Drucken

Stromkostenentwicklung 2030+

BDEW veröffentlicht Fakten und Argumente

None

© Franco Lucato / Shutterstock

Die tiefgreifende Transformation des Energiesystems hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung ist nicht nur mit technologischen und strukturellen Herausforderungen verbunden. Sie bedeutet auch umfassende Investitionen in das Energiesystem mit den entsprechenden Folgewirkungen für die Entwicklung der Stromkosten bis 2030 und darüber hinaus. Grundsätzlich ist es richtig, dass Erneuerbare Energien durch ihre günstigen Stromgestehungskosten das Potenzial haben, die Stromkosten für Verbraucher dauerhaft zu senken. Allerdings müssen neben den Stromgestehungskosten vor allem auch elementare Systemkosten etwa für Stromspeicher, Flexibilitätsoptionen oder klimaneutrale Back-Up-Kapazitäten berücksichtigt werden. Zusätzlich sind steigende Netzentgelte für den Netzaus- und -umbau und schließlich staatlich induzierte Steuern, Abgaben und Umlagen Bestandteil von Stromkosten.

Folgende Kernaussagen werden im BDEW Fakten und Argumente „Stromkostenentwicklung 2030+“ tiefer beleuchtet, in den Gesamtkontext eingeordnet und bewertet:

  • Stromerzeugung aus Erneuerbare Energien senkt den Marktpreis in jenen Zeiten deutlich, in denen sie Strom einspeisen bzw. preissetzend sind. Eine Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien hilft damit nicht nur die Stromerzeugung zu dekarbonisieren, sondern auch die Strompreise im Großhandel zu senken.
  • Die Flexibilisierung der Stromnachfrage kann starke kurzfristige Preisausschläge nach oben dämpfen.
  • Der notwendige Zubau an Back-Up-Kapazitäten muss z. B. im Rahmen der aktuell vorgeschlagenen Kraftwerksstrategie, aber auch durch einen Kapazitätsmarkt kosteneffizient abgesichert werden, um die Belastung für die Letztverbraucher zu minimieren. Zusätzlich kann der Brennstoff Wasserstoff im Wettbewerb mit Erdgas verstromt werden, wenn Wasserstoff konkurrenzfähig wird oder die Differenzkosten gegenüber dem konventionellen Energieträger (Erdgaspreis zzgl. CO2-Kosten) ausgeglichen werden, z. B. über einen MCCfD (Methan-Carbon-CfD).
  • Die Kostensenkungspotenziale der Erneuerbaren Energien führen nicht zwangsläufig zu sinkenden Endkundenpreisen: Die Stromkostenhöhe eines Kunden hängt künftig stärker von seiner Flexibilisierungsfähigkeit ab. Kunden, die ihren Stromverbrauch deutlich flexibilisieren können, können Niedrigpreisphasen ausnutzen und Hochpreisphasen ausweichen und damit ihre Stromkosten senken. Kunden mit wenig Flexibilisierungspotenzial (z. B. kontinuierliche Fertigungsprozesse, Rechenzentren, Sicherheitssysteme etc.) zahlen einen Mehrpreis für die Verstetigung ihrer Stromlieferung in Phasen mit geringer EE-Einspeisung, da der Stromlieferant höhere Veredelungs- und Systemkosten in das Lieferprodukt einpreisen muss.
  • Um die Stromnetze sowohl auf der Übertragungs- als auch der Verteilerebene für die Energiewende und die Erreichung der Klimaneutralität fit zu machen, ist ein erheblicher Netzausbau mit entsprechend hohen Investitionen erforderlich. Daher ist perspektivisch mit einem Anstieg der Netzentgelte zu rechnen.
  • Deutschland hat im europäischen Vergleich bei Haushaltskunden immer noch den zweithöchsten Betrag an Steuern, Abgaben und Umlagen trotz Wegfall der EEG-Umlage. Industriestrompreise sind sehr heterogen und stark durch individuelle kundenseitige Faktoren bestimmt. Die Belastung aus Steuern, Abgaben und Umlagen kann sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem welche Entlastungstatbestände ein Industriebetrieb beanspruchen kann.
  • Im europäischen Vergleich weist Deutschland mit die höchsten Strompreise für Haushaltskunden auf. Auch nach dem Wegfall der EEG-Umlage ist die Belastung durch Steuern, Abgaben und Umlagen vergleichsweise immer noch sehr hoch. Große industrielle Stromverbraucher entrichteten für Steuern, Abgaben und Umlagen (effektiv) durchschnittlich 1,3-2,2 ct/kWh. Im Einzelfall kann die effektive Belastung mit Steuern, Abgaben und Umlagen aber auch deutlich höher liegen und auch höher als in anderen europäischen Ländern. Daher sollten Abgaben und Umlagen auf Strom weiter gesenkt werden, um den Unterschied zum Ausland so gering wie möglich zu halten.
  • Trotz zusätzlicher System- und Infrastrukturkosten, die im Zuge der Transformation des Stromsystems entstehen, kann die Dekarbonisierung des Stromsystems aufgrund von Sektorkopplungseffekten zu Kosteneinsparungen in anderen Sektoren führen, sodass die Kosten des Energiesystems insgesamt sinken.

Suche