„Vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahren und auch weiterhin nennenswerte Gigawatt (GW) an gesicherter Stromerzeugungsleistung aus dem Strommarkt ausscheiden und der Kohlekraftausstieg vollzogen werden soll, brauchen wir eine Grundlage vor der die Aufsichtsräte der Unternehmen entsprechende Entscheidungen für die erforderlichen Investitionen in H2-ready- und Gas-Kraftwerke treffen können. Wir unterstützen die neue Bundesministerin darin, jetzt sehr zügig den Weg für den Zubau von steuerbaren Kraftwerken freizumachen. Als gesetzliche Grundlage empfehlen wir den vorliegenden Referentenentwurf für ein KWSG in wichtigen Punkten anzupassen, um weitere Verzögerungen aus beihilferechtlicher Sicht zu vermeiden und eine tragfähige Investitionsgrundlage herzustellen. Denn nach mehreren Rückschlägen muss das KWSG jetzt sitzen.“
Der BDEW hat seit Anfang 2025 in einem intensiven Prozess mit seinen Mitgliedsunternehmen Vorschläge zur praxisgerechten Ausgestaltung des KWSG ausgearbeitet.
„Aufgrund des Zeitdrucks schnell die für den Wirtschaftsstandort Deutschland notwendigen Kraftwerksneubauten auszulösen, lautet unsere Zielsetzung: So wenig Anpassungen am KWSG-Referentenentwurf wie möglich, so viele Anpassungen wie nötig. So können wir mit dem Blick auf Brüssel und die Investoren zu einer schnellen und erfolgreichen Umsetzung des KWSG kommen“, ist Kerstin Andreae überzeugt. Klar ist zudem: Da die zweite Säule einen deutlich verlässlicheren Investitionsrahmen mit weniger nicht beeinflussbaren Unwägbarkeiten bietet als die erste Säule und schnell umgesetzt werden kann, sollte sie fokussiert werden. Darüber hinaus sollte für in der ersten Säule ausgeschriebene und ggf. nicht vollständig bezuschlagte Mengen geprüft werden, inwieweit diese auf die zweite Säule übertragen und dort im Rahmen der nächsten Ausschreibungsrunde zusätzlich berücksichtigt werden können.
Der BDEW hält diese Anpassungen für notwendig:
1. Adressierung von nicht-beeinflussbaren Risiken der Kraftwerksbetreiber für wasserstofffähige Kraftwerke
- Umstieg auf Wasserstoffbetrieb ist nicht möglich, weil nicht ausreichend Wasserstoff oder Wasserstoff-Infrastruktur - insbesondere Speicher- und Ausspeisekapazitäten - vorhanden sind.
Vorschlag: Die Bundesnetzagentur analysiert drei Jahre vor Umstiegsdatum unter Einbindung kundiger Akteure, ob Wasserstoff-Mengen und -Infrastruktur ausreichen, damit die Kraftwerke auf Wasserstoff-Betrieb umsteigen können. - Umstieg auf Wasserstoffbetrieb ist nicht möglich, weil die Technologie zum vorgegebenen Umstiegszeitpunkt nicht vorhanden ist.
Vorschlag: Kraftwerksbetreiber können in einem Härtefallantrag darlegen, dass ein Umstieg auf Wasserstoffbetrieb unmöglich ist. - Vorschlag: Ist ein Umstieg auf Wasserstoffbetrieb durch Eintreten einer der beiden genannten Fälle nicht möglich, muss der betroffene Kraftwerksbetreiber nicht die gesamte Förderung zurückzahlen. Das wäre auch insofern konsequent, weil der Gesetzentwurf schon eine Ausnahme vorsieht für den Fall, dass das Kraftwerk nicht an das Kernnetz angeschlossen werden kann.
2. Lösung für die Erbringung von nötigen Systemdienstleistungen durch die Kraftwerke für das Stromnetz
- Entwicklung branchenübergreifender Lösungskonzepte, wie Anreize für Kraftwerksbetreiber gesetzt werden können, zusätzliche Systemdienstleistungen (SDL) zu erbringen.
Vorschlag: Kraftwerksbetreiber, die zusätzliche SDL erbringen können, erhalten einen Bonus: Je mehr SDL erbracht werden können, desto höher fällt der Bonus aus. So besteht ein Anreiz, wo technisch und wirtschaftlich sinnvoll, zusätzliche SDL zu erbringen.
3. Übertragbarkeit von nicht bezuschlagten Ausschreibungsmengen von Säule 1 in Säule 2
- Für den Fall, dass in der ersten Säule ausgeschriebene Mengen nicht vollständig bezuschlagt werden, sollte geprüft werden, ob diese nicht vergebenen Mengen auf die zweite Säule übertragen und dort im Rahmen der nächsten Ausschreibungsrunde zusätzlich berücksichtigt werden können.
Im Referentenentwurf des KWSG sind in Säule 1 fünf GW H2-ready Kraftwerke, bis zu zwei GW durch Modernisierung vorhandener Gas-Kraftwerke (Umstieg auf Wasserstoff) sowie je 0,5 GW an Langzeitstromspeichern und sogenannten Wasserstoff-Sprinterkraftwerken vorgesehen. Säule 2 soll fünf GW an Gas-Kraftwerken anreizen.
Würden die Ausschreibungsmengen voll ausgeschöpft, könnten über dieses Instrument 12,5 GW an steuerbarer installierter elektrischer Leistung sowie 0,5 GW an Langzeitstromspeichern entstehen. „Würden die KWSG-Ausschreibungen gleich Anfang 2026 starten, so ist davon auszugehen, dass die ersten neuen Kraftwerke Ende 2030/Anfang 2031 in Betrieb gehen können. Deshalb ist es so wichtig, dass wir jetzt schnell ins Handeln kommen und die Umsetzungskraft der Branche nutzen. Wir brauchen Planungssicherheit für die notwendigen Investitionen.
Parallel ist es von zentraler Bedeutung, an der Implementierung eines Kapazitätsmarktes zu arbeiten. Denn eine Ausdehnung des KWSG auf 20 GW könnte europarechtlich schwierig werden und weitere Zeit kosten“, warnt Kerstin Andreae. Der BDEW hat mit dem Integrierten Kapazitätsmarkt (IKM) einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet. „KWSG und IKM können sehr gut ineinandergreifen. Ersteres würde rund 12,5 GW an Kraftwerksneubauten anreizen, der notwendige Zubau von mindestens weiteren acht GW könnte über den Kapazitätsmarkt realisiert werden“, so Kerstin Andreae.
Die Positionierung des BDEW zum KWSG-Referentenentwurf können Sie hier herunterladen.
Die Presseinformation und die BDEW-Studie zum Integrierten Kapazitätsmarkt finden Sie hier.