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BDEW-Bewertung der BNetzA-Beschlüsse zur Höhe der Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetze

Der BDEW hat die von der Bundesnetzagentur (BNetzA) am 12. Oktober 2016 veröffentlichten Beschlüsse zur Höhe der Eigenkapitalzinssätze (EK-Zinssätze) für Strom- und Gasnetze fachlich bewertet. Ergebnis ist, dass neben den bisherigen Kritikpunkten zur Zinsermittlungsmethodik insbesondere der internationale Vergleich der EK-Zinssätze fehlerhaft ist und daher die Aussagekraft hinsichtlich des deutschen EK-Zinssatzes kritisch hinterfragt werden kann. Um diese Fehler gerichtlich geltend zu machen, müssten die Unternehmen gegen die Festlegungen der BNetzA Beschwerde einlegen.

Für die dritte Regulierungsperiode (Gas: 2018 - 2022; Strom: 2019 - 2023) hat die BNetzA einen EK-Zinssatz für Strom- und Gasnetze von 5,12 Prozent für Altanlagen und 6,91 Prozent für Neuanlagen (jeweils vor Steuer) festgelegt.

Fachliche Bewertung

Der BDEW hat eine fachliche Bewertung der vorliegenden BNetzA-Beschlüsse zur Eigenkapitalverzinsung der Strom- und Gasnetze vorgenommen. Damit stellt der BDEW seinen Mitgliedsunternehmen zusätzlich zur im Rahmen der Konsultation erstellten BDEW-Stellungnahme sowie der Gutachten von NERA Economic Consulting und den Professoren Hoffjan und Posch eine weitere Hilfestellung für eine inhaltliche Bewertung der BNetzA-Beschlüsse zur Verfügung, die letztlich auch ausschlaggebend für die Frage ist, ob Beschwerde hiergegen eingelegt werden soll.

In der fachlichen Bewertung werden bestehende Argumente aus der BDEW-Stellungnahme auf Basis der vorliegenden Ausführungen in den BNetzA-Beschlüssen geschärft und neue Aspekte herausgearbeitet.

Bei der Analyse dieser Beschlüsse wird deutlich, dass methodische Fehler beim internationalen Vergleich gemacht wurden und die Aussagekraft des Vergleichs stark eingeschränkt ist:

  • Die für den Vergleich notwendige Anpassung der Kapitalstruktur (gesetzliche Regelungen zur zugestandene Eigen-/Fremdkapitalquote) ist nicht erfolgt obwohl diese erhebliche Auswirkung auf die Höhe des Zinssatzes hat.

  • Aufgrund von falschen bzw. selektiven Länderdaten ist der BNetzA-Vergleich so stark nach unten verzerrt, dass die Aussagekraft hinsichtlich des deutschen EK-Zinssatzes kritisch hinterfragt werden kann.

Da aufgrund dieser BNetzA-Vorgehensweise der obere Rand der Bandbreite der EK-Zinssätze nicht korrekt dargestellt wird, hat der Vergleich nur wenig Aussagekraft über die Angemessenheit der Zinssätze und erfüllt somit nicht die Anforderungen der Strom- und Gasnetzentgeltverordnungen.

Die bereits in der BDEW-Stellungnahme erfolgten Ausführungen zu methodischen Schwächen und Fehlern, die zur massiven Absenkung der EK-Zinssätze gegenüber der zweiten Regulierungsperiode führen, werden im Rahmen der fachlichen Bewertung der BNetzA-Beschlüsse nochmals geschärft.

Der BNetzA-Gutachter Frontier Economics zeigt Bandbreiten bei der Ermittlung der Zinsparameter auf. Die Behörde kann unter Berücksichtigung der Finanzkrise, der deutschen Energiewende und der Umsetzung in anderen europäischen Ländern diesen Spielraum nutzen, um Unsicherheiten der Zukunft aufzufangen oder die vorhandenen methodischen Schwächen bei der Zinsermittlung abzusichern. Beispiele in Europa belegen, dass andere Regulierer (Österreich, Luxemburg) ihren möglichen Ermessensspielraum besonders in der derzeitigen Situation der Finanzkrise nutzen und die Wechselwirkungen zwischen Basiszinssatz und Marktrisikoprämie berücksichtigen. Die BNetzA nutzt den vom eigenen Gutachter Frontier Economics aufgezeigten Ermessensspielraum allerdings nicht. Gemäß der Analyse von NERA Economic Consulting liegt der aktuell für die deutschen Strom- und Gasnetzbetreiber festgelegte EK-Zinssatz um etwa 1,5 Prozentpunkte unterhalb des europäischen Durchschnitts.

Weitere Einzelheiten können der BDEW-Bewertung der BNetzA-Beschlüsse entnommen werden, die den Mitgliedsunternehmen auch mit Blick auf die derzeitigen juristischen Erwägungen in den Unternehmen zur Verfügung gestellt wird.

Rechtliche Erwägungen

Bei der Abwägung, ob Beschwerde eingelegt werden soll oder nicht, spielen auch verfahrensrechtliche Überlegungen eine Rolle. Dies betrifft zum Beispiel die Frage, ob die Festlegung als Ganzes oder nur Teile davon angegriffen werden. Außerdem ist das Risiko zu bewerten, das eintritt, wenn man keine Beschwerde einlegt, ein anderes Unternehmen aber mit der Beschwerde die Festlegung erfolgreich angreift. Es spricht Einiges dafür, dass ein Unternehmen, das keine Beschwerde eingelegt hat, später ein erfolgreiches Urteil nicht für sich nutzbar machen kann. Näheres zu diesen Rechtsfragen und Hinweise auf einschlägige Gerichtsentscheidungen hat der BDEW in dem beigefügten Vermerk zusammen gestellt.

BDEW-Regulierungstag

Beim BDEW-Regulierungstag am 23. November 2016 werden Referenten des BDEW, des Bundeswirtschaftsministeriums, der BNetzA, aus der Wissenschaft und aus Unternehmen über aktuelle Umsetzungsfragen und Entwicklungen der Regulierung informieren.

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