Die Betriebsgenehmigungen der ersten großen Offshore-Windparks in Deutschland laufen ab etwa 2040 aus. Ohne anderweitige Festlegungen müssten die Anlagen nach 25 Jahren Betriebszeit direkt zurückgebaut werden – auch dann, wenn ihr Weiterbetrieb – je nach Einzelfallprüfung – technisch, wirtschaftlich und rechtlich möglich wäre (siehe BDEW-Whitepaper 2024). Dies ist im Sinne der Nachhaltigkeit, einschließlich ökologischer Auswirkungen auf die Meeresumwelt, zu hinterfragen. Hinsichtlich der Kosteneffizienz und Umsetzbarkeit des Übergangs zu den Folgewindparks ist es zudem besonders herausfordernd, dass in den bestehenden Offshore-Wind-Clustern der Nordsee häufig mehrere Windparks mit unterschiedlichen Laufzeiten an ein gemeinsames Netzanbindungssystem angeschlossen sind. Außerdem sollen bestehende Parks zukünftig zu größeren Flächen mit 2-GW-Netzanschlusskapazität zusammengelegt werden, was eine Koordination bei Laufzeiten, Rück- und Neubau erfordert.
Vor diesem Hintergrund wurden in der Studie des Fraunhofer IWES am Beispiel eines Offshore-Windpark-Clusters in der deutschen Nordsee verschiedene Weiterbetriebs- und Nachnutzungsszenarien untersucht – von direktem, unkoordiniertem Rück- und Neubau bis hin zu Formen des koordinierten Weiterbetriebs mit anschließendem Rück- und Neubau. Einbezogen wurden dabei unter anderem Betriebs- und Investitionskosten, Ausfallraten, Rückbau- und Brachliegezeiten sowie Schiffs- und Lieferkettenkapazitäten.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass ein koordinierter Weiterbetrieb der Anlagen auf bis zu 35 Jahre Laufzeit mit anschließendem Rück- und Neubau die Stromerträge im Cluster steigern und gleichzeitig die volkswirtschaftlichen Kosten über den gesamten Zeitraum senken kann – im Vergleich zu einem Szenario mit einem direkten Rück- und Neubau der Parks nach 25 Jahren Laufzeit. Gleichzeitig stellen die Szenarien mit einem koordinierten Weiterbetrieb vergleichsweise moderate Anforderungen an die Lieferketten und führen langfristig zu niedrigeren Belastungen des Ökosystems.
„Die Studie verdeutlicht, dass ein koordinierter Weiterbetrieb von Offshore-Windparks und -Netzanbindungssystemen erhebliche Vorteile für Kosteneffizienz und Umweltbilanz beim Offshore-Wind-Ausbau haben kann,“ sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Entscheidend ist, dass Betreiber dafür möglichst frühzeitig Planungssicherheit erhalten, um Betriebs- und Wartungsstrategien entsprechend anzupassen und die mit dem Alter zunehmende Störanfälligkeit der Anlagen gezielt zu adressieren. Je eher der Weiterbetrieb vorbereitet werden kann, desto effizienter kann dieser ermöglicht werden.
Daher sollte die Bundesregierung das Thema im Rahmen der nächsten Fortschreibung des Flächenentwicklungsplans unbedingt adressieren und im Rahmen der geplanten Reformen des WindSeeG und EnWG die regulatorischen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehören ein angepasstes Offshore-Entschädigungsregime sowie eine geeignete Regulierung zur Gewährleistung eines möglichen Weiterbetriebs von Offshore-Netzanbindungssystemen der Übertragungsnetzbetreiber.“
Die Ergebnisse der Studie finden Sie hier.
Konkrete Maßnahmen für den Weiterbetrieb hat der BDEW in seinem Positionspapier vom Juli 2025 vorgeschlagen.