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Aufbau der Stromversorgung und resiliente Schutzsysteme

Starkregen und Hochwasser haben im westlichen Rheinland und in Teilen von Rheinland-Pfalz zahlreiche Menschen von der lebensnotwendigen Stromversorgung abgeschnitten. Die Wiederherstellung der Stromversorgung erfolgt im Rekordtempo. Die Energieversorger planen den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur.

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© Djordje Savic / picture alliance

Für die Stromversorger in den betroffenen Gebieten erforderten die ersten Maßnahmen nach dem Hochwasser Improvisation und Höchsteinsatz. Monteure waren überall unterwegs, um die Stromversorgung wieder herzustellen, dafür mussten Anschlüsse, Netzstationen, Umspannanlagen, Hoch-, Mittel- und Niederspannungsleitungen wieder instandgesetzt und stabilisiert werden. Beispielsweise waren bei Westenergie AG/ Westnetz GmbH, dem größten Energieversorger und Verteilnetzbetreiber in der Region, viele Anlagen durch die Flut komplett zerstört worden. Durch die Reparatur und Wiederinbetriebnahme ausgefallener Anlagen und starker Unterstützung von Partnerunternehmen aus anderen Bundesländern und Installateuren vor Ort gelang es, innerhalb weniger Wochen mehr als 99 Prozent der Menschen in den betroffenen Regionen wieder mit Strom zu versorgen.

Vielfach konnte das Netz wegen großer Schäden aber lediglich provisorisch aufgebaut werden. Nur durch den Einsatz von Notstromaggregaten oder mobilen Trafostationen etwa kann die Stromversorgung derzeit gesichert werden, so die Westenergie AG. Diese provisorische Netzstruktur sei aber weiterhin störungsanfällig und wartungsintensiv.

überschwemmte Straße mit Häusern
Rund 40.000 Menschen sind von den Folgen des verheerenden Hochwassers und der Flut betroffen. Viele Versorgungssysteme müssen überbrückt werden. © M. Volk/ Shutterstock


Im bevorstehenden Winter muss die Stromversorgung Provisorien und zusätzlich eine höhere Auslastung verkraften. Nach der akuten Notversorgung werden die Energieversorger und Betreiber der Verteilernetze so vor weitere Herausforderungen gestellt: Um ihre in der Unwetterkatastrophe überfluteten Häuser wieder zu trocknen, setzen viele Menschen in den betroffenen Regionen Bautrockner und Heizgeräte ein. „Das provisorisch wiederhergestellte Niederspannungsnetz ist dadurch zusätzlich starken Belastungen ausgesetzt. Diese Lastspitzen sind teilweise sogar noch deutlich höher als vor der Unwetterkatastrophe. Dies hat in den Hochwassergebieten bereits zu Stromausfällen wegen einer Überbelastung des Netzes geführt“, erklärt der vom Hochwasser betroffene Verteilnetzbetreiber Westnetz.

Stärkere Transformatoren oder zusätzliche Notstromaggregate etwa sollen kurzfristig Überlastungen entgegenwirken. Diese Aggregate sind in der Niederspannung an Kabelverteilerschränke oder Netzstationen angeschlossen und entlasten vor allem hoch belastete Leitungen und Stationen. Mit weiteren Netzbelastungen für die anstehende Heizsaison ist etwa durch die Inbetriebnahme von Elektro-Heizungen oder Durchlauferhitzern zu rechnen. Neben der Strominfrastruktur wurde auch die Gasversorgung in weiten Teilen der Katastrophengebiete stark beschädigt. Da zusätzlich in zahlreichen Haushalten auch die Ölheizkessel zerstört wurden, können viele Menschen nicht mehr auf ihre bisherige Wärmeaufbereitung zurückgreifen.

Somit ist das Heizen mit Strom im bevorstehenden Winter die naheliegende Alternative. Durch diese absehbare Doppelbelastung aus Heizen und Trocknen können an zahlreichen Stellen im Netz außergewöhnliche Belastungen entstehen, erklärt der Energieversorger. Umfangreiche Vorbereitungen werden deshalb bereits jetzt gemeinsam ergriffen, um den Menschen im Flutgebiet zum bevorstehenden Winter Wärme spenden zu können.

Parallel zur Stabilisierung und zeitnahen Entstörung der Netze wird daher bereits seit einigen Wochen am Wiederaufbau einer regulären Stromversorgung gearbeitet. Ziel ist es, den Neuaufbau in den betroffenen Gebieten zeitnah und vor allem nachhaltig umzusetzen.

Dabei wird verstärkt auf digitale Lösungen gesetzt. Der Energieversorger hat bereits die Voraussetzungen für den Wiederaufbau definiert: Oberster Grundsatz ist eine hochwasserfeste, resiliente und intelligente Ausgestaltung des künftigen Stromnetzes. Hochwasserfest bedeutet, dass die technischen Anlagen auch bei einer Überflutung durch entsprechende Vorkehrungen voll verwendungsfähig bleiben sollen, resilient, dass diese nach Hochwasser schnell und ohne hohen Aufwand wieder in Betrieb genommen werden können. Um das Netz zukünftig besser steuern zu können, sollen digitale Ortsnetzstationen eingesetzt werden. Darüber hinaus wird das Netz für den verstärkten Hochlauf der Elektromobilität ausgelegt.

Auf dieser Grundlage startet nun der Aufbau der durch die Unwetterkatastrophe beschädigten Stromnetze. Ungeachtet der noch ausstehenden Klärungen zu Förderungen, Inanspruchnahme von Aufbau-Fonds oder der regulatorischen Behandlung des Wiederaufbaus hat Westnetz bereits mit den Arbeiten begonnen. Dabei stimmen sich die Teams intensiv mit den Aufbaubeauftragten der Länder und der Kreise sowie den lokalen Behörden ab und arbeiten gleichzeitig mit den Infrastrukturanbietern der Gasversorgung und Telekommunikation zusammen. Ziel ist der Abschluss der Neubaumaßnahmen bis Mitte 2023. Die Umsetzung soll trotz des zeitlichen Drucks unter den strengen Qualitätsvorgaben zukunftsgerichtet erfolgen: Der Neuaufbau wird organisiert und dokumentiert, dass die konkrete Ausgestaltung modellhaft auch auf andere Standorte und Regionen übertragbar ist.

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