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Satelliten:

Wertvolles Werkzeug oder gefährliches Spielzeug?

Satelliten gewähren den Blick von oben auf den Planeten. Das birgt Chancen – auch für die Energiewende.

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© Robert Albrecht / BDEW

Der Himmel über Oldenburg ist an diesem Abend Mitte Oktober schon dunkel. Plötzlich zieht eine Kolonne heller Lichter vorbei. Ein ungewohnter Anblick, der ahnungslose Betrachterinnen und Betrachter in Staunen und manche auch in Schaudern versetzt. Was hier am Nachthimmel zu sehen ist, sind Satelliten des sogenannten Starlink-Projekts, für das Elon Musks Unternehmen SpaceX verantwortlich zeichnet. Der Tech-Milliardär will mit diesem Projekt ein globales Breitband-Internetnetzwerk aufbauen. Dazu lässt er mithilfe von Raketen Hunderte von kleinen Satelliten in eine niedrige Erdumlaufbahn schießen. Diese werden vom Sonnenlicht angestrahlt und sind deshalb von der Erde aus sichtbar.

Die eindrucksvolle Formation liefert denen, die den Himmel beobachten, einen halbwegs repräsentativen Einblick ins Geschehen: Mehr als die Hälfte der weltweit aktiven Satelliten gehört zur Konstellation von SpaceX. Das Breitbandnetzwerk Starlink bietet Internetanschluss für 1,5 Millionen Menschen weltweit in derzeit rund 50 Ländern. Eines davon ist die Ukraine, in der das Netzwerk nach dem russischen Angriff die Kommunikation sicherstellt. Frank Sauer vom Metis-Institut an der Universität der Bundeswehr sagte dazu dem Spiegel: „Wenn es in diesem Konflikt tatsächlich ein technisches System gibt, das man als Gamechanger bezeichnen kann, dann ist es auf jeden Fall Starlink.“ Anfangs lag die Verfügbarkeit von SpaceX im ukrainischen Kriegsgebiet in Musks Ermessen. Inzwischen hat das US-Verteidigungsministerium die Finanzierung übernommen.

Überlebenswichtig für das dezentrale Energiesystem

Auch anderswo sind Satelliten unverzichtbar, etwa in der Energieversorgung. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien werden die Stromflüsse im Netz zunehmend volatil. Um dies auszugleichen, sind Stromerzeuger und Elektrizitätswerke auch auf Zeitsignale von Satelliten angewiesen, um die Energieerzeugung synchron zu gestalten. „Wenn diese Satelliten jetzt ausfallen würden – von einem Tag auf den nächsten, alle, würde innerhalb von kürzester Zeit die Stromversorgung sehr stark eingeschränkt; bis hin zum Zusammenbrechen“, so Anke Pagels-Kerp, Leiterin Forschung und Entwicklung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), in der Sendung „alles wissen“ des Hessischen Rundfunks.

Nah an die Energiequelle

Nicht nur im zukunftsfähigen Energiesystem spielen Satelliten eine tragende Rolle. Auch der Energiewende können sie womöglich Schub geben: in Form von Solarenergie aus dem Weltraum, einer bisher ungenutzten erneuerbaren Energiequelle. Anfang 2023 schoss das California Institute of Technology (Caltech) einen Testsatelliten namens „Space Solar Power Demonstrator“ in den Weltraum. An Bord hatte er gefaltete Solarzellen, die sich im Orbit zu einem Sonnensegel auffalteten. Um die damit gesammelte Energie nutzbar zu machen, würde der Sonnenstrom umgewandelt in Microwellen zur Erde transportiert und müsste dort mithilfe riesiger Antennenfelder aufgefangen werden: Allein für eine einzige Solaranlage sei ein Areal über 70 Quadratkilometer nötig, schätzt die Europäische Weltraumagentur (ESA), die in ihrem Projekt „Solaris“ ebenfalls an der Idee forscht. Das ist fast so groß wie 10.000 Fußballfelder.



Zunächst liefert der Caltech-Testsatellit erste Ergebnisse. Anfang März konnte bewiesen werden, dass er in der Lage ist, drahtlos Energie an Empfänger im Weltraum zu übertragen – laut dem Caltech eine Premiere. Dazu ist der Satellit mit einer Einheit ausgestattet, die Energie empfangen und in Gleichstrom umwandeln kann. Dass dies gelungen war, zeigte ein leuchtendes LED-Paar. Damit konnte belegt werden, dass das Konzept grundsätzlich funktioniert. Allein in Europa könnten solche Anlagen nach Berechnungen des Unternehmens Frazer Nash für die ESA künftig 800 Terawatt Strom erzeugen. Das entspricht in etwa einem Drittel der europäischen Stromerzeugung von 2020 .

Wettlauf ins All

„Raumfahrtprojekte sind Menschheitsprojekte – über nationale Grenzen hinweg. Nur durch internationale Zusammenarbeit erreichen wir Außergewöhnliches“, schreibt das Deutsche Zentrum für Satelliten-Kommunikation e.V. (DeSK) auf seiner Website. Anders gesagt: Ziele wie die Energiewende, der Klimaschutz und globale Sicherheit liegen im Interesse der Menschheit – und Satelliten können dabei helfen, sie zu erreichen.

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