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Wirtschaftsfaktor Klimaschutz

Zu teuer oder zu klug? Warum Klimaschutz der Wirtschaft Milliarden spart – und was Nichtstun wirklich kostet.

Illustration Gebäude wird von Schutzschirm umhüllt

© Robert Albrecht / BDEW

 

Ist Klimaschutz zu teuer? Gefährdet er unsere wirtschaftliche Stärke? Diese Debatte ist nicht neu – doch angesichts der angespannten Lage der deutschen Wirtschaft gewinnt sie an Schärfe. Dabei zeigt sich längst: Zu geringe Investitionen in Klimaschutz- und anpassung verursachen schon heute enorme Kosten. Das zeigt zum Beispiel die Flut im Ahrtal 2021. Sie zählt zu den teuersten Hochwasserkatastrophen der Welt. Laut einer Analyse von Prognos verursachte sie Gesamtschäden von etwa 40,5 Milliarden Euro. Davon übernimmt der Bund über den Wiederaufbaufonds bis zu 30 Milliarden Euro, die Versicherer zahlten laut Gesamtverband der Versicherer (GDV) bis 2024 7,5 Milliarden Euro aus.

Und auch auf europäischer Ebene steigen die Kosten: Eine Studie der Universität Mannheim und der Europäischen Zentralbank aus dem Jahr 2025 beziffert die Verluste durch Hitzewellen, Dürren und Überflutungen in der EU auf 43 Milliarden Euro im Jahr 2025 und bis 2029 auf insgesamt 126 Milliarden Euro. Laut Rückversicherer Munich Re lassen sich einzelne Schäden zwar nicht allein auf den Klimawandel zurückführen. Doch die Auswertung klimatologischer und versicherungstechnischer Daten zeigt: Extreme Wetterereignisse nehmen zu. Mehr Prävention ist daher zwingend notwendig. „Die Klimakrise kostet uns schon heute Milliarden und bedroht Existenzen“, warnt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Klimafolgenanpassung ist kein Luxus, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit.“

Die Kosten des Nichtstuns

Wie teuer Untätigkeit für die Wirtschaft in Zukunft werden kann, belegen mehrere aktuelle Untersuchungen: Bleibt die Klimapolitik unambitioniert, droht Deutschland laut dem Gesellschaftlichen Wirtschaftsforschungsinstitut (GWS) bis 2050 ein Wertschöpfungsverlust von rund 690 Milliarden Euro, beispielsweise durch Ernteausfälle, Versicherungsschäden oder Gesundheitsbelastungen. Eine Analyse der Wirtschaftsuniversität Wien kommt zu dem Schluss, dass das Bruttoninlandsprodukt der EU bis 2050 um zehn Prozent sinken könnte, wenn Klimaschutz und -anpassung nicht deutlich verstärkt werden.

Umgekehrt zeigt sich: Klimaschutz rechnet sich volkswirtschaftlich und unternehmerisch. Ein Bericht der OECD und des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) belegt, dass ehrgeizige Klimaschutzziele kein Wachstumshemmnis sind; Investitionen in saubere Energie und Energieeffizienz steigern vielmehr Produktivität und Innovation. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gibt in einer Studie von 2025 an: Jeder Euro, der in ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen investiert wird, spart Deutschland je nach Klimawandelszenario langfristig bis zu 4,80 Euro ein – durch vermiedene Brennstoffkosten, geringere Gesundheitsbelastungen der Bevölkerung und weniger Abhängigkeit von fossilen Importen.

Einsparungen durch Erneuerbare

Auch auf EU-Ebene zahlt sich Klimaschutz aus: Laut International Energy Agency (IRENA) senkten zusätzliche Wind- und Solarkapazitäten zwischen 2021 und 2023 die Stromkosten in Europa um rund 100 Milliarden Euro. Weltweit reduzierten Erneuerbare 2022 die Brennstoffkosten um 520 Milliarden US-Dollar.

In Deutschland übertrafen die eingesparten Brennstoffkosten deutlich die Ausgaben für die Förderung von Sonne, Wind und Co. im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Allein durch vermiedene Importe von Gas, Kohle und Öl ergibt sich ein Einsparvolumen im zweistelligen Milliardenbereich. Zusätzlich verbessert sich die Gesundheit der Bevölkerung : Laut DIW spart saubere Luft jährlich acht bis zwölf Milliarden Euro Gesundheitskosten, etwa durch weniger Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Auch die KfW Bankengruppe sieht im Klimaschutz einen entscheidenden Hebel für Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der deutschen Wirtschaft. Die Green-Tech-Branche wird dabei zunehmend zum Exportmotor: Deutschland hält laut KfW-Forschungsdaten bereits 13 Prozent Weltmarktanteil bei sauberen Technologien, fast doppelt so viel wie beim Gesamtexport. „Klimaschutz ist kein Wachstumshindernis, sondern ein Schlüssel zu Innovationen, starken Märkten und langfristiger Wettbewerbsfähigkeit“, betont Stefan Wintels, KfW-Vorstandschef. „Unternehmen, die in Klimaschutz investieren, sind erfolgreicher.“ Sie seien besser auf Risiken vorbereitet und machten sich unabhängiger von schwankenden Energie- und CO2-Preisen.



Fazit: Klimaschutz ist zweifellos ein Kostenfaktor, aber einer, der sich langfristig rechnet. Er verlangt heute Investitionen in Technologien, Netze und Anpassung, senkt jedoch künftig Risiken, Folgeschäden und Importabhängigkeiten. Die Rechnung fällt klar aus: Die Kosten des Handelns sind hoch – die Kosten des Nichthandelns sind ungleich höher.

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