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Methanemissionen: Entschiedene Kritik der Verbände an EU-Plänen für Detailvorgaben

Geplante EU-Anforderungen an die Kontrolle von Gasleitungen gehen aus Sicht der Branche deutlich zu weit und bewirken hohe und unnötige Kostenbelastungen.

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Bereits seit dem 5. August 2024 müssen Betreiber der Gasinfrastruktur bei der Überprüfung ihrer Rohrleitungen und anderer Einrichtungen die Vorschriften der EU-Methanemissionsverordnung (Verordnung (EU) 2024/1787) beachten. Diese sieht neben regelmäßigen Kontrollen auf Leckagen und zügigen Reparaturen auch ein umfangreiches Berichtswesen vor (vgl. BDEW-News vom 17. Juli 2024 sowie Webinar vom 3. Juli 2024).

Aktuell bereitet die Europäische Kommission weitere Vorgaben vor. Sie ist gemäß Art. 14 Abs. 7 der Verordnung aufgefordert, bis zum 5. August 2025 mittels Durchführungsrechtsakten detailliertere Vorgaben zu den Untersuchungen der Gasinfrastruktur auf Leckagen und zu deren Reparatur (Leak Detection and Repair – LDAR) zu erlassen. Im Einzelnen soll die Kommission Folgendes festlegen:

  1. Mindestnachweiswerte für die Leckerkennung („minimum detection limits“ – MDLs) und die Techniken zur Leckdetektion, mit deren Hilfe die Anforderungen des Art. 14 Abs. 8 der Verordnung für alle Komponenten erfüllt werden können. 

  2. Die Schwellenwerte (thresholds) für die erste Stufe der LDAR-Untersuchungen, die zur Erfüllung der in Art. 14 Abs. 8 der Verordnung festgelegten Anforderungen an unterirdischen Komponenten anzuwenden sind.

Ende März 2025 hat die Europäische Kommission ausgewählten Stakeholdern ihre bisherigen Überlegungen für diese geplanten Vorgaben zugesendet und die Möglichkeit zur Stellungnahme bis 16. Mai 2025 gegeben. 

Branchenexperten lehnen Vorgaben der EU-KOM ab

Aus Sicht von Branchenexperten gehen die Vorschläge der EU-Kommission zu einem großen Teil weit über das technisch erforderliche Maß hinaus. So sind die Mindestnachweiswerte und die Schwellenwerte in der Regel zu niedrig angesetzt. Gleichzeitig werden weitere Faktoren außer Acht gelassen, die für die Wahl der Technik zur effektiven Detektion von Methanemissionen von Bedeutung sind, etwa die Entfernung des Messgeräts von der Leckagestelle sowie bei unterirdischen Leitungen die Beschaffenheit des Untergrunds.

Ein Erlass verbindlicher Vorschriften auf Basis der vorliegenden Vorschläge würde dazu führen, dass bewährte Technologien zur Leckerkennung nicht mehr genutzt werden dürften und die Betreiber der Gasinfrastruktur stattdessen unter hohem finanziellem und personellem Aufwand ihre Arbeiten auf neue Methoden umstellen müssten. Die Umstellung stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen, warnen die Verbände BDEW, DVGW, FNBGas und figawa in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. Sie erläutern anschaulich die heutige, fachlich überzeugende Praxis der Rohrnetzüberprüfung und verweisen auf zahlreiche Studien, die sich mit Verfahren der Detektion von Methanemissionen befassen. Die Verbände mahnen dringend an, deren Ergebnisse beim Erlass europaweit geltender, verbindlicher Regelungen zugrunde zu legen. Die Studien wurden gemeinsam mit der Stellungnahme am 16. Mai 2025 bei der zuständigen Stelle bei der Europäischen Kommission eingereicht.

Gefahr, dass Arbeiten der technischen Normungsorganisationen ignoriert werden

Artikel 32 der EU-Methanemissionsverordnung sieht vor, dass die Europäische Kommission eine oder mehrere Normungsorganisationen damit beauftragt, harmonisierte Standards für verschiedene Themenbereiche zu erarbeiten, die in der Verordnung adressiert werden. Dazu zählen auch die LDAR-Untersuchungen. Tatsächlich hat die Kommission dem Europäischen Normungskomitee (Comité Européen de Normalisation, CEN) entsprechende Arbeitsaufträge erteilt. Die zuständigen Arbeitsgruppen arbeiten teilweise bereits seit 2024, deutsche Netzbetreiber sind beteiligt.

Branchenexperten befürchten jedoch, dass die Kommission diese Arbeiten nicht abwarten wird, sondern mit den Durchführungsrechtsakten, die schon bis zum 5. August 2025 zu erlassen sind, Fakten schaffen wird, die weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Leckageerkennung haben werden.

Die Verbände fordern daher, die Arbeiten des Normungskomitees bei der Festlegung näherer Bestimmungen zu berücksichtigen. In die Normungsarbeiten fließt die Expertise der besten Fachleute aus ganz Europa ein. Es wäre nicht nur aus Sicht der Praktikabilität für die Unternehmen, sondern auch im Interesse einer maximalen Emissionsvermeidung widersinnig, diese Expertise nicht zu nutzen.

BDEW wird Verfahren weiter eng verfolgen

Bei der Möglichkeit zur Kommentierung der ersten Vorschläge der Europäischen Kommission bis zum 16. Mai 2025 handelte es sich noch nicht um eine förmliche Konsultation. Angesichts der gesetzlichen Frist für die Kommission, bis zum 5. August 2025 Vorgaben zu erlassen, ist davon auszugehen, dass eine Konsultation bereits in wenigen Wochen startet. Der BDEW wird sich ebenso wie die anderen Verbände einbringen und die vordringlichsten Punkte der Branche mit Nachdruck vertreten.

BDEW kämpft für zeitnahe regulatorische Anerkennung der Mehrkosten

Regelungsbedarf besteht zudem hinsichtlich der regulatorischen Anerkennung der Mehrkosten, die den regulierten Netzbetreibern aus der Umsetzung der EU-Methanemissionsverordnung entstehen. Laut Artikel 3 der Verordnung sind die nationalen Regulierungsbehörden aufgefordert, diese Mehrkosten bei der Festlegung von Erlösobergrenzen bzw. Entgelten zu berücksichtigen, soweit sie denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren regulierten Netzbetreibers entsprechen und transparent sind.

Der BDEW stand hierzu bereits im Austausch mit der Beschlusskammer 9 der BNetzA und setzt sich für eine adäquate Anerkennung der Mehrkosten sowohl für Fernleitungsnetzbetreiber als auch für Gasverteilernetzbetreiber ein. Nach aktuellem Stand der Gespräche kann sich die BNetzA eine kurzfristige Anpassung der gestiegenen OPEX für die 4. Regulierungsperiode als volatile Kosten für die Jahre 2025 bis 2027 in Form einer Einzelfestlegung vorstellen. Ob weiterer Anpassungsbedarf für die 5. Regulierungsperiode besteht, will die BNetzA weiter evaluieren und zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festlegen. Der Dialog mit der BNetzA wird fortgeführt, wobei der BDEW im nächsten Schritt ein Konzept für die Abgrenzung und regulatorische Anerkennung der Mehrkosten aus der EU-Methanemissionsverordnung erarbeiten und der BNetzA präsentieren wird. Angestrebt wird eine Einbeziehung der Kosten beginnend mit den Netzentgelten für das Jahr 2026. Der BDEW wird über die weiteren Entwicklungen des Prozesses und zum fortlaufenden Austausch mit der BNetzA berichten.

Gasimporteure: BDEW setzt sich für umsetzbare Regelungen zu Meldepflichten ein

Die EU-Methanemissionsverordnung hat nicht nur für die Betreiber der Gasinfrastruktur große Auswirkungen, sondern auch für Gasimporteure. Einen ersten Bericht über ihre Importe müssen Gasimporteure bereits bis zum 31. Mai 2025 vorlegen. Als zuständige Behörde ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) benannt worden.

Der BDEW steht im engen Austausch mit dem BAFA und hat dessen Aktivitäten zur Vorbereitung der Meldepflichten in den vergangenen Wochen begleitet. Gasimporteure können die nach Artikel 27 der EU-Methanemissionsverordnung vorgeschriebenen Meldungen über ein Meldeportal vornehmen, das über eine Informationsseite des BAFA zu erreichen ist.

Die Anforderungen an Importe werden stufenweise verschärft. Für Belieferungszeiträume ab 2027 muss für nach dem 4. August 2025 abgeschlossenen Gaslieferverträgen nachgewiesen werden, dass im Herkunftsland des Gases gleichwertige Überwachungs-, Berichterstattungs- und Prüfungsmaßnahmen zu den in der EU geltenden Vorschriften eingehalten werden (vgl. Artikel 28 EU-Methanemissionsverordnung). Die EU-Kommission hat am 28. Mai eine Verbändebeteiligung zum Entwurf der Mustervertragsklauseln für Gaslieferverträge gestartet. Diese Vertragsklauseln sollen die Importeure bei der rechtssicheren Umsetzung der Verordnung unterstützen. Der BDEW wird sich an der Anhörung beteiligen. Ab 2030 wird es schließlich verpflichtende Grenzwerte für die Methanintensität der Vorkette geben.

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