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Was ist Digitalisierung?

Zur Digitalisierung in der Wasserwirtschaft

Inhaltsverzeichnis

Was ist Digitalisierung in der Wasserwirtschaft?
Was gibt es an digitalen Technologien?
Strategisches Asset Management
Chancen und Risiken
Historische Betrachtung

Was ist Digitalisierung in der Wasserwirtschaft?

Die Antwort auf diese Frage beantworten auch Experten sehr unterschiedlich. Für die einen bleibt der Begriff nebulös und hat im weitesten Sinne mit einer zunehmenden Digitalisierung zu tun, für die anderen stehen dahinter ganz konkrete Projekte und Aufgaben in den Unternehmen der Wasserwirschaft. Die Projektgruppe (PG) im BDEW zur Digitalisierung der Wasserwirtschaft nimmt sich den weiten Ansatz vor. Wir verstehen darunter also alles, was durch eine verstärkte Digitalisierung in allen Lebensbereichen, aber natürlich vor allem in der Wasserwirtschaft, möglich ist und wird.

Wir schließen bewusst keine Bereiche aus, denn ein wesentliches Merkmal der Digitalisierung ist das Hineinwirken in unterschiedlichste Bereiche und das Verknüpfen von menschlicher Kompetenz mit maschineller Präzession.

Mit der hier von Ihnen besuchten Webseite möchten wir den Verantwortlichen in der Wasserversorgung eine Entscheidungshilfe bieten, um die Chancen, den Nutzen aber auch die Kosten und Risiken der zunehmenden Digitalisierung, die auch in der Wasserwirtschaft vehement fortschreitet, darzustellen. Ausgewählte Projekte und Maßnahmen stellen wir unter „Vorstellung laufender Projekte“ vor. Diese Projekte bewerten wir anhand einer Matrix, die insbesondere auf den Praxisbezug und Praxistauglichkeit abstellt.

Die PG besteht aus aktiven Mitgliedsunternehmen und deren Vertretern aber auch aus engagierten Projektleitern, die aus ihren Erfahrungen in der Praxis berichten. Der Praxisbezug ist das entscheidende Auswahlkriterium für die dargestellten und bewerteten Projekte. Entweder sind die Projekte und Maßnahmen bereits im Einsatz oder die Projektgruppe bewertet sie als zukunftsträchtig und praxistauglich. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht. Dies ist aufgrund der Vielzahl der Projekte nicht möglich.

Die aktuellen Herausforderungen in der Wasserwirtschaft verlangen nach innovativen Lösungen. Allein das Dokumentieren von Daten und das Einrichten zentraler IT-Plattformen, bzw. der Aus- oder Umbau von ERP-Systemen reicht dazu bei weitem nicht aus. Für die zielgerichtete Umsetzung von Unternehmensstrategien müssen die betrieblichen Informationen in den vielfältigen technischen und kaufmännischen Systemen ganzheitlich aufbereitet und analysiert werden. Ziel ist die Optimierung der Geschäftsprozesse, Verbesserung bei Absatz, Marketing und Kundenbetreuung sowie die Umsetzung IT-gestützter Prozesse. Ohne Investitionen ist dies nicht möglich. Diese sollen jedoch so zielgerichtet und effizient wie möglich erfolgen. Die Bedeutung digitaler Technologien wird dabei in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Mit der Optimierung der Pumpensteuerung und dem Anlagenmanagement insgesamt sind Beispiele vorhanden, die logisch und nachvollziehbar sind. Aber auch hinsichtlich der Kundenbeziehungen und des Gebrauchs von Geräten und Anlagen der Kunden vor Ort sind Entwicklungen denkbar und teilweise bereits vorhanden, die aktuell kaum Verbreitung finden und teilweise (noch) nicht sinnvoll erscheinen. Auch hier wird aber die Entwicklung der Digitalisierung nicht halt machen. Es ist absehbar, dass alles, das in Daten umgewandelt oder als Daten behandelt werden kann, auch entsprechend digitalisiert wird. Aus dem einfachen Grund, weil die Digitalisierung immer einfacher wird. Sensorik und Datensammlung finden wir in allen Bereichen des Lebens. Diese Entwicklung sollte die Wasserwirtschaft aktiv begleiten, um Wissen aufzubauen und Innovationen in ihrem Sinne zu nutzen. Viele Entwicklungen entspringen dem Wasserspargedanken, der in Deutschland aktuell zu mehr Problemen als zu einem Nutzen führt. Dennoch lassen sich die Innovationen nutzen, um bspw. Tarifmodelle zu gestalten, um eine bessere Kundenkommunikation aufzubauen oder um einfach Wissen über Gebrauchsverhalten zu generieren und seine Prognosen zu verbessern. Wer dieses Wissen und die Entwicklung technischer Möglichkeiten nicht nutzt, riskiert Wettbewerbsnachteile.

Was gibt es an digitalen Technologien?

Im Energiesektor spielen schon heute im Zusammenhang mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und dezentraler Erzeugungsanlagen Smart Grids (intelligente Verteilnetze) eine Rolle. Daneben gibt es Smart-Home-Anwendungen (intelligente Gebäudetechnik) sowie intelligente Zähler und intelligente Messsysteme (Smart Meter) als Schnittstelle zwischen diesen beiden Feldern. Doch auch der Wassersektor hat diesbezüglich inzwischen einiges zu bieten:

  • Digitale Auftragsvergabe
  • Digitale Durchflussmessgeräte ohne Sensor im Rohr
  • Digitale Zählerablesung und Übertragung der Daten an den Versorger („Fernlesewasserzähler“)
  • Elektronische Leckerfassung und automatische Registrierung von Rohrbrüchen durch intelligente Zähler („Smart Metering“)
  • „Smart Services“
  • Modernes Druckmanagement zur Reduzierung von Wasserverlusten durch Verminderung des Wasserdrucks im Rohrleitungsnetz in Abhängigkeit von Verbrauchsmengen und Verbrauchszeiten („smart water networks“)
  • Elektronische Messung, wann eine Wartung durchgeführt werden muss
  • Elektrische, ferngesteuerte Pumpen
  • Datensammlungen, die für big data analysen ausgedehnt werden könnten

Die Vorteile intelligenter Messsysteme in der Wasserversorgung liegen auf der Hand. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wasserzählern, welche (in der Ablesung) kostspielig und arbeitsintensiv sind und für die Ablesung durch Mitarbeiter vor Ort zusätzliche Personalressourcen verbrauchen, bieten fernablesbare digitale Wasserzähler vielfach Kosteneinsparungen und eine Vereinfachung der Administration. Auch können die hierbei erfassten Daten sinnvoller genutzt werden. Während bei der herkömmlichen Ablesung lediglich einmal jährlich der Wasserverbrauch erfasst wird und diese Daten allenfalls für die Erstellung der Jahresabrechnung genutzt werden können, ermöglichen intelligente Wasserzähler durch Fernauslesung ein tagesgenaues Erfassen des Verbraucherverhaltens, ohne dass die Verbraucher anwesend sein müssen, und damit z.B. auch die schnelle Registrierung von Wasserverlusten durch Leckagen oder Rohrbrüchen („elektronische Leckerfassung“). Allerdings ist an dieser Stelle der Datenschutz zu beachten, der beispielsweise in Bayern dazu führt, dass gerade die aktive Überwachung des Zählers und die Ferneinwirkung schwierig wird.

Darüber hinaus bietet die Ultraschall-Messtechnik eine höhere Genauigkeit in den Messergebnissen als herkömmliche Wasserzähler. Zwar sind intelligente Zähler möglicherweise teurer in der Anschaffung als herkömmliche Zähler, aufgrund ihrer hohen Qualität und Langlebigkeit müssen sie gegebenenfalls weniger häufig ausgetauscht werden. Wenn sie, was ebenfalls bereits möglich ist, keinen Kontakt mit dem Trinkwasser haben, so sind auch hygienische Anforderungen leichter zu erfüllen.
 

Strategisches Asset Management

Durch ein modernes Asset Management können Effizienzsteigerungen in der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung erreicht werden. Dies geschieht durch die Anwendung innovativer Produkte und Konzepte, z.B. nach dem Forschungsansatz des IWW:

  • Innovative Lösungen zur Verbesserung bestehender Managementprozesse, wie Betrieb und Instandhaltung von Infrastrukturen und die zugehörige Investitionsplanung, z.B. durch die Plattform Aware-P, eine Sammlung softwarebasierter Anwendungen zur Unterstützung des Asset-Managements
  • Werkzeuge zur Bewertung der Nachhaltigkeit und Effizienz von Managementprozessen und zur Bewertung von Finanzierungskonzepten (die integrierte Simulation der finanziellen und technischen Auswirkungen von Entscheidungen reduziert Risiken, setzt verfügbare finanzielle Ressourcen optimal ein, steigert den Unternehmenserfolg)

Dabei sollen das verbesserte Asset-Management-Konzept in vorhandene Betriebsprozesse eingefügt, bereits vorhandene Werkzeuge (z.B. Software) ergänzt und Einschränkungen bei der Anwendung etablierter Werkzeuge und Hilfsmittel überwunden werden, z.B. durch verbesserten Datenaustausch, Integration des Systems in die bestehende IT-Landschaft des Unternehmens, die Schaffung von Zugriffsrechten, die Gewährleistung von Erweiterbarkeit und Aktualisierbarkeit.

Chancen und Risiken

Intelligente Zähler sind der Schlüssel zu vielen technischen Innovationen, denn sie liefern eine Vielzahl von Daten, die ein Wasserversorgungsunternehmen für die Optimierung vieler betrieblicher Prozesse benötigt. Doch genau hierin liegt auch eine Schwachstelle. Denn diese sensiblen Kundendaten geben unter anderem Aufschluss über die Lebensgewohnheiten der Kunden, also darüber, wann der Verbraucher zu Hause ist, zu welchen Zeiten er welche Mengen Wasser entnimmt, über welche Haushaltsgeräte er verfügt und wann er sie betreibt etc. Diese Daten müssen geschützt werden, ihre Übertragung muss sicher erfolgen und vor den Zugriffen unbefugter Dritter bewahrt werden. Und nicht zuletzt ist der Verbraucher auch von der Notwendigkeit dieser Datenerfassung zu überzeugen. Die aktuelle Diskussion zum obligatorischen Einbau intelligenter Stromzähler ab 2017 im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende zeigt, dass bei vielen Verbrauchern große Skepsis bis Ablehnung moderner Zählersysteme im Bereich der Versorgung besteht. Die Digitalisierung bietet also nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken. Diesen ist durch entsprechende Schutzvorkehrungen sowie durch Aufklärung der Verbraucher (Transparenz) zu begegnen. Und nicht zuletzt sind auch die Kosten intelligenter Zähler und innovativer Systeme im Verhältnis zu ihrem Nutzen abzuwägen.

Als Resultat aus alldem kann die Wasserwirtschaft durch Digitalisierung folgende Ziele erreichen:

  • Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Qualität
  • Kostensenkungen durch Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung
  • Erfüllung individueller Kundenerwartungen
  • Entwicklung neuer Geschäftsfelder
  • Abwehr branchenfremder Wettbewerber

Mit diesem Beitrag will der BDEW konkretisieren, ob, wie und wo diese Ziele erreicht werden können.

Historische Betrachtung

Für eine Begriffsklärung ist auch eine historische Betrachtung hilfreich. Wir haben die Entwicklung der Digitalisierung vereinfacht wie folgt kategorisiert:

Bis zum Jahr 2000 

  • Überführung bestehender Prozesse in eine digitale Abarbeitung
  • Technologischer Fortschritt bei PCs als ein großer Treiber
  • ERP-Systeme ersetzen manuelle und papierbasierte Prozesse
  • u.v.m.

2000-2013

  • Anreicherung bestehender Prozesse
  • um digitalisierte Schritte zur Kostenoptimierung
  • Technologischer Fortschritt bei Netzwerken und dem WWW als großer Treiber
  • Einführung von B2B/B2C-Portalen
  • DMS-Systeme ersetzen papierbasierte Archive
  • Erhöhung des Automatisierungsgrads durch standardisierte Schnittstellen

> 2013

  • Anpassung der Wertschöpfungskette an neue Möglichkeiten aufgrund der Digitalisierung
  • Wandel von Wertschöpfungsketten zu Wertschöpfungsnetzwerken
  • Markteintritt und verändertes Wettbewerbsumfeld
  • Smart-* entstehen
  • Marktkonsolidierung und strategische Allianzen

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