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BDEW-EY Survey: Energiebeschaffung zwischen Evolution und Revolution

Die Energiebeschaffung der Zukunft soll nachhaltig und krisenresilient sein. Wie Versorger und Industrie das erreichen wollen untersucht EY in Kooperation mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft

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© Thanakorn.P / Shutterstock

Krisenzeiten gelten als Zeiten des Umbruchs und Aufbruchs. Dies gilt insbesondere für die Energiewirtschaft in Europa, die sich seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 in einem verschärften Krisenzustand befindet. Der Hochpreisphase vom Herbst 2021 folgten die Preisexplosionen an den Energiemärkten mit dem Stopp der russischen Erdgaslieferung im Verlauf des Jahres 2022. Historische Großhandelsstrompreise an den Spotmärkten von bis zu 850 Euro/MWh stürzten etablierte Versorgungsunternehmen in Liquiditätsengpässe, die teilweise bis zur Verstaatlichung führten. Energieintensiven Unternehmen drohte der Produktionsstopp. Haushaltskunden, deren Verträge aufgekündigt wurden, sahen sich einer inflationären Preisentwicklung ausgeliefert. Der russische Einmarsch in die Ukraine markierte damit nicht nur den geopolitischen Wendepunkt der europäischen Außenpolitik, sondern begründete gleichsam die Verschiebung der energiepolitischen Zielsetzung in Europa.

Statt Umweltverträglichkeit lag der Fokus zunächst auf Versorgungssicherheit um jeden Preis. Getrieben von den Umbrüchen der Krisenereignisse folgten aus unterschiedlichen politischen Lagern Forderungen nach umfangreichen Markteingriffen. Daraufhin wurden Gas- und Strompreisbremsen eingeführt, Erlösobergrenzen festgesetzt und diverse Ansätze diskutiert, um die Bezahlbarkeit von Energie zu gewährleisten und den Befürchtungen einer möglichen Deindustrialisierung und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Noch nie waren Energiehandel und Energiebeschaffung in Deutschland wesentlicher für die Gesellschaft als in den vergangenen zwei Jahren. Doch folgt diesen Umbrüchen nun auch der Aufbruch in eine krisenresiliente Energiebeschaffung, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernt und gleichzeitig die Energiewende meistert? Mit der Ambition in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz), das Pariser Klimaabkommen einzuhalten, ist der Fokus bis 2030 auf Umweltverträglichkeit gesetzt. Ob das auf der COP28 in Dubai beschlossene „beginning of the end“ der Ära der fossilen Brennstoffe die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels noch ermöglicht, bleibt umstritten.

Fest steht hingegen, dass eine auf erneuerbaren Energien basierte Energiebeschaffung in  Europa nicht nur die Einhaltung der Klimaziele ermöglicht, sondern auch gleichzeitig die Unabhängigkeit und damit auch die Versorgungsicherheit innerhalb Deutschlands, Österreich und der Schweiz stärkt. Somit ist vor allem eine grüne Energiebeschaffung „made in Europe“ ein entscheidender Baustein für eine resiliente Energieversorgung. Gleichsam gilt es, die Energiewirtschaftlichen Realitäten anzuerkennen, etwa dass mit einem rasanten Ausbau von Wind- und Solarenergie umfangreiche Investitionen in Flexibilitätslösungen wie Wasserstoff

und weitere Speichertechnologien notwendig sind. Hierfür ist auch der Ausbau europäischer Produktionskapazitäten für PV-, Windkraft- und Batterietechnologien notwendig, um einseitige Abhängigkeiten in den Lieferketten zu reduzieren. Bis 2030 besteht damit das Ziel, die Energiewende voranzutreiben, die Bezahlbarkeit der Energieversorgung zu ermöglichen und Versorgungssicherheit zu bieten. Eines ist schon jetzt sicher: Es wird weitreichende Veränderungen inklusive erheblicher Investitionen benötigen, um die richtige Balance zu finden. Doch in welcher Geschwindigkeit und in welchem Ausmaß dies geschieht, ist zurzeit noch offen. Inwieweit die notwendigen Transformationen mittels einer kontinuierlichen Veränderung noch möglich sind oder ob eine Revolution an den Energiemärkten unumgänglich ist, können am besten die Marktteilnehmer einschätzen, die sich täglich mit der Energiebeschaffung auseinandersetzen. Zusammen mit dem BDEW hat EY daher über 100 Energieversorgungsunternehmen (EVU) und Industrieunternehmen innerhalb der DACH-Region nach ihrer Einschätzung zur Entwicklung der Energiebeschaffung bis 2030 befragt. Dabei nimmt die Umfrage Energiebeschaffungseinheiten in den Fokus, da diese als zentrale Steuerungsfunktion innerhalb der Energiewirtschaft agieren. Die Ergebnisse der Studie bieten Einblicke in die Markttrends der nächsten Jahre sowie aufschlussreiche Ansichten bezüglich Strategie und Umsetzung. Damit zeigt sie auf, wie aus den Umbrüchen der Energiekrise ein Aufbruch in eine resiliente und nachhaltige Energiebeschaffung gelingen kann.

Ansprechpartner:

Dr. Maximilian Rinck
Abteilungsleiter Handel und Beschaffung
BDEW Bundesverband der Energie und
Wasserwirtschaft e. V. Berlin
maximilian.rinck@bdew.de

Carsten Buhl
Partner Climate Change & Sustainability
Services, Energy & Decarbonization
EY Dresden
carsten.buhl@de.ey.com

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