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Gutachten der Bundesnetzagentur zum NEST-Prozess

Gutachten bestätigt Branchenkritik: Geplante Änderungen in NEST schwächen Investitionsanreize im Effizienzvergleich

Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen des NEST-Prozesses zwei Kurzgutachten veröffentlicht, um zentrale Kritikpunkte der Branche zu überprüfen. Das Kurzgutachten von Frontier Economics zum Effizienzvergleich bestätigt die Branchensicht: Die geplanten Änderungen führen zu strukturellen Nachteilen für Netzbetreiber, die mit der Energiewende hohe Investitionen tätigen müssen. Das zweite Kurzgutachten von Swiss Economics zum Vereinfachten Verfahren bleibt hingegen ein überprüfbares Ergebnis und eine Datenbasis schuldig.

„Die Energiewende braucht starke Netze – und starke Netzbetreiber. Für die Absicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland vervielfachen die Netzbetreiber derzeit ihre Investitionen in Infrastruktur. Bei einem Investitionsbedarf von rund 280 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren handelt es sich um ein historisches Ausbau- und Modernisierungsprogramm. Es ist kontraproduktiv, wenn der Effizienzvergleich ausgerechnet diejenigen bestraft, die am meisten investieren müssen. Das ist das völlig falsche Signal“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

„Wir erwarten ein Regulierungssystem, das Investitionen ermöglicht statt erschwert. Der Um- und Ausbau der Netze für die Energie-, Verkehrs- und Wärmewende sowie die Digitalisierung erfordern erhebliche Mittel. Die methodischen Verschärfungen beim Effizienzvergleich, bei der Kapitalkostenvergütung für Fremdkapital und beim Produktivitätsfaktor Xgen bewirken jedoch das Gegenteil und schwächen die Investitions- und Leistungsfähigkeit der Netzbetreiber“, so Andreae weiter.

„Unsere Investorenbefragung im September hat bereits gezeigt, dass der geplante Regulierungsrahmen aus Sicht der Kapitalgeber nicht geeignet ist, um den künftigen Finanzierungsbedarf zu decken. Nun bestätigen auch die von der Bundesnetzagentur beauftragten Kurzgutachten zentrale Punkte unserer Kritik. Die Bundesnetzagentur muss ihre Entwürfe und ihre eigene Folgenabschätzung vor diesem Hintergrund nochmals sorgfältig überprüfen und den Kurs korrigieren.

Die Bundesnetzagentur ist den Netzbetreibern zwar in einigen wenigen Punkten entgegengekommen, aber die erforderliche Richtungsänderung ist leider ausgeblieben. Nach unserem Kenntnisstand geht auch nicht der Länderausschuss der Landesregulierungsbehörden mit der von der Bundesnetzagentur vorgelegten RAMEN-Festlegung konform. Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang und zeigt, dass es auch hier Zweifel am Vorgehen des Regulierers gibt. Wir sehen das als eine Bestätigung unserer Argumente, die wir bereits in den Nestprozess eingebracht haben. Wir erwarten, dass der Länderausschuss auch die jetzt vorgelegten Festlegungsentwürfe zum Effizienzvergleich, zur Kapitalverzinsung und zum VPI/X-Gen einer kritischen Prüfung unterzieht“

Kurzgutachten bestätigt Fehlanreize für Investitionen 

Das Kurzgutachten von Frontier Economics bestätigt eindeutig: Die geplanten Änderungen im Effizienzvergleich benachteiligen vor allem Netzbetreiber, die viel investieren müssen. Unternehmen mit hohen Kapitalkosten – etwa für Modernisierung, Ausbau und Verstärkung der Netze – erhalten noch Jahre nach getätigten Investitionen dauerhaft niedrigere Effizienzwerte. Das Gutachten warnt, dass Unternehmen versucht sein könnten, ihre Investitionen zumindest vorübergehend zurückzufahren, um negative Effekte höherer Gesamtausgaben (TOTEX) auf ihren Effizienzwert zu vermeiden. Mit den steigenden Investitionen, etwa im Strombereich, drohen die Fehlanreize noch größer zu werden, schreiben die Gutachter.

Gasnetzbetreiber besonders stark betroffen 

Das Gutachten zeigt zudem, dass insbesondere Gasverteil- und Fernleitungsnetzbetreiber noch stärker betroffen sind als bislang angenommen: Die durchschnittlichen Effizienzwerte wären mit den Änderungen in der jetzigen Regulierungsperiode im Gasbereich um 0,6 Prozentpunkte gesunken – doppelt so stark wie im Strombereich mit 0,3 Prozentpunkten. Die Zahl der Unternehmen, die einen Effizienzwert von 100 Prozent erreichen, sinkt im Strom um 21, im Gas um 15 Prozent. Besonders kritisch: Auch Gasnetzbetreiber, die heute schon mit flexiblen Abschreibungsregeln in die Transformation investieren, werden laut Gutachten strukturell benachteiligt.

Zweites Gutachten ist unvollständig 

Das zweite Kurzgutachten von Swiss Economics untersucht die Auswirkungen neuer Teilnehmer im Effizienzvergleich, die aufgrund eines geänderten Zulassungskriteriums künftig nicht mehr im „Vereinfachten Verfahren“ geführt werden, sondern ins Regelverfahren wechseln. Zentral sollte geprüft werden, ob der von der Branche benannte negative Sogeffekt auf die Effizienzwerte durch diese zusätzlichen Teilnehmer tatsächlich auftritt.

Der Sogeffekt wird zwar in der Theorie bestätigt, aber nicht in seiner Höhe beziffert. Weder die Datenbasis noch die konkreten Ergebnisse werden vom Gutachter veröffentlicht. Damit bleibt unklar, wie stark der Effekt tatsächlich ausfällt. Gleichzeitig geht das Kurzgutachten ausführlich auf die Branchenberechnungen vom Juli ein. Selbst wenn man die Kritikpunkte der BNetzA berücksichtigen würde, zeigen sich in allen Berechnungsszenarien aber weiterhin negative Effekte.

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