Riesige Kraftwerke nutzen Wind, Sonne und Wasser. In futuristischen Stadtkonzepten wird ressourcenschonendes Zusammenleben neu gedacht. Und große Infrastrukturprojekte sorgen dafür, dass Regionen sich beim Einsatz regenerativer Energien gegenseitig unterstützen können: Asien krempelt die Ärmel hoch und wagt sich an ambitionierte Projekte für eine klimaneutrale Welt. Wir zeigen sechs Beispiele.
Erneuerbare auf der Überholspur
Im Jahr 2020 verkündete der chinesische Staatschef Xi Jingping vor den Vereinten Nationen, dass der CO2-Ausstoß seines Landes ab 2030 nicht weiter steigen soll. Und um dieses Ziel zu erreichen, wird in China geklotzt statt gekleckert. Seit 2010 ist der Anteil des Stroms im Land, der mit Hilfe von Sonne und Wind erzeugt wird, von einem auf 15 Prozent gestiegen.
Mit 1161 Gigawatt Leistung liegt China hier weit vor Deutschland, das 2022 eine Gesamtleistung von 148 Gigawatt aus erneuerbaren Energien hatte. Der ehrgeizige Ausbau geht weiter: Aktuell sind zusätzliche 750 Gigawatt im Bau oder in der Planung. Vor allem in den wind- und sonnenreichen Wüsten, wie der Kubuqi-Wüste in der Inneren Mongolei und der Wüste Gobi, sollen weitere riesige Wind- und Solarparks entstehen. Bis 2025 will China insgesamt auf rund 1200 Gigawatt Gesamtleistung kommen. Damit wäre China schneller als seine Prognosen: Ursprünglich war diese Gesamtleistung erst für das Jahr 2030 geplant.
Wind und Sonne im Verbund
Die weltgrößte Anlage, entworfen vom indischen Unternehmen Adani Green Energy, steht im Jaisalmer-Distrikt in Rajasthan und vereint Wind- und Solarenergie zu beeindruckenden 2,14 Gigawatt Leistung.
Zum Vergleich: Das stillgelegte Atomkraftwerk Emsland lieferte etwa 1,4 Gigawatt. Mit 5,8 Millionen Solarmodulen und 353 Windturbinen erstreckt sich die Anlage über 46 Quadratkilometer. Rajasthan wird jedoch nicht der einzige Ort sein, an dem solche Rekorde aufgestellt werden: Adani Green Energy plant bereits im Nachbarstaat Gujarat eine noch eindrucksvollere Anlage mit 15 Gigawatt Leistung auf 285 Quadratkilometern.
"Wohnen im Wald" - Huanggang, China
Huanggang im Osten Chinas, mit einer Viertelmillion Einwohnern, beherbergt seit 2021 etwa 500 Menschen in einem vertikalen Wald des Architekten Stefano Boeri. Das „Easyhome Vertical Forest“ besteht aus fünf Hochhäusern mit 5.000 Sträuchern und Bäumen.
Dieses nachhaltige Baukonzept, das Boeri in Mailand entwickelte, absorbiert jährlich 20 Tonnen CO2 und bietet Bewohnern Kühlung, Lärmschutz und Luftreinigung. Als Vorläufer des "Liuzhou Forest City"-Projekts in Südchina plant Boeri hier Raum für 30.000 Bewohner, integriert 40.000 Bäume und eine Million Pflanzen, die jährlich 10.000 Tonnen CO2 filtern können. Das würde rechnerisch die Emissionen von über 1.100 Chinesen kompensieren.
Futuristisches Japan: Die Vision der „Dogen City“
Mit seinen rund 125 Millionen Einwohnern ist Japan dicht besiedelt – und die Küstenregionen des Inselstaats sind durch ein mögliches Ansteigen des Meeresspiegels bedroht. Das einheimische Architekturbüro N-Ark hat diesem Szenario die Vision einer schwimmenden Stadt entgegengestellt: die „Dogen City“. Kreisförmig mit knapp 1,6 Kilometern Durchmesser, bietet der äußere Ring Wohnraum und Schutz vor hohen Wellen, während der innere Bereich für vielfältige Nutzungen gestaltet werden kann.
Neben städtischen Einrichtungen ist Platz für Landwirtschaft zur Selbstversorgung der Bewohner. Die autarke Stadt plant eine eigene Wasseraufbereitung und regenerative Energiequellen, um jährlich etwa 22 Gigawattstunden Strom zu produzieren – vergleichbar mit Münchens Jahresverbrauch. Die Umsetzung bis 2030 wird angestrebt, eine Demonstrationsanlage auf einem See soll bis 2024 errichtet sein. Parallel wird an schwimmenden Plattformen für Windkraftanlagen vor Japans Küsten gearbeitet.
Lange Leitung
Der Ausbau der erneuerbaren Energien macht die Stromversorgung sauberer, aber auch weniger planbar. Große zusammenhängende Stromnetze bieten hier klare Vorteile, indem sie den Austausch von Elektrizität ermöglichen, wenn in bestimmten Regionen Flaute oder Dunkelheit herrscht. Europa profitiert bereits von einem kontinentweiten Verbundnetz. In Asien plant man in noch größerem Maßstab: Verbindungsleitungen von Indien bis Japan.
Um die Dimension zu erklären: Von Anfang bis Ende wären das etwa 7000 Kilometer Luftlinie inklusive zu überwindender Ozeane, gegenüber etwa 4300 Kilometer Festland in Europa. Entwickelt wurde die Idee von der Japan Renewable Energy Foundation, weiter vorangetrieben wird sie von der Firma Sun Cable. Diese plant auch eine Untersee-Stromleitung von Australien nach Singapur. Das asiatische Verbundnetz ist noch in der Planungsphase. Klar ist aber, dass Langstrecken-Leitungen im Höchstspannungsbereich nötig sind, um regionale Netze miteinander zu verbinden. Die Kosten schätzt man bei Sun Cable auf 77 bis 116 Milliarden Dollar.
Solar auf dem Wasser: Schwimmendes Kraftwerk
Für raumgreifende Solarparks fehlt in Indonesien an Land vielerorts der Platz. Wasserflächen gibt es in dem Inselstaat allerdings reichlich. Daher plant man, auf dem Duriakang-Stausee auf der Insel Batam über 1.600 Hektar mit Photovoltaik-Anlagen auszustatten. Die geplante Leistung beträgt 2,2 Gigawatt; zum Vergleich: Ein typischer Block eines Kohlekraftwerks liefert in der Regel zwischen 100 Megawatt und einem Gigawatt Leistung.
Die Betreiber streben eine jährliche Stromproduktion von etwa 2,6 Terawattstunden an, was fast fünf Prozent der deutschen Solarstromproduktion im Jahr 2022 entspräche.. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren, 2026 soll die Anlage ans Netz gehen. Stauseen sind besonders geeignet, da die vorhandenen Wasserkraftwerke bereits die Infrastruktur für die Stromversorgung bieten.
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