Wasserwirtschaft in Europa

Handlungsempfehlungen der deutschen

Wasserwirtschaft für die EU-Wahl 2024

Auch für die Wasserwirtschaft setzt die Europäische Union wichtige Rahmenbedingungen. Beispiele hierfür sind die EU-Richtlinien für Trinkwasser, Abwasser und Nitrat sowie die übergeordnete Wasserrahmenrichtlinie. Dabei zeigt sich: Viele Herausforderungen lassen sich in einem gemeinsamen europäischen Rechtsrahmen besser und effizienter lösen. Dies gilt insbesondere für die Umsetzung des Verursacherprinzips im Rahmen der Herstellerverantwortung.

Wasser: ein notwendiger Fokus der nächsten Legislaturperiode

Die aktuellen Herausforderungen, denen sich die Wasserwirtschaft gegenübersieht, müssen auch schwerpunktartig in der kommenden Legislaturperiode der EU behandelt werden.

Der BDEW setzt sich dabei auf europäische Ebene für ambitionierte und gleichzeitig praxisorientierte Vorgaben ein, die für den größtmöglichen Gewässerschutz sorgen und die bestehenden Herausforderungen ganzheitlich betrachten. Denn für einen guten Zustand unserer Gewässer bedarf es der Anstrengung aller Sektoren.

Es ist und bleibt wichtig, dass die EU stringent das Verursacherprinzip umsetzt und so zu einer Vermeidung an der Quelle beiträgt. Damit werden auch unverhältnismäßige Belastungen der Bevölkerung für Aufbereitung und Entsorgung vermieden.

Für die neue Legislaturperiode braucht es daher die richtigen Rahmenbedingungen und Weichenstellungen. Dazu gehören:

11 Empfehlungen der deutschen Wasserwirtschaft für die Legislaturperiode 2024 bis 2029

Abwasser: Mit der kommunalen Abwasserrichtlinie wurde der Grundstein für die Einführung der Herstellerverantwortung und somit der Umsetzung des Verursacherprinzips in der Abwasserwirtschaft gelegt. Dies ist ein Meilenstein die statt der anreizorientierte, marktwirtschaftliche Vermeidung von Schadstoffeinträgen. Nun muss die endgültige Verabschiedung im europäischen Rechtsetzungsverfahren schnellstmöglich erfolgen. Darüber hinaus muss die EU-Kommission die nationale Umsetzung zügig, transparent, unbürokratisch und innerhalb der Mitgliedstaaten kohärent sicherstellen und koordinieren. Der BDEW hat bereits im Vorfeld mit dem sogenannten Fondsmodell eine praxisorientierte und unbürokratische Lösung für die Herstellerverantwortung mit Anreizwirkung zur Reduktion kritischer Stoffe entwickelt. In mehreren Studien konnte die praktische Anwendung anhand von Beispielstoffen und Beispielrechnungen dargelegt werden. Somit könnte die Umsetzung in Deutschland mithilfe des Fondsmodells zeitnah erfolgen.

Trinkwasser: Vor dem Hintergrund der zunehmenden Belastung von Trinkwasserressourcen mit PFAS und anderen Spurenstoffen, bedarf es auch in der Trinkwasserversorgung der Einführung einer verursachungsgerechten Herstellerverantwortung. Die steigenden Kosten für die Trinkwasseraufbereitung, z. B. durchhöhere Anforderungen an die Trinkwasseraufbereitung, dürfen nicht auf die Bevölkerung umgewälzt werden, die nicht Verursacher der Verschmutzung ist. Durch die finanzielle Beteiligung der Hersteller an den Trinkwasseraufbereitungskosten wird ein nachhaltiger Anreiz geschaffen, um das Prinzip der Vermeidung an der Quelle effektiv umzusetzen. Dies sollte in europäischen Rechtsakten, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von PFAS-Einträgen in die Umwelt, nun auch für den Trinkwassersektor verbindlich verankert werden.

PFAS ist eine Stoffgruppe von bereits mehr als 10.000 synthetischen, nahezu unzerstörbaren, sehr mobilen Chemikalien. PFAS sind bereits weltweit in Wasserressourcen, in Böden, in der Luft sowie im Blut aller Menschen nachweisbar und können eine human wie auch ökotoxikologische Gefährdung darstellen.

Menschen können PFAS sowohl über Nahrungsmittel und Trinkwasser als auch über die Atemluftaufnehmen. Im Hinblick auf die vom Menschen aufgenommene Gesamtmenge der vier wichtigsten, sich im Körper anreichernden PFAS (PFAS-4), stellte das Bundesinstitut für Risikobewertung 2021 unter Verwendung der Daten aus den Überwachungsprogrammen der Bundesländer fest, dass die in Deutschland tatsächlich täglich aufgenommene PFAS-4-Menge bereits über dem toxikologisch empfohlenen Wert liegt und Nahrungsmittel in der Regel die größte PFAS-4-Expositionsquelle für den Menschen sind.

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die wissenschaftliche Evidenz, dass PFAS sich weiter überall in der Umwelt und in Organismen über die nächsten Jahrzehnte anreichern, kann ein End-of-Pipe-Ansatz im Sinne von nicht zu überschreitenden Konzentrationswerten für PFAS im Trinkwasser wie auch in Nahrungsmitteln langfristig weder effektiv noch mit technisch verhältnismäßigem Aufwand die gewünschte Zielsetzung erfüllen. Zur wirksamen Verringerung der Gesamtexposition von PFAS für den Menschen muss deshalb insgesamt die ubiquitäre PFAS-Belastung der Umwelt und damit der Eintrag von PFAS in die Umwelt direkt an der Quelle verringert bzw. vermieden werden. Deshalb ist ein umfassendes Verbot von PFAS die richtige Strategie. Ein erfolgreicher Ansatz kann hier nur auf europäischer Ebene und für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen geltend gefunden werden.

Für die Umsetzung des aktuell diskutierten EU-weiten PFAS-Beschränkungsvorschlags hat der BDEW daher pragmatische Lösungen erarbeitet, die mit dem Schutz der Bestandsanlagen, Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen sowie Best-Practice-Beispielen sowohl im Einklang mit den Zielen der Energiewende sind als auch die enormen Herausforderungen für die Wasserwirtschaft in den Blick nehmen.

Hierzu gehört auch die Notwendigkeit einer verursachergerechten Finanzierung von Trinkwasseraufbereitungskosten durch einen Fonds im Sinne der Erweiterten Herstellerverantwortung. Die Erweiterte Herstellerverantwortung kann für die Verursacher von PFAS-Belastungen nicht nur wirksame Anreize schaffen, den Eintrag von PFAS in die Umwelt zu vermeiden, sondern gleichzeitig auch umweltschonende Alternativen zu entwickeln. Eine Lizenz zur Verschmutzung durch PFAS darf es nicht mehr geben. Ein BDEW-Rechtsgutachten zeigt, dass eine verursachungsgerechte Kostenübernahme der Hersteller für Verschmutzungen durch PFAS schon jetzt nach EU-Recht umsetzbar ist.

Die Nitratverschmutzung ist weiterhin ein zentrales Problem für den Gewässerschutz. Um dem entgegenzuwirken, wurde am 12. Dezember 1991 die Nitratrichtlinie (91/676/EWG) eingeführt, mit dem Ziel, die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachten oder ausgelösten Gewässerverunreinigungen zu verringern und vorzubeugen. Seit Inkrafttreten der Nitratrichtlinie sind die Nitrateinträge zwar verringert worden, jedoch führen die bisherigen Minderungsmaßnahmen nicht zur Zielerreichung von dem in der Richtlinie vorgesehenen Wert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter für die Grundwasserkörper.

Im Sinne einer nachhaltigen und gewässerverträglichen Landwirtschaft bedarf es daher einer konsequenten Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie in allen Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission ist gefordert, ein Monitoring zur Umsetzung der Nitratrichtlinie in der EU durchzusetzen und ggf. die Mitgliedstaaten zur Effektuierung der Nitratminderung aufzufordern. Dazu zählt auch, auf die Umsetzung rechts-kräftiger Gerichtsurteile, wie das EuGH-Urteil vom 21. Juni 2018 (Nitratrichtlinie), hinzuwirken. Dabei ist klar herauszustellen, dass die vor über 30 Jahren eingeführte Nitratrichtlinie bis heute alle relevanten Probleme deutlich benennt und die notwendigen Minderungsmaßnahmen fordert.

Neben Nitrat gelangen aber auch vermehrt Pflanzenschutzmittel in die Diskussion, da deren Abbau-produkte (Metaboliten) im Spurenstoffbereich flächendeckend nachgewiesen werden können. Damit ist klar, dass auch bei ordnungsgemäßer Anwendung Metabolite in das Grundwasser gelangen können. Dies zeigt, dass dringend eine gesamtgesellschaftliche Diskussion mit allen beteiligten Akteuren geführt werden muss.

Aus diesem Grund sind Initiativen aus der jetzigen Legislaturperiode, wie bspw. der Richtlinienvorschlag zum Bodenmonitoring, weiter zu verhandeln und mit angemessenen Ambitionsniveaus umzusetzen. Der vorliegende Legislativvorschlag für eine Richtlinie zur Bodenüberwachung und -resilienz (COM(2023) 416) hebt Boden richtigerweise auf das gleiche rechtliche Schutzniveau wie Luft und Wasser. Die vom BDEW empfohlene adäquate Umsetzung des Verursacherprinzips für die Gesundheit der europäischen Böden, beinhaltet u. a. die konkrete Festlegung von Grenzwerten für Schadstoffeinträge, die kohärente Begrenzung von Flächenversiegelungen sowie eine nachhaltige Landwirtschaft.

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Dürren, Waldbrände, aber auch Überschwemmungen durch massive Regenfälle zeigen deutlich, dass der Klimawandel voranschreitet mit wachsenden Schäden und Folgen, die auch unmittelbar die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung betreffen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Wasserwirtschaft in Europa resilient aufgestellt werden. Dies betrifft insbesondere Maßnahmen zur Sicherstellung des Trinkwasserangebotes, darunter auch die Notwendigkeit von Anpassungen auf der Nachfrageseite. Um dies ganzheitlich beurteilen und im Interesse der Versorgungssicherheit steuern zu können, ist unbedingt eine lückenlose Erfassung und Transparenz aller Entnahmen notwendig. Bei Wassermangelsituationen muss ein Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung vor anderen Nutzungen gelten.

Darüber hinaus muss die Qualität der Gewässerressourcen abgesichert und weiterhin priorisiert werden. Neue Schadstoffeinträge müssen entlang des Vorsorgeprinzips an der Quelle vermieden werden. Die bestehenden europäischen Rechtsakte bezüglich Wasser und Gewässerschutz müssen uneingeschränkt umgesetzt und angewendet werden.

Die Auswirkungen der durch den Klimawandel verursachten Trockenphasen auf die Wasserversorgung sind bereits an vielen Stellen in Deutschland und Europa sichtbar und werden absehbar noch deutlich stärker. Das macht einen erheblichen Aus- und Umbau der Wasserinfrastruktur notwendig. Dies umfasst auch Abwasserinfrastrukturen mit Trenn- und Mischkanalisation, Hochwasserschutzanlagen sowie Regenüberlaufbecken.

Im Hinblick auf den steigenden Bedarf haben Verbund- und Wasserfernleitungen eine zentrale Bedeutung. Die EU kann hier entscheidende Weichen stellen, indem sie Beschleunigungsverfahren analog derer von Erneuerbaren Energien auf europäischer Ebene einführt. Aber auch politische Initiativen, wie Aufklärungsarbeit und Kampagnen, tragen dazu bei, in der Bevölkerung für mehr Akzeptanz und Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahmen zu werben.

Eine nachhaltige Gewässerschutzpolitik muss insbesondere die Möglichkeiten verbessern, Wasserressourcen zu erneuern. Im Vordergrund muss dabei die Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche stehen. Es braucht einen systemischen Ansatz mit städteplanerischen Eingriffen, um einerseits den Schaden durch Extremniederschläge möglichst gering zu halten und andererseits Regenereignisse aufzufangen und bspw. über Versickerungsflächen gezielt dem Grundwasser zuzuführen. Entscheidend hierbei ist jedoch ein nachhaltiger Umgang mit Flächen, der insbesondere auf einen deutlichen Rückgang der Neuinanspruchnahme sowie der Versiegelung abzielen muss. Das Schadenspotenzial durch Starkregenfälle steigt ebenso wie das Risiko der Versorgungssicherheit bei längerer Trockenheit, wenn Versickerungsflächen fehlen und Wasserressourcen sich nur schwer erneuern können. Nicht zuletzt kann mit der Begrünung von Dächern und Fassaden das Stadtklima in zunehmenden Hitzezeiten verbessert werden. All diese Maßnahmen folgen, vielfach von Unternehmen der Trink- und Abwasserwirtschaft initiiert, der Umsetzung des sogenannten Schwammstadtkonzeptes.

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Die Sicherstellung der Wasserversorgung ist eine ganzheitliche Aufgabe, die auch über die Wasserwirtschaft hinaus viele Sektoren betrifft. So sollte bspw. in Industrie- und Gewerbeanlagen die zukünftige Nutzung von Wasser mit der Nutzung von Best-Practice-Ansätzen in vergleichbaren Industrie- und Gewerbeanlagen verknüpft werden. Dies gilt insbesondere für die Neuansiedlung. Dabei ist darüber hinaus auch ein Umdenken der Genehmigungspraxis erforderlich: Erst wenn die Verfügbarkeit von Wasser sichergestellt ist, sollte, insbesondere bei industriellen Großprojekten, eine Genehmigung erfolgen – und nicht umgekehrt. Dies muss auch auf europäischer Ebene bedacht und verpflichtend im Acquis der EU verankert werden.

In der Landwirtschaft ist außerdem mit einem zunehmenden Wasserbedarf bei der Bewässerung zurechnen. Dabei darf vor dem Hintergrund des Klimawandels aber nicht einfach eine Fortschreibung der Beregnungstechniken und Einsatzzeiten erfolgen. Vielmehr müssen Maßnahmen gezielt gefördert werden, die nach dem Best-Practice-Ansatz Lösungen anderer Länder adaptieren (wie z. B. Israel) und diese in Europa einführen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass zukünftig der Pflanzenanbau mit Kulturpflanzen erfolgt, die einen geringeren Wasserbedarf in regenarmen Gebieten benötigen. Die EU ist dabei in einer besonders günstigen Lage, einen aktiven Erfahrungsaustausch zu moderieren und eine erhebliche Lenkungswirkung im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik zu ermöglichen.

Die EU sollte weiterhin einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser unterstreichen und einen ganzheitlichen Ansatz bei der Bewältigung der mit dem Klimaschutzverbundenen Herausforderungen vorgeben. Die Water Resilience Initiative sollte deshalb zeitnahverabschiedet und mit hoher Priorität umgesetzt werden.

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Wie in der neuen Kommunalabwasserrichtlinie bestätigt, stellt Klärschlamm eine wichtige Ressource dar. In Deutschland gilt durch die Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung bereits die Verpflichtung, den im Abwasser enthaltenen und im Klärschlamm eingebundenen Phosphorzurückzugewinnen. Auch die Kommission ist zukünftig über delegierte Rechtsakte ermächtigt, Rückgewinnungsraten für Phosphor festzulegen. Um das damit verbundene Potenzial aber vollumfänglich auszunutzen, muss sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene dafür gesorgt werden, dass der zurückgewonnene Phosphor verwertet werden kann. Dafür ist ein Marktzugang zu schaffen, unter anderem durch eine EU-weite Zulassung als Düngemittel und durch Abbau bzw. Vermeidung wettbewerblicher Hindernisse. Um eine nachhaltige ökonomische Entwicklung der Phosphorverwertung gewährleisten zu können, wäre eine Möglichkeit, eine verbindliche Abnahmequote vorzusehen. Dies ist auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Lieferketten, der Minderung von Importabhängigkeiten und der in diesem Zusammenhang vorgesehenen Regelungen der EU-Kommission kohärent und zielführend. Gleichzeitig trägt dies zur Erreichung der Ziele im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft bei.

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Klärschlamm stellt nicht nur im Hinblick auf Phosphorrückgewinnung, sondern auch als Energieträger eine wichtige Ressource dar. Vor dem Hintergrund, dass Abwasserunternehmen mit ihren Netzen und Anlagen einerseits erhebliche Energiebedarfe haben, um eine hohe Qualität der Reinigungsleistungen und Ablaufsicherheit gewährleisten zu können, und andererseits gleichermaßen gehalten sind, im Interesse des Klimas Emissionen zu senken, kommt der Energierückgewinnung aus Klärschlämmen eine hohe Bedeutung zu. Dies gilt erst recht mit der Ausrichtung der neuen kommunalen Abwasserrichtlinie, nach der viele Unternehmensstandorte zukünftig eine vierte Reinigungsstufe errichten müssen, die neben Investitionsbelastungen dauerhaft auch erhebliche Steigerungen des Energiebedarfes nach sich ziehen.

Umso unverständlicher ist vor diesem Hintergrund, dass der Einsatz von Klärgas in Blockheizkraftwerken (BHKW), auch bei kompletter Eigennutzung der Energie, ab 2024 der Stromsteuer unterliegt. Dies gefährdet nicht nur die Wirtschaftlichkeit von Bestandsanlagen (v. a. Faulungstechnologie, BHKW) und führt zu weiteren Belastungen von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen im jeweiligen Einzugsgebiet der Kläranlagen, sondern verhindert auch weitergehende Investitionen in diese grundlastfähige, bezahlbare und klimafreundliche Energierückgewinnung. Weil diese Neuregelung in der Einordnung von Klärgas auf EU-Ebene nicht zuletzt auch der gesetzlich eingeforderten Eigenenergieerzeugung der kommunalen Abwasserrichtlinie völlig entgegensteht, sollte der bis zum letzten Jahr geltende Status der beihilferechtlichen Freistellung von der Stromsteuer wiederhergestellt werden.

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Die Einführung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gilt zu Recht als Meilenstein für die europaweit nachhaltige Entwicklung in der Wasserwirtschaft. Auch wenn einige zeitliche wie inhaltliche Zielsetzungen im Ambitionsgrad und in der Beeinflussbarkeit für die Wasserwirtschaft (noch) nichterreicht werden können, wurden entlang der Flusseinzugsgebiete gemeinsam große Fortschritte erzielt. Nicht umsonst besteht im Hinblick auf diese sogenannte Mutterrichtlinie auch internationalgroßes Interesse.

Um den auch für Deutschland notwendigen Gewässerschutz europaweit weiter mit Priorität im Fokus zu halten, erachtet es der BDEW für zwingend, die europäische Wasserrahmenrichtlinie als modernes Steuerungsinstrument grenzübergreifenden Gewässerschutzes, auch über den dritten Bewirtschaftungszeitraum 2027 hinaus, in geeigneter Weise fortzusetzen. Ziel muss es sein, eine modernisierte und reformierte Anschlussvereinbarung zu treffen, über welche die relevanten Themen der Verhinderung von Schadstoffeinträgen, der Anpassung an den Klimawandel, des Umgangs mit der Gewässermorphologie und andere relevante Themen dauerhaft im Mittelpunkt bleiben.

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Mit CSRD und Taxonomie hat die EU wesentliche Weichen in Richtung Nachhaltigkeitssteuerung für viele Unternehmen, darunter auch die der Wasserwirtschaft, etabliert und entwickelt. Über kommunale Verpflichtungen, v. a. aber über die Inanspruchnahme von Finanzierungs- und Fördermitteln sowie entlang der Lieferkette über Partnerunternehmen sind auch viele kleine und mittlere Unter-nehmen mittelbar zur Nachhaltigkeitsberichterstattung angehalten.

Auch wenn die Wasserwirtschaft die Zielsetzung der Nachhaltigkeitsorientierung und der internen Unternehmenssteuerung ausdrücklich begrüßt, plädiert der BDEW dafür, diese Steuerungsinstrumente von unnötiger Komplexität zu befreien und in jedem Fall kohärent miteinander zu verzahnen, um unnötigen bürokratischen Aufwand auf der Unternehmensseite zu vermeiden. Der BDEW setzt sich dafür ein, dass neben einer möglichst schlanken Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zugleich ein Mehrwert für die Unternehmen entsteht, indem die Kriterien insbesondere bei der Wesentlichkeitsanalyse so gewählt und ausgewertet werden, dass sie zugleich eine effiziente Unternehmenssteuerung ermöglichen. Zusammen mit anderen Verbänden der Wasserwirtschaft erarbeitet der BDEW einen Leitfaden, der diese Anforderungen erfüllen soll und eine Arbeitshilfe auch für viele mittelbar betroffene kleine und mittlere Unternehmen darstellt. Diese aus der Wesentlichkeitsanalyse, auf der Basis der geltenden ESRS ermittelten Indikatoren, sollen im weiteren europäischen Prozess als sektorspezifische Standards Anerkennung finden und damit die für 2026 angekündigten Sektorstandards der EFRAG für die Wasserwirtschaft obsolet machen.

Aktuelle klimawissenschaftliche Studien weisen darauf hin, dass zur Erreichung der Klimaziele natürliche und technische Senken für unvermeidbare bzw. schwer vermeidbare CO2-Emissionen, beispiels-weise Prozessemissionen aus industriellen oder landwirtschaftlichen Quellen, notwendig sein werden. Der Erhaltung und Wiederherstellung natürlicher Senken, wie Wälder, Moore und Grünland, kommt dabei nicht nur als Kohlenstoffsenken, sondern auch im Zuge des Schutzes der Wasserressourcen und der Biodiversität erhebliche Bedeutung zu. Die Wasserwirtschaft im BDEW unterstützt deshalb Strategieansätze, die, so wie in der nationalen Wasserstrategie angestrebt, o. g. Naturräume schützen bzw., wenn möglich, auch wieder herstellen.

Technische Senken im Sinne von CCS/CCU-Technologien (Carbon Capture and Storage/Utilization) beschreiben Abscheideverfahren von CO2und seine anschließende Nutzung in industriellen Prozessen (Carbon Capture and Utilization) oder seine dauerhafte Speicherung unter der Erdoberfläche oder in Meeresböden (Carbon Capture and Storage).

Der BDEW beteiligt sich aktiv an den Beratungen für eine Carbon Management-Strategie und hat eine pragmatische Herangehensweise erarbeitet, welche die Ziele der Energie- und Wasserwirtschaft in Einklang bringt und auch im europäischen Kontext Relevanz hat. Ein wichtiger Aspekt aus Sicht der Energiewirtschaft ist die Schaffung der rechtlichen und regulatorischen Grundlagen, insbesondere für den Aufbau einer CO2-Transportinfrastruktur.

Zum Schutz der Grundwasserressourcen sowie zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung sind in Deutschland, angesichts einer hohen Bevölkerungsdichte sowie des Vorkommens bestimmter tektonischer und seismischer Gegebenheiten, Lagerstätten für die nationale unterirdische Onshore-Speicherung von CO2nach Auffassung des BDEW nicht zu berücksichtigen. Selbstverständlich hat die ambitionierte Vermeidung von Treibhausgasemissionen weiterhin die höchste Priorität vor der Nutzung technischer Senken. Der Schutz der Wasserressourcen ist hierbei unter allen Bedingungen auch in Überlegungen auf europäischer Ebene sicherzustellen.

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