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Warum ist zu viel Nitrat in unserem Grundwasser?

Die gute Landluft stinkt längst zum Himmel: Viel zu viel Gülle aus großen Tiermastanlagen kippen die Landwirte auf die Felder, so dass in vielen Regionen Nitrat direkt ins Grundwasser durchrauscht.  Ein Problemaufriss.

Schweine im Stall

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Jahr für Jahr landet viel zu viel Gülle auf deutschen Äckern. Das gefährdet unsere wichtigste Lebensgrundlage, das Wasser. Auch das neue Düngerecht wird daran kaum etwas ändern. Der BDEW hat deshalb zusammen mit den Umweltverbänden eine Petition für die Verschärfung des Düngerechts und für eine Agrarwende gestartet. 

Es läuft etwas schief auf deutschen Äckern – und das versickert direkt im Boden. Viel zu viel Gülle aus großen Tiermastanlagen kippen die Landwirte auf die Felder; allein in Niedersachsen, Deutschlands Agrarland Nummer eins, waren es zuletzt knapp 60 Millionen Tonnen im Jahr. In Landkreisen, wo sich die großen Tiermastanlagen ballen, ist das Erdreich dadurch längst mit Nährstoffen überfrachtet. Rollt der nächste Güllewagen an und entleert seinen Tank, verhält sich der Boden wie ein vollgesogener Schwamm, aus dem das Wasser tropft – nur dass eben Nitrat direkt ins Grundwasser durchrauscht. 

Im Frühjahr hat der Bundesrat zuerst die Novelle des Düngegesetzes, dann die überarbeitete Düngeverordnung verabschiedet und damit nach jahrelangem Stillstand das neue Düngerecht auf den Weg gebracht. Unter anderem sind jetzt für große landwirtschaftliche Betriebe Stoffstrombilanzen vorgesehen: Sie müssen zur Kontrolle der Stickstoffein- und -austräge also dokumentieren, wie viel Dünger sie beziehen und wie viel auf Äckern und Grünflächen landet. Allerdings gelten dafür so viele Ausnahmen, dass diese Regelung zunächst für mehr als die Hälfte der Betriebe nicht greift. Gülle müssen die Höfe künftig mindestens über sechs Monate einlagern können, außerdem werden Sperrzeiten im Winter verlängert, die Stickstoffdüngung im Herbst gedeckelt und Sonderregelungen zum Beispiel für gefrorene und überflutete Boden konkretisiert. 

Doch das ist zu wenig: Insgesamt reichten die neuen Instrumente vermutlich nicht aus, um die Stickstoffüberschüsse auf ein akzeptables Maß zu senken, so eine Veröffentlichung des Umweltbundesamtes. Selbst die Bundesratsausschüsse für Agrarpolitik und Umwelt hatten im Vorfeld deutliche Mängel am Verordnungsentwurf angemeldet. 

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„Wareneingangskontrolle“ für mehr Transparenz

Ob und wie sich das neue Düngerecht auf die Wasserqualität auswirkt, wird die neue Grundwasserdatenbank des BDEW, des DeutschenVerbands des Gas- und Wasserfachs (DVGW) und des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) zeigen: Wie eine Art „Wareneingangskontrolle“ der Wasserwerke dokumentiert sie die Belastung an 1.000 Vorfeldmessstellen und 3.700 Rohwasserentnahmestellen. Die ersten Auswertungen sind alarmierend, wurde doch an jeder vierten Vorfeldmessstelle der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter überschritten. Die Spitzenwerte lagen mehr als achtmal so hoch. 

Steigt die Nitratbelastung weiter, müssen die Wasserversorger in aufwändige und daher kostspielige Verfahren zur Nitratentfernung investieren. Für die Verbraucher würde das laut eines aktuellen Gutachtens im Auftrag des BDEW teuer: Um bis zu 62 Prozent könnte die Wasserrechnung einer dreiköpfigen Beispielfamilie in belasteten Regionen in die Höhe schnellen. Zahlen am Ende die Verbraucher für die Folgen der jahrzehntelangen systematischen Überdüngung, hat das nichts mehr mit dem umweltrechtlichen Verursacherprinzip („polluter pays principle“) gemein. 

Petition: „Stoppt die Gülle-Verschmutzung“

Doch so weit soll es erst gar nicht kommen: Mit einer Petition richten sich der BDEW, der DVGW, mehrere Umweltverbände, Germanwatch, Greenpeace und die Gewerkschaft ver.di aktuell gegen die Gülleverschmutzung. Der Schutz der Gewässer müsse immer Priorität vor der Düngebewirtschaftung haben, heißt es darin; die Verbraucher dürften nicht für die Sünden der industriellen Agrarwirtschaft zur Kasse gebeten werden. Stattdessen werden unter anderem eine verbindliche Stick-stoffobergrenze pro Hektar gefordert, lückenlose Stoffstrombilanzen für ausnahmslos alle Betriebe und eine Umschichtung der Agrarsubventionen: Ein größerer Anteil der EU-Gelder soll in den ökologischen Landbau fließen.

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Weitere Informationen zur Petition unter: 

www.guelleverschmutzung-stoppen.de

Autorin: Christiane Waas (aus Zweitausend50 1/2017, gekürzte Fassung)




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