Im Fokus der Rede von Katherine Reiche standen die Stärkung der Versorgungssicherheit, eine technologieoffene Herangehensweise sowie Maßnahmen zur Entlastung von Unternehmen und zur Verbesserung der Standortbedingungen in Deutschland. Reiche betonte unter anderem die Bedeutung neuer Gaskraftwerke und kündigte eine pragmatischere Ausrichtung der Energiewende an. Dazu erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
„Die Bundesministerin setzt mit der Vorstellung ihres Regierungsprogramms wichtige Impulse für eine zukunftsfähige Energiepolitik. Der starke Fokus auf Versorgungssicherheit ist angesichts der Herausforderungen unseres sich wandelnden Stromsystems hin zu Erneuerbaren Energien und der wachsenden geopolitischen Unsicherheiten richtig und notwendig. In den letzten Jahren hat die Branche zuverlässig Versorgung und Netzstabilität gewährleistet. Damit dies weiterhin so bleibt, sind relevante Entscheidungen dringend nötig.
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien bleibt zentral – gerade mit Blick auf mehr Resilienz und das Ziel einer diversifizierten Energieversorgung mit geringerem Importbedarf. Erneuerbare Energien stehen im Zentrum eines modernen, sicheren und klimagerechten Energiesystems, mit Gasen als Partner und einem resilienten Netz als Rückgrat. Der Ausbau der Erneuerbaren und der Netzausbau gehören zusammen und müssen in Einklang gebracht werden. Die Devise muss lauten: Vernünftig planen, effizient umsetzen. Mit Blick auf den Netzausbau ist zudem klar: Es bedarf auch von politischer Seite einer starken Stimme, die für einen einfachen und praktikablen Rahmen, die Absicherung der finanziellen Herausforderungen für die Netzbetreiber sowie die Modernisierung und Digitalisierung der Netze eintritt.
Für uns gilt, grundsätzliche Kontinuität in der Energiepolitik zu wahren. Die Branche hat allein im vergangenen Jahr rund 60 Milliarden Euro in die Energiewende und die sichere Energieversorgung investiert. Diese Summe wird in den nächsten Jahren noch wachsen. Für Investitionsentscheidungen dieser Größenordnung ist Planungssicherheit eine zentrale Voraussetzung.
Dies ist einmal mehr von besonderer Bedeutung beim Thema Wärme, wo politische Diskussionen in den vergangenen Jahren immer wieder Verunsicherung ausgelöst haben. Um eine erfolgreiche Wärmewende sicherzustellen und das Vertrauen aller Akteure zu stärken, ist daher eine zügige und praxistaugliche Präzisierung der Zielrichtungen und Maßnahmen erforderlich. Was wir brauchen, ist kein vollständiger Systemwechsel, stattdessen aber Verlässlichkeit, Klarheit und Vereinfachungen in einem ausgereiften und realistischen Gesamtkonzept für eine klimaneutrale Wärmeversorgung.
Gut ist, dass Frau Reiche die Dringlichkeit beim Zubau steuerbarer Kraftwerksleistung erkennt. Wir brauchen 20 GW gesicherte Erzeugungsleistung, unter anderem wasserstofffähige Gaskraftwerke, die jetzt schnell, effizient und investitionssicher ermöglicht werden müssen. Entscheidend ist dabei, dass die Ausschreibungen für neue Kraftwerke zügig starten. Wir warten seit langem auf das Ausschreibungsdesign und die Unternehmen stehen in den Startlöchern. Wenn der klimapolitisch notwendige Kohleausstieg vollzogen werden soll, dann braucht es Kraftwerke, die die Volatilität der Erneuerbaren ausgleichen. Darüber hinaus braucht es die passenden Rahmenbedingungen für Speicher und andere Flexibilitäten.
Es ist ein wichtiges Signal, dass die Bundesregierung Wasserstoff als Schlüsseltechnologie anerkennt und sich zu einem schnellen Hochlauf bekennt. Richtig ist auch, dass dieser technologieoffen hinsichtlich der Herstellungswege erfolgen soll. Für uns gilt: so schnell wie möglich, so viel wie möglich, so günstig wie möglich. Dafür benötigen wir praxistaugliche Rahmenbedingungen – insbesondere auf europäischer Ebene. Die Politik muss einen Rahmen setzen, der dies ermöglicht und nicht durch kaum zu erfüllende Vorgaben Importe und Produktion verhindert und die Kosten in die Höhe treibt.
Der in Aussicht gestellte Bürokratieabbau wurde in der Vergangenheit oft angekündigt, aber selten umgesetzt. Jetzt braucht es endlich Taten statt neuer Ankündigungen – unsere Branche wartet seit Jahren. Denn über Bürokratieabbau und Gesetze ohne Mikromanagement wird die Umsetzungskraft der Branche gestärkt. 15.500 Normen allein für den Energiesektor sind viel zu viel.
Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik. Es ist Standortpolitik, Umweltpolitik und Gesellschaftspolitik. Dies betrifft die gesamte Bundesregierung, also neben dem Wirtschafts- und Energieressort auch das Umwelt- und Klimaschutzministerium, das neue Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung sowie das Bundesverkehrsministerium. Nun gilt es, dass die Bundesregierung geschlossen und gemeinsam mit der Praxis zügig ins Handeln kommt und die richtigen Schritte einleitet.“