Die kommunale Abwasserrichtlinie (EU 2024/3019) legt den rechtlichen Rahmen für die Sammlung, den Transport und die Behandlung von kommunalem Abwasser fest. Sie bestimmt unterschiedliche Reinigungsstufen zur Einhaltung von Qualitäts- und Umweltstandards. Ziel ist ein hoher, harmonisierter Standard für die Sammlung und Reinigung von kommunalem Abwasser sowie der Gewässer- und Gesundheitsschutz in der Europäischen Union.
Die Überarbeitung erfolgte, um technische Fortschritte und neue Herausforderungen wie den Eintrag von Spurenstoffen im Abwasser (z. B. Arzneimittelwirkstoffe, Wirkstoffe von Kosmetika etc.) und Maßnahmen wie zum Beispiel die Energieeffizienz in die Richtlinie aufzunehmen. Mit der Überarbeitung wird Kohärenz zu bestehenden EU-Zielen hinsichtlich Schadstoffreduktion, Kreislaufwirtschaft und Energiewende hergestellt. Die Richtlinie trägt damit zu saubereren Gewässern und nachhaltiger Abwasserentsorgung bei.
Die EU-Richtlinie wurde am 12. Dezember 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und gilt seit dem 1. Januar 2025. Die verschiedenen Vorgaben sollen überwiegend stufenweise umgesetzt werden.
Ja, als EU-Richtlinie sind die Vorgaben für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Die Mitgliedstaaten müssen sie in nationales Recht übertragen und anwenden. Nationale Besonderheiten können in technischer Ausgestaltung variieren, dürfen allerdings im Ambitionsniveau nicht unter der Richtlinie zurückbleiben. Einheitliche Mindestanforderungen gewährleisten somit vergleichbare Gewässerschutzstandards in ganz Europa.
Gemäß Artikel 33 Absatz 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen bis spätestens 31. Juli 2027 in nationales Recht umsetzen. Ausnahmen für Fristverlängerungen sind nur in begründeten Härtefällen möglich. Aus Sicht des BDEW ist zügig mit einer 1:1-Umsetzung der Vorhaben in deutsches Recht zu beginnen. Nationale Sonderwege sollten vermieden werden.
Die 1. Reinigungsstufe umfasst mechanische Verfahren wie Siebung, Sandfang und Vorklärung zur Entfernung grober Feststoffe. In der 2. Stufe erfolgt die biologische Reinigung mittels Mikroorganismen zur Reduktion organischer Substanzen. Die 3. Reinigungsstufe nutzt chemisch-physikalische Verfahren wie Fällung oder Filtration, um Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor zu reduzieren. Gemeinsam bilden diese Stufen das herkömmliche Klärungsverfahren beim Abwasser.
Die 4. Reinigungsstufe ergänzt die vorhandenen Verfahren um weitergehende Prozesse zur Elimination von Spurenstoffen. Sie dient speziell der Entfernung von Arzneimittelrückständen, Kosmetika, Industriechemikalien u. a. unerwünschten Stoffen. Nach der kommunalen Abwasserrichtlinie müssen alle Kläranlagen über 150.000 Einwohnerwerte (EW) stufenweise bis Ende 2045 über eine 4. Reinigungsstufe verfügen. Bei kleineren Kläranlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW wird über den sog. risikobasierten Ansatz ermittelt, welche Kläranlagen ebenfalls auf eine 4. Reinigungsstufe aufrüsten müssen. Auch hier erfolgt der Ausbau stufenweise bis Ende 2045.
Typische Technologien sind Aktivkohle-Adsorption (PACS/GAC), Ozonung, UV/Oxidation und Membranverfahren wie Umkehrosmose. Aktivkohle bindet organische Spurenstoffe, Ozon und UV-kombinierte Oxidationsprozesse bauen Schadstoffe ab. Membranverfahren trennen Moleküle nach Größe und Ladung. Die Verfahren können auch miteinander kombiniert werden, um eine bessere Wirksamkeit zu erreichen. Die Wahl, welche Technologie angewendet werden soll, richtet sich nach den zu den entfernenden Stoffen, den Kosten, dem Energiebedarf, dem gewünschtem Reinigungsgrad und den lokalen Gegebenheiten. Der BDEW stellt in diesem Kontext klar, dass die Kläranlagenbetreiber bestmöglich dazu positioniert sind, diese Gegebenheiten regional- und kontextspezifisch abzuwägen und die angemessenste Technologie auszuwählen. Sie sollten in ihrer Entscheidungshoheit nicht eingeschränkt werden.
Die 4. Reinigungsstufe erhöht den Energiebedarf für Pumpen, Belüftung und Oxidationsanlagen typischerweise um 10 bis 30 %. Zudem entstehen Materialkosten für Aktivkohle, Ozon und Membranen. Betriebs- und Wartungsaufwand steigen durch komplexe Anlagentechnik. Auch wenn sich die Effizienz durch Prozessoptimierung verbessern lässt, ist mit der 4. Reinigungsstufe insofern ein erheblicher Mehrbedarf bei Energie und Materialien verbunden.
Entfernt werden Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände, Hormone, Pestizide und Industriechemikalien. Teilweise werden auch resistente Mikroorganismen und PFAS-ähnliche Verbindungen reduziert. Diese Stoffe können in den drei vorangehenden Reinigungsstufen nicht oder nur sehr unzureichend entfernt werden. Durch die 4. Reinigungsstufe wird insofern die Belastung sensibler aquatischer Ökosysteme deutlich gesenkt.
Die 4. Reinigungsstufe muss bei allen großen Kläranlagen (über 150.000 Einwohnerwerte) verpflichtend errichtet werden. Die Umsetzung erfolgt zeitlich gestaffelt ab 2033 bis Ende 2045. Mitgliedstaaten müssen für Gebiete mit Kläranlagen mittlerer Größe (10.000 bis 150.000 EW) Risikobewertungen erstellen und Prioritätsanlagen in sensitiven Gewässergebieten identifizieren (risikobasierter Ansatz). Ab 2033 beginnen die Ausbauziele der 4. Reinigungsstufe für diese Art der Kläranlagen. Stufenweise sollen bis Ende 2045 alle identifizierten Kläranlagen über die 4. Reinigungsstufe verfügen. Ein Monitoring- und Berichtssystem begleitet den Fortschritt.
Sofern für anliegende Gewässer der Kläranlage z. B. aus Gründen des Gewässerschutzes weitergehende Reinigungsmaßnahmen erforderlich sind, soll auch bei den Kläranlagen mittlerer Größe (10.000 bis 150.000 Einwohnerwerte) die Einführung einer 4. Reinigungsstufe geprüft werden. Dafür werden bspw. die Eintragsmengen von Spurenstoffen, Gewässerempfindlichkeit und naturschutzfachliche Aspekte sowie Nutzungsprofile wie die Trinkwassergewinnung und Badegewässernutzung bewertet. Kläranlagen in diesen Gebieten müssen dann nachgerüstet werden. Die Bewertungen müssen regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Der BDEW unterstützt den risikobasierten Ansatz ausdrücklich. Kläranlagen sollten nur dort ausgebaut werden, wo sie ökologisch oder nutzungsbezogen wirklich erforderlich und sinnvoll sind. Für die großen Kläranlagen (größer als 150.000 Einwohnerwerte) wird die 4. Reinigungsstufe grundsätzlich verpflichtend eingeführt.
Die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility - EPR) verpflichtet Produzenten zur Kostenübernahme für Entsorgungs- und Reinigungsprozesse ihrer Produkte. Sie überträgt sachgerecht finanzielle Lasten für Entsorgungsmaßnahmen von Produkten auf die Verursacher. Ziel ist es auch, umweltgerechteres Produktdesign (zum Beispiel bessere Abbaubarkeit in der Umwelt) und Reduktion von Schadstoffeinträgen zu fördern. In der Richtlinie ist EPR als Finanzierungsmechanismus für die 4. Reinigungsstufe verankert. Der BDEW unterstützt die Einführung der Herstellerverantwortung ausdrücklich und sieht dies als umweltökonomischen Meilenstein für eine moderne und verursachergerechte Abwasserbewirtschaftung der kommenden Jahrzehnte.
Hersteller und Importeure von Arzneimitteln und Kosmetikprodukten müssen sich in einer Organisation für Herstellerverantwortung organisieren. Sie zahlen einen Finanzierungsbeitrag basierend auf dem Schadstoffpotenzial und der Menge ihrer Produkte. Die Mittel werden wiederum an Kläranlagenbetreiber weitergegeben, um die 4. Reinigungsstufe auszubauen und zu betreiben. Die kommunale Abwasserrichtlinie sieht vor, dass EPR schrittweise auf weitere Produktgruppen ausgedehnt werden soll. Die Europäische Kommission plant hier eine regelmäßige Evaluierung. Der BDEW hebt hervor, dass auch die Abwasserwirtschaft in den Organisationen für Herstellerverantwortung vertreten sein muss. So kann sichergestellt werden, dass alle relevanten Akteure an der Umsetzung der Herstellerverantwortung beteiligt werden. Der BDEW setzt sich dabei für eine privatwirtschaftliche Lösung bspw. über einen Fonds ein und hat dazu bereits entsprechende Studien und die sog. Fonds-Lösung vorgelegt.
Gefördert werden Investitionskosten und Betriebskosten für die 4. Reinigungsstufe. Auch Kosten für die Überwachung von Mikroschadstoffen, Erhebung und Überprüfung von Daten der betroffenen Produkte sowie sonstige Kosten für die Wahrnehmung der erweiterten Herstellerverantwortung müssen abgedeckt werden. Der BDEW vertritt entsprechend des Richtlinientextes die Auffassung, dass für bereits ausgebaute Anlagen die Investitionskosten unter Berücksichtigung der Abschreibungen ebenfalls abgedeckt werden sollten.
Der BDEW schlägt eine privatwirtschaftliche Umsetzung durch das sog. Fonds-Modell vor. Verursacher zahlen dabei je nach Schädlichkeit und Menge ihrer auf den Markt gebrachten Stoffe/Produkte in einen Fonds, aus dem Gelder für die Einführung der 4. Reinigungsstufe an die Kläranlagenbetreiber fließt.
Das BDEW-Fondsmodell sieht einen branchenübergreifenden Fonds vor, in den Hersteller einzahlen. Der Fonds verwaltet Mittel zweckgebunden für die Umsetzung der 4. Reinigungsstufe. Er unterstützt Planung, Bau und Betrieb kommunaler Kläranlagen. Die Umsetzung des Fonds kann durch eine Vereinsstruktur operationalisiert werden.
Aus BDEW-Sicht fallen jegliche Investitions- und Betriebskosten der 4. Reinigungsstufe ab dem Inkrafttreten der europäischen Richtlinie, also dem 1.1.2025, unter die Herstellerverantwortung. Da die Herstellerverantwortung laut Richtlinientext bis zum 31.12.2028 einsatzbereit sein soll, würden aktuelle Kosten rückerstattet werden.
Eine Vorabinvestition wird vom BDEW nicht empfohlen. Die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und vor allem die Finanzierung durch die erweiterte Herstellerverantwortung sollten erst geklärt sein.
Energieneutralität bedeutet, dass Kläranlagen über das Jahr betrachtet auf nationaler Ebene mindestens so viel Energie erzeugen, wie sie verbrauchen. Dies kann durch Klärgasgewinnung, Nutzung von Klärschlamm und Energieeffizienzmaßnahmen erreicht werden. Ziel ist die Reduktion des externen Energiebezugs sowie einen Beitrag zu den Zielen des Green Deals der EU zu leisten. Zudem soll aus Sicht der Europäischen Kommission der Abwassersektor so nachhaltiger werden. Der BDEW setzt sich für einfache und pragmatische Lösungen ein, die auch die bisherige Praxis des Energiebezugs von Dritten als gleichrangige Lösung ansieht.
Ja, die Richtlinie erlaubt Abwasserentsorgungsunternehmen, Energie auch außerhalb des Kläranlagengeländes zu erzeugen. Der BDEW setzt sich für einfache und pragmatische Lösungen ein, die auch die bisherige Praxis des Energiebezugs von Dritten als gleichrangige Lösung ansieht. Der BDEW betont, dass es für Kläranlagenbetreiber auch möglich sein muss, sich anteilig an größeren Energieerzeugungsprojekten zu beteiligen und die produzierte Energie anteilig anrechnen zu lassen. Zudem unterstreicht der BDEW, dass die Erfüllung des Ziels auf nationaler Ebene erfolgen muss und nicht anlagenscharf auszulegen ist. Kleinere Kläranlagen verfügen bspw. über keine Klärschlammfaulung, da diese erst ab einer bestimmten Kläranlagengröße wirtschaftlich ist. Auch ist es nicht an jedem Standort möglich, zusätzlich Photovoltaik- oder Windkraftanlagen zu errichten. Es muss daher die Möglichkeit einer Bilanzierung auf nationaler Ebene gegeben sein.
Anlagen ab 10.000 EW müssen alle vier Jahre ein Energie-Audit durchführen. Die ersten Audits sind für Kläranlagen ab 100.000 EW bis Ende 2028 und für Kläranlagen zwischen 10.000 und 100.000 EW bis Ende 2032 durchzuführen. Auditberichte sind den Behörden vorzulegen. Empfohlene Maßnahmen werden in Aktionsplänen festgehalten. Folgeaudits prüfen die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen.
Die Richtlinie legt neue, strengere Grenzwerte für Gesamtstickstoff und Gesamtphosphor im gereinigten Abwasser fest. Konkret sind es für Phosphor Konzentrationswerte von 0,5 mg/l Pges für Anlagen größer 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 90 %) und 0,7 mg/l Pges für Anlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 87,5 %). Für Stickstoff sind es Konzentrationswerte von 8 mg/l Pges für Anlagen größer 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 80 %) und 10 mg/l Pges für Anlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 80 %). Die Einhaltung ist gestaffelt bis Ende 2039 für alle Kläranlagen größer 150.000 EW verbindlich, Anlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW folgen ebenfalls gestaffelt bis Ende 2045. In Deutschland ist die dritte Reinigungsstufe bereits flächendeckend eingeführt. Mit der neuen Kommunalen Abwasserrichtlinie wird aber das zu erreichende Ambitionsniveau angehoben.
Die Richtlinie sieht die Beprobung der Nährstoffgehalte für Phosphor und Stickstoff vor. Dabei analysiert und repräsentiert zum Beispiel die sogenannte 24-Stunden-Mischprobe den täglichen Abwasserstrom durch kontinuierliche oder stündliche Entnahmen. Proben werden proportional zum Durchflussvolumen gemischt. Die Analyse erfolgt in akkreditierten Laboren auf Parameter wie CSB, N und P. Das Verfahren sichert aussagekräftige Messwerte unabhängig von Spitzenlasten. Während die europarechtlich vorgegebene Überwachung durch 24-Stunden-Mischproben auf Basis von Jahresmittelwerten erfolgt, nutzt einzig Deutschland bisher eine von den europarechtlichen Regelungen abweichende Überwachung auf Basis der qualifizierten Stichprobe bzw. eine 2-Stunden-Mischprobe auf Basis einer 4-aus-5-Regel. Der BDEW setzt sich für eine Umsetzung der europäischen Regelungen in Deutschland ein und damit für eine Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Methodik in Europa. Es ist Zeit, den deutschen Sonderweg zu beenden.
Die Richtlinie gibt vor, dass für Siedlungsgebiete mit mehr als 100.000 EW ein sogenannter integrierter Plan für die kommunale Abwasserbewirtschaftung erstellt wird. Dies gilt ebenso für Gebiete zwischen 10.000 und 100.000 EW anhand eines sogenannten risikobasierten Ansatzes. Hierbei werden die Auswirkungen auf die nachgelagerten Gewässer sowie die Nutzungsmöglichkeiten für die öffentliche Wasserversorgung geprüft und bewertet. Diese Pläne sind bis Ende 2033 bzw. Ende 2039 zu erstellen und müssen alle sechs Jahre aktualisiert werden. Nach der EU-Richtlinie soll der Mischwasserüberlauf der jährlich gesammelten kommunalen Abwasserfracht einen prozentualen Wert nicht überschreiten. Die Richtlinie spricht hier von einem nicht verbindlichen Richtziel von 2 Prozent, berechnet unter trockenen Witterungsverhältnissen. Dieser Widerspruch kann durch die Umsetzung einer Regelung erfolgen, die den Richtwert aufgrund der lokalen Gegebenheiten sachgerecht ableitet. Als Ergebnis können auch Werte von 3, 4 oder 5 Prozent sachgerecht sein.
Die Pläne bündeln Konzepte für Abwasser und Regenwasser in einer Gesamtstrategie und beinhalten Risikoanalysen, Infrastrukturplanung und Notfallmaßnahmen. Ziel ist es, die Gewässerbelastung aufgrund von Regenwasserüberläufen zu verringern. Der BDEW begrüßt ausdrücklich das neu etablierte Instrument der ganzheitlichen Betrachtung der Regenwasserüberläufe in den jeweiligen Einzugsgebieten. Deutschland wendet dies in Form einer integralen Entwässerungsplanung bereits seit vielen Jahren in zahlreichen Einzugsgebieten an, entsprechende Erfahrungen liegen vor.
Die Erstellung der intergierten kommunalen Abwasserbewirtschaftung ist rechtlich verpflichtend zu erfüllen und an die Europäische Kommission zu übermitteln. Diese Pläne sind bis Ende 2033 bzw. Ende 2039 zu erstellen und müssen alle sechs Jahre aktualisiert werden. Das Ziel für Mischwasserüberläufe ist hingegen nur ein indikativer Richtwert und somit nicht rechtlich verpflichtend. Gesamthaft plädiert der BDEW deshalb mit Blick auf ein nur lokal zu erreichendes Optimum aus Emissions- und Immissionsbetrachtung für eine konsequente Anwendung des DWA-Regelwerks A 102 als Basis für eine aus Sicht des BDEW regelkonforme Umsetzung der Kommunalabwasserrichtlinie in deutsches Recht. Erfahrungen zeigen, dass das indikative Ziel einer Begrenzung der aus Misch- und Regenwasserüberläufen entlasteten Fracht auf nicht mehr als 2 % der Fracht bei Trockenwetter unverhältnismäßig niedrig und in bestehenden Netzen, insbesondere bei den Parametern CSB und AFS63, praktisch nicht zu erreichen ist.
Die Richtlinie unterstreicht die Wichtigkeit der Rückgewinnung insb. von Phosphor aus Abwasser und Klärschlamm. Mitgliedstaaten sind dazu angehalten, die Rückgewinnung und die Wiederverwendung unter Berücksichtigung von nationalen Verwertungsmöglichkeiten zu begünstigen. Die Kommission ist zudem befugt, bis Anfang 2028 einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, der eine kombinierte Mindestquote für die Wiederverwendung und das Recycling von Phosphor aus Klärschlamm und aus kommunalem Abwasser vorsieht. Aus BDEW-Sicht ist ein Marktzugang für den zurückgewonnen Phosphor zu schaffen, unter anderem durch eine EU-weite Zulassung als Düngemittel und durch Abbau bzw. Vermeidung wettbewerblicher Hindernisse. Um eine nachhaltige ökonomische Entwicklung der Phosphorverwertung gewährleisten zu können, wäre eine Möglichkeit, eine verbindliche Abnahmequote vorzusehen. Dies ist auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Lieferketten, der Minderung von Importabhängigkeiten und der in diesem Zusammenhang vorgesehenen Regelungen der EU-Kommission kohärent und zielführend. Gleichzeitig trägt dies zur Erreichung der Ziele im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft bei.
Kläranlagenbetreiber sind dazu verpflichtet, Informationen über die Sammlung und Behandlung von kommunalem Abwasser benutzerfreundlich, angemessen, leicht zugänglich und aktuell online zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus müssen sie die Verbraucher über ihren individuellen Verbrauch je Haushalt informieren. Dies soll jährlich geschehen und kann z. B. in leicht zugänglicher Form, beispielsweise auf der Rechnung oder aber digital erfolgen. Der BDEW betont, dass die zusätzlich bereitzustellenden Informationen einen klaren Mehrwert für die Verbraucher darstellen sollten. Dabei sollte das Prinzip der Verhältnismäßigkeit des administrativen Aufwands gewahrt werden. Deshalb hat sich der BDEW in der politischen Debatte seit Anbeginn für eine Kohärenz zu den Vorgaben der Trinkwasserrichtlinie (2020/2184/EU) ausgesprochen. Analog der Trinkwasserrichtlinie/Trinkwasserverordnung schlägt der BDEW vor, die Vorgaben mit einem Portal umzusetzen, wie es der BDEW hier bereits sehr erfolgreich eingeführt hat.
Die kommunale Abwasserrichtlinie (EU 2024/3019) legt den rechtlichen Rahmen für die Sammlung, den Transport und die Behandlung von kommunalem Abwasser fest. Sie bestimmt unterschiedliche Reinigungsstufen zur Einhaltung von Qualitäts- und Umweltstandards. Ziel ist ein hoher, harmonisierter Standard für die Sammlung und Reinigung von kommunalem Abwasser sowie der Gewässer- und Gesundheitsschutz in der Europäischen Union.
Die Überarbeitung erfolgte, um technische Fortschritte und neue Herausforderungen wie den Eintrag von Spurenstoffen im Abwasser (z. B. Arzneimittelwirkstoffe, Wirkstoffe von Kosmetika etc.) und Maßnahmen wie zum Beispiel die Energieeffizienz in die Richtlinie aufzunehmen. Mit der Überarbeitung wird Kohärenz zu bestehenden EU-Zielen hinsichtlich Schadstoffreduktion, Kreislaufwirtschaft und Energiewende hergestellt. Die Richtlinie trägt damit zu saubereren Gewässern und nachhaltiger Abwasserentsorgung bei.
Die EU-Richtlinie wurde am 12. Dezember 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und gilt seit dem 1. Januar 2025. Die verschiedenen Vorgaben sollen überwiegend stufenweise umgesetzt werden.
Ja, als EU-Richtlinie sind die Vorgaben für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Die Mitgliedstaaten müssen sie in nationales Recht übertragen und anwenden. Nationale Besonderheiten können in technischer Ausgestaltung variieren, dürfen allerdings im Ambitionsniveau nicht unter der Richtlinie zurückbleiben. Einheitliche Mindestanforderungen gewährleisten somit vergleichbare Gewässerschutzstandards in ganz Europa.
Gemäß Artikel 33 Absatz 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen bis spätestens 31. Juli 2027 in nationales Recht umsetzen. Ausnahmen für Fristverlängerungen sind nur in begründeten Härtefällen möglich. Aus Sicht des BDEW ist zügig mit einer 1:1-Umsetzung der Vorhaben in deutsches Recht zu beginnen. Nationale Sonderwege sollten vermieden werden.
Die 1. Reinigungsstufe umfasst mechanische Verfahren wie Siebung, Sandfang und Vorklärung zur Entfernung grober Feststoffe. In der 2. Stufe erfolgt die biologische Reinigung mittels Mikroorganismen zur Reduktion organischer Substanzen. Die 3. Reinigungsstufe nutzt chemisch-physikalische Verfahren wie Fällung oder Filtration, um Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor zu reduzieren. Gemeinsam bilden diese Stufen das herkömmliche Klärungsverfahren beim Abwasser.
Die 4. Reinigungsstufe ergänzt die vorhandenen Verfahren um weitergehende Prozesse zur Elimination von Spurenstoffen. Sie dient speziell der Entfernung von Arzneimittelrückständen, Kosmetika, Industriechemikalien u. a. unerwünschten Stoffen. Nach der kommunalen Abwasserrichtlinie müssen alle Kläranlagen über 150.000 Einwohnerwerte (EW) stufenweise bis Ende 2045 über eine 4. Reinigungsstufe verfügen. Bei kleineren Kläranlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW wird über den sog. risikobasierten Ansatz ermittelt, welche Kläranlagen ebenfalls auf eine 4. Reinigungsstufe aufrüsten müssen. Auch hier erfolgt der Ausbau stufenweise bis Ende 2045.
Typische Technologien sind Aktivkohle-Adsorption (PACS/GAC), Ozonung, UV/Oxidation und Membranverfahren wie Umkehrosmose. Aktivkohle bindet organische Spurenstoffe, Ozon und UV-kombinierte Oxidationsprozesse bauen Schadstoffe ab. Membranverfahren trennen Moleküle nach Größe und Ladung. Die Verfahren können auch miteinander kombiniert werden, um eine bessere Wirksamkeit zu erreichen. Die Wahl, welche Technologie angewendet werden soll, richtet sich nach den zu den entfernenden Stoffen, den Kosten, dem Energiebedarf, dem gewünschtem Reinigungsgrad und den lokalen Gegebenheiten. Der BDEW stellt in diesem Kontext klar, dass die Kläranlagenbetreiber bestmöglich dazu positioniert sind, diese Gegebenheiten regional- und kontextspezifisch abzuwägen und die angemessenste Technologie auszuwählen. Sie sollten in ihrer Entscheidungshoheit nicht eingeschränkt werden.
Die 4. Reinigungsstufe erhöht den Energiebedarf für Pumpen, Belüftung und Oxidationsanlagen typischerweise um 10 bis 30 %. Zudem entstehen Materialkosten für Aktivkohle, Ozon und Membranen. Betriebs- und Wartungsaufwand steigen durch komplexe Anlagentechnik. Auch wenn sich die Effizienz durch Prozessoptimierung verbessern lässt, ist mit der 4. Reinigungsstufe insofern ein erheblicher Mehrbedarf bei Energie und Materialien verbunden.
Entfernt werden Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände, Hormone, Pestizide und Industriechemikalien. Teilweise werden auch resistente Mikroorganismen und PFAS-ähnliche Verbindungen reduziert. Diese Stoffe können in den drei vorangehenden Reinigungsstufen nicht oder nur sehr unzureichend entfernt werden. Durch die 4. Reinigungsstufe wird insofern die Belastung sensibler aquatischer Ökosysteme deutlich gesenkt.
Die 4. Reinigungsstufe muss bei allen großen Kläranlagen (über 150.000 Einwohnerwerte) verpflichtend errichtet werden. Die Umsetzung erfolgt zeitlich gestaffelt ab 2033 bis Ende 2045. Mitgliedstaaten müssen für Gebiete mit Kläranlagen mittlerer Größe (10.000 bis 150.000 EW) Risikobewertungen erstellen und Prioritätsanlagen in sensitiven Gewässergebieten identifizieren (risikobasierter Ansatz). Ab 2033 beginnen die Ausbauziele der 4. Reinigungsstufe für diese Art der Kläranlagen. Stufenweise sollen bis Ende 2045 alle identifizierten Kläranlagen über die 4. Reinigungsstufe verfügen. Ein Monitoring- und Berichtssystem begleitet den Fortschritt.
Sofern für anliegende Gewässer der Kläranlage z. B. aus Gründen des Gewässerschutzes weitergehende Reinigungsmaßnahmen erforderlich sind, soll auch bei den Kläranlagen mittlerer Größe (10.000 bis 150.000 Einwohnerwerte) die Einführung einer 4. Reinigungsstufe geprüft werden. Dafür werden bspw. die Eintragsmengen von Spurenstoffen, Gewässerempfindlichkeit und naturschutzfachliche Aspekte sowie Nutzungsprofile wie die Trinkwassergewinnung und Badegewässernutzung bewertet. Kläranlagen in diesen Gebieten müssen dann nachgerüstet werden. Die Bewertungen müssen regelmäßig überprüft und aktualisiert werden. Der BDEW unterstützt den risikobasierten Ansatz ausdrücklich. Kläranlagen sollten nur dort ausgebaut werden, wo sie ökologisch oder nutzungsbezogen wirklich erforderlich und sinnvoll sind. Für die großen Kläranlagen (größer als 150.000 Einwohnerwerte) wird die 4. Reinigungsstufe grundsätzlich verpflichtend eingeführt.
Die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility - EPR) verpflichtet Produzenten zur Kostenübernahme für Entsorgungs- und Reinigungsprozesse ihrer Produkte. Sie überträgt sachgerecht finanzielle Lasten für Entsorgungsmaßnahmen von Produkten auf die Verursacher. Ziel ist es auch, umweltgerechteres Produktdesign (zum Beispiel bessere Abbaubarkeit in der Umwelt) und Reduktion von Schadstoffeinträgen zu fördern. In der Richtlinie ist EPR als Finanzierungsmechanismus für die 4. Reinigungsstufe verankert. Der BDEW unterstützt die Einführung der Herstellerverantwortung ausdrücklich und sieht dies als umweltökonomischen Meilenstein für eine moderne und verursachergerechte Abwasserbewirtschaftung der kommenden Jahrzehnte.
Hersteller und Importeure von Arzneimitteln und Kosmetikprodukten müssen sich in einer Organisation für Herstellerverantwortung organisieren. Sie zahlen einen Finanzierungsbeitrag basierend auf dem Schadstoffpotenzial und der Menge ihrer Produkte. Die Mittel werden wiederum an Kläranlagenbetreiber weitergegeben, um die 4. Reinigungsstufe auszubauen und zu betreiben. Die kommunale Abwasserrichtlinie sieht vor, dass EPR schrittweise auf weitere Produktgruppen ausgedehnt werden soll. Die Europäische Kommission plant hier eine regelmäßige Evaluierung. Der BDEW hebt hervor, dass auch die Abwasserwirtschaft in den Organisationen für Herstellerverantwortung vertreten sein muss. So kann sichergestellt werden, dass alle relevanten Akteure an der Umsetzung der Herstellerverantwortung beteiligt werden. Der BDEW setzt sich dabei für eine privatwirtschaftliche Lösung bspw. über einen Fonds ein und hat dazu bereits entsprechende Studien und die sog. Fonds-Lösung vorgelegt.
Gefördert werden Investitionskosten und Betriebskosten für die 4. Reinigungsstufe. Auch Kosten für die Überwachung von Mikroschadstoffen, Erhebung und Überprüfung von Daten der betroffenen Produkte sowie sonstige Kosten für die Wahrnehmung der erweiterten Herstellerverantwortung müssen abgedeckt werden. Der BDEW vertritt entsprechend des Richtlinientextes die Auffassung, dass für bereits ausgebaute Anlagen die Investitionskosten unter Berücksichtigung der Abschreibungen ebenfalls abgedeckt werden sollten.
Der BDEW schlägt eine privatwirtschaftliche Umsetzung durch das sog. Fonds-Modell vor. Verursacher zahlen dabei je nach Schädlichkeit und Menge ihrer auf den Markt gebrachten Stoffe/Produkte in einen Fonds, aus dem Gelder für die Einführung der 4. Reinigungsstufe an die Kläranlagenbetreiber fließt.
Das BDEW-Fondsmodell sieht einen branchenübergreifenden Fonds vor, in den Hersteller einzahlen. Der Fonds verwaltet Mittel zweckgebunden für die Umsetzung der 4. Reinigungsstufe. Er unterstützt Planung, Bau und Betrieb kommunaler Kläranlagen. Die Umsetzung des Fonds kann durch eine Vereinsstruktur operationalisiert werden.
Aus BDEW-Sicht fallen jegliche Investitions- und Betriebskosten der 4. Reinigungsstufe ab dem Inkrafttreten der europäischen Richtlinie, also dem 1.1.2025, unter die Herstellerverantwortung. Da die Herstellerverantwortung laut Richtlinientext bis zum 31.12.2028 einsatzbereit sein soll, würden aktuelle Kosten rückerstattet werden.
Eine Vorabinvestition wird vom BDEW nicht empfohlen. Die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und vor allem die Finanzierung durch die erweiterte Herstellerverantwortung sollten erst geklärt sein.
Energieneutralität bedeutet, dass Kläranlagen über das Jahr betrachtet auf nationaler Ebene mindestens so viel Energie erzeugen, wie sie verbrauchen. Dies kann durch Klärgasgewinnung, Nutzung von Klärschlamm und Energieeffizienzmaßnahmen erreicht werden. Ziel ist die Reduktion des externen Energiebezugs sowie einen Beitrag zu den Zielen des Green Deals der EU zu leisten. Zudem soll aus Sicht der Europäischen Kommission der Abwassersektor so nachhaltiger werden. Der BDEW setzt sich für einfache und pragmatische Lösungen ein, die auch die bisherige Praxis des Energiebezugs von Dritten als gleichrangige Lösung ansieht.
Ja, die Richtlinie erlaubt Abwasserentsorgungsunternehmen, Energie auch außerhalb des Kläranlagengeländes zu erzeugen. Der BDEW setzt sich für einfache und pragmatische Lösungen ein, die auch die bisherige Praxis des Energiebezugs von Dritten als gleichrangige Lösung ansieht. Der BDEW betont, dass es für Kläranlagenbetreiber auch möglich sein muss, sich anteilig an größeren Energieerzeugungsprojekten zu beteiligen und die produzierte Energie anteilig anrechnen zu lassen. Zudem unterstreicht der BDEW, dass die Erfüllung des Ziels auf nationaler Ebene erfolgen muss und nicht anlagenscharf auszulegen ist. Kleinere Kläranlagen verfügen bspw. über keine Klärschlammfaulung, da diese erst ab einer bestimmten Kläranlagengröße wirtschaftlich ist. Auch ist es nicht an jedem Standort möglich, zusätzlich Photovoltaik- oder Windkraftanlagen zu errichten. Es muss daher die Möglichkeit einer Bilanzierung auf nationaler Ebene gegeben sein.
Anlagen ab 10.000 EW müssen alle vier Jahre ein Energie-Audit durchführen. Die ersten Audits sind für Kläranlagen ab 100.000 EW bis Ende 2028 und für Kläranlagen zwischen 10.000 und 100.000 EW bis Ende 2032 durchzuführen. Auditberichte sind den Behörden vorzulegen. Empfohlene Maßnahmen werden in Aktionsplänen festgehalten. Folgeaudits prüfen die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen.
Die Richtlinie legt neue, strengere Grenzwerte für Gesamtstickstoff und Gesamtphosphor im gereinigten Abwasser fest. Konkret sind es für Phosphor Konzentrationswerte von 0,5 mg/l Pges für Anlagen größer 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 90 %) und 0,7 mg/l Pges für Anlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 87,5 %). Für Stickstoff sind es Konzentrationswerte von 8 mg/l Pges für Anlagen größer 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 80 %) und 10 mg/l Pges für Anlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW (oder eine Eliminationsrate von 80 %). Die Einhaltung ist gestaffelt bis Ende 2039 für alle Kläranlagen größer 150.000 EW verbindlich, Anlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW folgen ebenfalls gestaffelt bis Ende 2045. In Deutschland ist die dritte Reinigungsstufe bereits flächendeckend eingeführt. Mit der neuen Kommunalen Abwasserrichtlinie wird aber das zu erreichende Ambitionsniveau angehoben.
Die Richtlinie sieht die Beprobung der Nährstoffgehalte für Phosphor und Stickstoff vor. Dabei analysiert und repräsentiert zum Beispiel die sogenannte 24-Stunden-Mischprobe den täglichen Abwasserstrom durch kontinuierliche oder stündliche Entnahmen. Proben werden proportional zum Durchflussvolumen gemischt. Die Analyse erfolgt in akkreditierten Laboren auf Parameter wie CSB, N und P. Das Verfahren sichert aussagekräftige Messwerte unabhängig von Spitzenlasten. Während die europarechtlich vorgegebene Überwachung durch 24-Stunden-Mischproben auf Basis von Jahresmittelwerten erfolgt, nutzt einzig Deutschland bisher eine von den europarechtlichen Regelungen abweichende Überwachung auf Basis der qualifizierten Stichprobe bzw. eine 2-Stunden-Mischprobe auf Basis einer 4-aus-5-Regel. Der BDEW setzt sich für eine Umsetzung der europäischen Regelungen in Deutschland ein und damit für eine Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Methodik in Europa. Es ist Zeit, den deutschen Sonderweg zu beenden.
Die Richtlinie gibt vor, dass für Siedlungsgebiete mit mehr als 100.000 EW ein sogenannter integrierter Plan für die kommunale Abwasserbewirtschaftung erstellt wird. Dies gilt ebenso für Gebiete zwischen 10.000 und 100.000 EW anhand eines sogenannten risikobasierten Ansatzes. Hierbei werden die Auswirkungen auf die nachgelagerten Gewässer sowie die Nutzungsmöglichkeiten für die öffentliche Wasserversorgung geprüft und bewertet. Diese Pläne sind bis Ende 2033 bzw. Ende 2039 zu erstellen und müssen alle sechs Jahre aktualisiert werden. Nach der EU-Richtlinie soll der Mischwasserüberlauf der jährlich gesammelten kommunalen Abwasserfracht einen prozentualen Wert nicht überschreiten. Die Richtlinie spricht hier von einem nicht verbindlichen Richtziel von 2 Prozent, berechnet unter trockenen Witterungsverhältnissen. Dieser Widerspruch kann durch die Umsetzung einer Regelung erfolgen, die den Richtwert aufgrund der lokalen Gegebenheiten sachgerecht ableitet. Als Ergebnis können auch Werte von 3, 4 oder 5 Prozent sachgerecht sein.
Die Pläne bündeln Konzepte für Abwasser und Regenwasser in einer Gesamtstrategie und beinhalten Risikoanalysen, Infrastrukturplanung und Notfallmaßnahmen. Ziel ist es, die Gewässerbelastung aufgrund von Regenwasserüberläufen zu verringern. Der BDEW begrüßt ausdrücklich das neu etablierte Instrument der ganzheitlichen Betrachtung der Regenwasserüberläufe in den jeweiligen Einzugsgebieten. Deutschland wendet dies in Form einer integralen Entwässerungsplanung bereits seit vielen Jahren in zahlreichen Einzugsgebieten an, entsprechende Erfahrungen liegen vor.
Die Erstellung der intergierten kommunalen Abwasserbewirtschaftung ist rechtlich verpflichtend zu erfüllen und an die Europäische Kommission zu übermitteln. Diese Pläne sind bis Ende 2033 bzw. Ende 2039 zu erstellen und müssen alle sechs Jahre aktualisiert werden. Das Ziel für Mischwasserüberläufe ist hingegen nur ein indikativer Richtwert und somit nicht rechtlich verpflichtend. Gesamthaft plädiert der BDEW deshalb mit Blick auf ein nur lokal zu erreichendes Optimum aus Emissions- und Immissionsbetrachtung für eine konsequente Anwendung des DWA-Regelwerks A 102 als Basis für eine aus Sicht des BDEW regelkonforme Umsetzung der Kommunalabwasserrichtlinie in deutsches Recht. Erfahrungen zeigen, dass das indikative Ziel einer Begrenzung der aus Misch- und Regenwasserüberläufen entlasteten Fracht auf nicht mehr als 2 % der Fracht bei Trockenwetter unverhältnismäßig niedrig und in bestehenden Netzen, insbesondere bei den Parametern CSB und AFS63, praktisch nicht zu erreichen ist.
Die Richtlinie unterstreicht die Wichtigkeit der Rückgewinnung insb. von Phosphor aus Abwasser und Klärschlamm. Mitgliedstaaten sind dazu angehalten, die Rückgewinnung und die Wiederverwendung unter Berücksichtigung von nationalen Verwertungsmöglichkeiten zu begünstigen. Die Kommission ist zudem befugt, bis Anfang 2028 einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, der eine kombinierte Mindestquote für die Wiederverwendung und das Recycling von Phosphor aus Klärschlamm und aus kommunalem Abwasser vorsieht. Aus BDEW-Sicht ist ein Marktzugang für den zurückgewonnen Phosphor zu schaffen, unter anderem durch eine EU-weite Zulassung als Düngemittel und durch Abbau bzw. Vermeidung wettbewerblicher Hindernisse. Um eine nachhaltige ökonomische Entwicklung der Phosphorverwertung gewährleisten zu können, wäre eine Möglichkeit, eine verbindliche Abnahmequote vorzusehen. Dies ist auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Lieferketten, der Minderung von Importabhängigkeiten und der in diesem Zusammenhang vorgesehenen Regelungen der EU-Kommission kohärent und zielführend. Gleichzeitig trägt dies zur Erreichung der Ziele im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft bei.
Kläranlagenbetreiber sind dazu verpflichtet, Informationen über die Sammlung und Behandlung von kommunalem Abwasser benutzerfreundlich, angemessen, leicht zugänglich und aktuell online zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus müssen sie die Verbraucher über ihren individuellen Verbrauch je Haushalt informieren. Dies soll jährlich geschehen und kann z. B. in leicht zugänglicher Form, beispielsweise auf der Rechnung oder aber digital erfolgen. Der BDEW betont, dass die zusätzlich bereitzustellenden Informationen einen klaren Mehrwert für die Verbraucher darstellen sollten. Dabei sollte das Prinzip der Verhältnismäßigkeit des administrativen Aufwands gewahrt werden. Deshalb hat sich der BDEW in der politischen Debatte seit Anbeginn für eine Kohärenz zu den Vorgaben der Trinkwasserrichtlinie (2020/2184/EU) ausgesprochen. Analog der Trinkwasserrichtlinie/Trinkwasserverordnung schlägt der BDEW vor, die Vorgaben mit einem Portal umzusetzen, wie es der BDEW hier bereits sehr erfolgreich eingeführt hat.