anzuschauen.

In WVU existiert eine Vielzahl von Prozessen, die sich im Wesentlichen ähneln. Ein Hauptunterschied besteht in der Belieferung von Endkunden und/oder Gemeinden. Bei der Wasserabgabe an Endabnehmer liegt eine hohe Anzahl homogener Kunden vor, die zumeist jährliche Abrechnungen erhalten. Gemeinden und ggf. Sonderkunden, wie große Firmen, weisen eine weitgehend heterogener Kundenstruktur auf und erhalten vorwiegend monatliche Rechnungen. Zu den typischen Aufgabenbereichen in Wasserversorgungsunternehmen, die sich aus verschiedenen Prozessen zusammensetzen, zählen die Folgenden:

  • Wasserversorgung
  • Verbrauchsabrechnung,
  • Finanzbuchhaltung,
  • Kostenrechnung,
  • Einkauf,
  • Technisches Anlagenmanagement, - digitale Abbildung der technischen Anlage
  • Instandhaltung, 
  • Zählermanagement,
  • Vorgangsaktenmanagement,
  • Grundstückskatasterverwaltung,
  • Bauauftragsverwaltung sowie
  • GIS-Verwaltung, - digitale Abbildung der technischen Anlage
Prozessablauf zur Herstellung eines Hausanschlusses als konkretes Beispiel.

EU-Datenmarkt

Daten haben einen eigenen Wert. Je nach Qualität werden sie gehandelt, aufbereitet, weiter verkauft etc. Die EU hat einen EU-Datenmarkt analysiert.

Auch die Zahlen zu den Möglichkeiten und dem Wert der großen Daten in einzelnen Branchen, die durch Studien herausgearbeitet wurden, sind beeindruckend.

Damit wird zumindest deutlich, dass Daten, auch wenn sie nur nebenbei entstehen, einen eigenen Wert haben. Auch dies ist für die Branche eine nützliche Erkenntnis. Denn sie kann die Daten entweder selbst verwerten oder an ihrer Wertschöpfung teilhaben, wenn eine Weitergabe aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht untersagt ist.

Informationsverarbeitungssysteme in Wasserversorgungsunternehmen

Aktuell werden Daten vor allem durch Informationsverarbeitungssysteme in Wasserversorgungsunternehmen erhoben.

WVU setzen zumeist viele verschiedene Informationsverarbeitungssysteme ein. Hierbei ist zwischen Standardanwendungs- und Individualsoftware zu unterscheiden. Typische Standardsysteme sind v. a.

  • ERP-Software,
  • CRM-Software,
  • ECM-Software,
  • Vergabe-Software,
  • GIS-Software,
  • Instandhaltungs-Software,
  • Zählerfernauslese-Software,
  • Leitstellen-/Visualisierungssysteme und
  • Laborinformationssysteme.
  • Grundwassermodelle
  • Hydraulische Netzberechnung
Für verschiedene Prozesse werden allerdings in manchen WVU Individuallösungen verwendet. Dies gilt insbesondere für folgende:
  • Verbrauchsgebührenabrechnung,
  • Lagerhaltung,
  • Abrechnung von Flurschäden sowie
  • Abrechnung von Dienstbarkeiten.
Des Weiteren werden in einigen WVU einzelne Prozesse ohne spezielle Softwareunterstützung abgewickelt. Hierzu zählen u. a.:
  • Dokumentenablage,
  • Dokumentenarchivierung sowie
  • Instandhaltung.

Integration von Informationsverarbeitungssystemen

Aufgrund der Vielzahl verschiedener kaufmännischer und technischer IT-Systeme – z. T. individuell programmiert – liegt in WVU meistens eine geringe Integration der Softwaresysteme vor. Falls eine Integration verfolgt wird, erfordert dies meist unzählige Schnittstellen. Häufig liegt auch eine strikte Trennung zwischen kaufmännischen und technischen IT-Systemen vor, wodurch ein einheitlicher gemeinsamer Datenbestandes nicht realisiert werden kann und letztlich verschiedene Effizienzpotenziale ungenutzt bleiben.

Analyse digitaler Daten

  • Die Analyse digitaler Daten kann insbesondere für unterschiedlichste Auswertungen und kundenspezifische Betrachtungen eingesetzt werden und letztlich als Serviceleistung für Kunden dienen.
  • Hinsichtlich der Analyse digitaler Daten bestehen in WVU verschiedene Hindernisse. Teilweise fehlt das Bewusstsein zur effizienzsteigernden Verwendung digitaler Daten. Zudem verhindern der immer noch beträchtliche Anteil analoger Daten sowie die vielen verschiedenen Datenbanksysteme (siehe auch Abschnitt 3.5.1 (Integration von Informationsverarbeitungssystemen)) eine möglichst umfassende Analyse der digitalen Daten.

Nutzung digitaler Daten

Bei der Nutzung digitaler Daten zeigt die oben vorgenommene Analyse, dass die Nutzung digitaler Daten in WVU aktuell hinter ihren Möglichkeiten zurück bleibt. Die bereits vorhandenen und verwendbaren Daten werden teilweise auch deshalb nicht genutzt, weil die technischen Möglichkeiten sowie die entstehenden Potentiale noch nicht allen Entscheidungsträgern bekannt sind.

Bei der Analyse und Nutzung digitaler Daten bestehen umfassende Potentiale, aber auch Barrieren. Ressource Mensch beachten - inkl. Unternehmensorganisation; Abhängigkeit von externen Dienstleistern beachten; Zur Schaffung der technischen Voraussetzungen und zur Auswertung der Daten sind entsprechende IT-Systeme erforderlich, was zunächst Zeit und Geld kostet. Die entstehenden Möglichkeiten und die Geschwindigkeit, mit der Daten gefunden, analysiert und genutzt werden können, sind dem gegenüber zu stellen.

Kostenbetrachtung

Um Daten digital besser nutzbar zu machen, entstehen zunächst Kosten. Die mittel- bis langfristigen Effizienzgewinne sind allerdings beachtlich. Bei den Einsparungen sind auch die Papier-, Druck- und Archivierungskosten zu nennen. Ferner verringern sich auch die Kosten für die Dokumentensuche. Allerdings sind dem die steigenden Kosten für IT-Dienstleistungen, Software, Lizenzen, Server und Storagessysteme gegenüber zu stellen.

  • Arbeitskräfte
  • Zeitgewinn - Zählerablesung (s. 10 Manntage bei Elbaue Ostharz)
  • Vermeidung von Datenfriedhöfen

Qualität

  • Das Vorhandensein umfangreicher Datenbestände in einer hohen Datenqualität und die Möglichkeit, diese gewinnbringend einsetzen zu können, führen zu Qualitätssteigerungen.
  • Qualitätsmanagementsysteme – Zertifizierung – auch als Motivationsgrund
  • Ggf. zu ergänzen, siehe Dissertation von Scherer, J. (2015)Technik
  • Die bestehenden technischen Systeme bieten bereits vielfältige Möglichkeiten zur verbesserten Datennutzung. Es ist zu erwarten, dass die weitere Entwicklung in ähnlicher Geschwindigkeit voranschreiten wird wie bisher.

Menschliche Widerstände

  • Generell sind Berührungsängste gegenüber Neuerungen immer eine Herausforderung, der sich Unternehmen stellen müssen. Bei WVU ist die zumeist vorhandene Einordnung in den öffentlichen Sektor eine noch größere Herausforderung. Die historisch gewachsenen Strukturen, die Mentalität einiger Mitarbeiter wie auch der fehlende Wettbewerbsdruck erschweren die Einführung und die Umsetzung innovativer IT-Systeme und entsprechender Prozesse. Treibende Kräfte müssen deshalb die Unternehmensleiter sein, die sich durch Qualitätsmanagement und Benchmarking Vergleiche verschaffen.
  • Neben den internen Aspekten sind auch die externen zu betrachten. Die Angst der Kunden vor dem so genannten "gläsernen Bürger" darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden.
  • Sowohl intern als auch extern ist eine entsprechende Information, Kommunikation und Partizipation erforderlich. Bei allen Maßnahmen ist der Datenschutz zu beachten.
  • Verhältnis Mensch und Maschine - wer kontrolliert wen oder was?


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