Das Gesetz soll vom Bundeskabinett am 6. August 2025 beschlossen werden. Der Entwurf sieht tiefgreifende Änderungen in mehreren zentralen Rechtsvorschriften vor, darunter im 4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), im Haushaltsgrundsätzegesetz, in der Bundeshaushaltsordnung (BHO), im Wettbewerbsregistergesetz sowie in den Vergabeverordnungen (VgV, SektVO, KonzVgV, VSVgV). Im Fokus stehen die Beschleunigung und Entbürokratisierung öffentlicher Vergabeverfahren.
Der BDEW hat zu dem Entwurf ausführlich Stellung genommen und darin die grundsätzliche Zielsetzung des Gesetzentwurfs begrüßt. Angesichts eines prognostizierten Investitionsbedarfs von rund 721 Milliarden Euro bis 2030 für die Energie- und Wärmewende sieht der BDEW die Vereinfachung des Vergaberechts als dringend erforderlich, warnt jedoch vor Lücken in der praktischen Umsetzbarkeit.
Wichtige Inhalte des Entwurfs:
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Flexibilisierung des Losgrundsatzes: Eine neue Ausnahmeregelung erlaubt die Vergabe größerer Infrastrukturgroßprojekte ohne Losaufteilung, beschränkt auf dringliche Vorhaben aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ (§ 97 GWB).
- Klimaschutz als Beschaffungsziel: Die Verordnungsermächtigung zur umweltfreundlichen Beschaffung wird ausdrücklich gestärkt (§ 113 GWB).
- Wegfall verbindlicher Nachhaltigkeitsvorgaben: Der ursprünglich geplante § 120a GWB mit verpflichtenden Nachhaltigkeitskriterien entfällt.
- Erhöhung der Direktvergabegrenze auf 50.000 Euro (§ 55 BHO), mit Folgeanpassungen in der Vergabestatistik und dem Wettbewerbsregister.
- Keine aufschiebende Wirkung mehr bei Nachprüfungsverfahren (§ 173 GWB ff.), um Verzögerungen zu vermeiden.
BDEW: Schritt in die richtige Richtung – aber Nachbesserungen nötig
Folgende wesentliche Änderungen sollten vor einem Kabinettsbeschluss noch erfolgen:
- Losvergabe: Die vorgesehene Ausnahmeregelung bei der Losaufteilung sollte auch für private Sektorenauftraggeber gelten. Andernfalls drohe eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Infrastrukturausbau.
- Eignungsnachweise: Die Möglichkeit zur nachgelagerten Eignungsprüfung wird begrüßt, sollte aber als Kann-Vorschrift formuliert werden, um etablierte Verfahrensweisen wie Teilnahmewettbewerbe nicht zu behindern.
- Rechtssicherheit bei Vertragsunwirksamkeit: Mit dem neuen § 135 Abs. 4 GWB soll in Ausnahmefällen ermöglicht werden, Verträge trotz eines Vergabeverstoßes nicht als von Anfang an nichtig einzustufen, wenn nach sorgfältiger Prüfung zwingende Gründe des Allgemeinwohls eine Aufrechterhaltung des Vertrags rechtfertigen. Die Gesetzesbegründung geht dabei unter anderem auf wirtschaftliche Interessen sowie die Vereinbarkeit mit der Rechtsmittelrichtlinie ein. Der BDEW bewertet die geplante Regelung grundsätzlich positiv, fordert aber eine praxisnähere Ausgestaltung, um rechtssichere Lösungen für Auftraggeber und Auftragnehmer zu gewährleisten.
Weitere Vorschläge des BDEW für eine praxisgerechte Reform
Der BDEW sieht über den Gesetzentwurf hinaus weiteres Potenzial zur Vereinfachung und Beschleunigung des Vergaberechts, insbesondere im Zusammenhang mit der Beschleunigung von Planungsleistungen, der Förderung klimafreundlicher Wärmeprojekte (Fokus Geothermie), der Präzisierung bei technischen Alleinstellungsmerkmalen und dem Abbau von Bürokratie. Gerade eine Verschlankung der Dokumentationspflichten für Auftraggeber könnte die Vergabeverfahren zusätzlich entlasten, ohne Transparenz und Rechtssicherheit zu gefährden.
Fazit
Der BDEW unterstützt die im Entwurf angestoßene Modernisierung des Vergaberechts ausdrücklich. „Ein handhabbares, flexibles und innovationsfreundliches Vergaberecht ist Voraussetzung für das Gelingen der Energie- und Wärmewende“, so das Fazit der Stellungnahme. Entscheidend ist nun, dass der Gesetzgeber gezielt nachsteuert, um sektorübergreifende Gleichbehandlung und praxisnahe Beschleunigung zu gewährleisten – vor allem mit Blick auf die gewaltigen Investitionsvorhaben im Energiesektor.