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Energiewende-Monitoring: So bewertet der BDEW den Bericht

Der Monitoringbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie enthält zahlreiche sinnvolle Impulse. Entscheidend ist jetzt die konkrete Ausgestaltung.

Energiewende-Monitoring: So bewertet der BDEW den Bericht

© Getty Images / Unsplash

Der Monitoringbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) stellt eine Metastudie dar, die im Wesentlichen auf bereits bekannten Untersuchungen basiert. Entsprechend bestätigt er viele der Erkenntnisse, die auch der BDEW vertritt.

Positiv hervorzuheben ist der klare Fokus auf Kosteneffizienz – eingebettet in eine Balance des energiewirtschaftlichen Dreiecks. Zentral ist die Sicht auf das Gesamtsystem. Nur wenn wir Erzeugung, Netz und Kundenwünsche zusammenbringen, werden wir erfolgreich sein.

Aus Sicht des BDEW bleibt kritisch anzumerken, dass das Monitoring sich fast ausschließlich auf Strom fokussiert. Damit bleiben relevante Entwicklungen und Möglichkeiten der Gas- und Wärmeversorgung außen vor. Zudem fehlt aus Sicht des BDEW das klare Bekenntnis zum Wasserstoff. Trotz der vielfachen Betonung der Digitalisierung werden nur wenige konkrete Handlungsoptionen genannt. Der enge Fokus auf den Smart-Meter-Rollout greift zu kurz. Die Transformation gelingt nur mit einem umfassenderen Digitalisierungsverständnis, das weit über die Messinfrastruktur hinausgeht.

Wie der BDEW den Monitoringbericht grundsätzlich bewertet

  • Die überwiegende Anzahl der im Monitoringbericht getroffenen Annahmen und Handlungsoptionen findet die grundsätzliche Zustimmung des BDEW. Eine abschließende Bewertung hängt jedoch von der konkreten Ausgestaltung ab.
  • Die möglichen Handlungsoptionen sind im Detail auf ihre Wechselwirkungen zu prüfen, insbesondere hinsichtlich der Kosteneffizienz und der intendierten Zielerreichung. Das geht nur und in engem Austausch mit der Branche.
  • Ein zentraler Diskussionspunkt ist die Annahme der geringeren Dekarbonisierung der Industrie (weniger Elektrifizierung, weniger Wasserstoff), die aus Sicht des BDEW nicht hinreichend in ihrer Auswirkung auf das Klimaneutralitätsziel reflektiert wird.
  • Wenn Wasserstoff- und Stromeinsatz nicht in bisher erwartetem Maße erfolgen, die Industriekapazitäten zugleich erhalten bleiben sollen, ist von einem gleichbleibenden Niveau der Nutzung fossiler Energien auszugehen. Dies wiederum steht in Widerstreit zu den Dekarbonisierungszielen und bedingt anderweitige Maßnahmen.
  • Die zehn Schlüsselmaßnahmen des BMWE stützen überwiegend die Prämissen des Monitoringberichts, enthalten jedoch teilweise Unklarheiten und einen abweichenden Tenor. Dies gilt unter anderem für den Wasserstoff-Hochlauf sowie die künftige Ausgestaltung des verpflichteten Rollouts. Die Ableitungen zum Wasserstoff teilt der BDEW nicht. Sie würden im Ergebnis den Mengenhochlauf in Frage stellen. Hier muss die Bundesregierung aktiv die Rahmenbedingungen verbessern.

Erneuerbare Energien und Strombedarf

  • Sowohl Monitoringbericht als auch 10-Punkte-Plan bekräftigen das 2030-Ziel bezüglich eines Anteils der Erneuerbaren von 80 Prozent am Bruttostromverbrauch sowie die grundsätzliche Notwendigkeit des bisherigen EE-Ausbaupfades.
  • Die im Monitoringbericht getroffenen robusten Annahmen zum Strombedarf (600 bis 700 Terawattstunden) stehen grundsätzlich mit BDEW-Annahmen in Einklang. Kritik besteht an den Annahmen zur Zielerreichung der EE-Quote 2030 mit aus Sicht des BDEW zu optimistischen Annahmen zu Volllaststunden einer zu gering angenommenen Stromnachfrage. Mindestens diskussionswürdig erscheinen die Annahmen zur Zielerreichung des EE-Ausbaupfads mit der Erreichung der EE-Quote. BDEW-Berechnungen zur Stromerzeugung in Abhängigkeit historischer Volllaststunden zeigen, dass nur mit einem weiter entschiedenen Ausbau der Erneuerbaren Energien entlang des aktuellen Ausbaupfads – auch bei reduzierter Verbauchsannahme – das EE-Ziel von 80 Prozent zu erreichen ist. Verzögert sich der EE-Ausbau oder wird er regulatorisch eingeschränkt, ist von einer Zielverfehlung auszugehen.
  • Die konkreten Folgen für die Ausbaupfade gilt es gemeinsam mit der Branche zu entwickeln. Dies gilt insbesondere für den Fokus auf Photovoltaik-Freiflächenanlagen und die Einsparpotenziale bei Offshore-Wind. Dies gilt aber auch für eine verstärkte Netzintegration und deren Auswirkungen für die Netzausbauziele.

Kosteneffizienz

  • Der Fokus auf Identifizierung und Hebung von Kosteneffizienzpotenzialen findet im Grundsatz Unterstützung.
  • Zahlreiche Vorschläge zu Kosteneffizienz wurden bereits vom BDEW thematisiert, etwa in den BDEW-Handlungsempfehlungen zur 21. Wahlperiode.
  • Die konkreten Vorhaben sind auf ihre tatsächliche Kosteneffizienz hin zu prüfen. Maßnahmen müssen in der Gesamtbetrachtung kosteneffizient sein und nicht nur bei isolierter Betrachtung. Beispielsweise ist kritisch zu prüfen, ob aus systemischer Sicht die Vermeidung von Netzausbau per se kosteneffizienter als andere Maßnahmen ist.

System- und Netzdienlichkeit

  • Bei der Bedarfsermittlung sind auch die Bereiche Wärme und Verkehr hinreichend abzubilden sowie bei Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung die Interdependenzen zwischen Strom- und Wärmeproduktion für System- und Netzdienlichkeit zu berücksichtigen.
  • Die integrierte räumliche Koordination von Erzeugern, Verbrauchern und Speichern etwa in Bezug auf Netzengpässe, Abregelungen von Erneuerbaren Energien und Lastzentren ist sinnvoll.
  • Die adressierten Vorschläge zur Anreizung system- und netzdienlichen Verhaltens sind grundsätzlich zu begrüßen, müssen jedoch im Detail mit der Branche ausgestaltet werden. Hier sind die konkreten Auswirkungen im Hinblick auf das Gesamtsystem zu prüfen.

Flexibilitäten

  • Grundsätzlich begrüßt der BDEW das Vorhaben, Flexibilitäten zu heben. Bei Regelungen zur Anreizung von Flexibilitäten ist darauf zu achten, dass ein Vorteil für eine Kundengruppe nicht zu höheren Kosten für andere Kundengruppen führt. Hier ist eine gesamtsystemische Betrachtung notwendig, um ein Nullsummenspiel zu vermeiden.

Digitalisierung

  • Trotz der zahlreichen und starken Betonung der Digitalisierung liefern Monitoringbericht und Schlüsselmaßnahmen des BMWE im Ergebnis wenig konkrete Handlungsoptionen.
  • Der enge Fokus auf Smart Meter wird der tatsächlich stattfindenden Digitalisierung der Energiewirtschaft nicht gerecht. Es braucht ein ganzheitliches Digitalisierungsverständnis, um die Transformation zum Erfolg zu führen.

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