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NEST-Prozess

Regulierungsbehörde bewegt sich, aber noch nicht genug

Die Bundesnetzagentur hat den Länderausschuss über die Änderungen der neuen Anreizregulierung NEST für die Strom- und Gasnetze informiert.

Dazu erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:

„Die Branche hat in den letzten Monaten immer wieder auf wunde Punkte in der Argumentation der Bundesnetzagentur hingewiesen, konstruktive Vorschläge gemacht und Gesprächsangebote unterbreitet. In einigen wenigen Punkten hat die Regulierungsbehörde auf die Sorgen der Netzbetreiber reagiert. Das ist erfreulich. Wir begrüßen sehr, dass künftig auch kleine und mittlere Stromverteilnetzbetreiber außerhalb des Regelverfahrens von einer jährlichen OPEX-Anpassung profitieren können. Dies ist ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichbehandlung.

Im Ganzen ist die Bundesnetzagentur (BNetzA) aber bei ihrem Modell geblieben. Sie bleibt damit in der Gesamtschau deutlich hinter den Möglichkeiten zurück, ein attraktives Investment für privates Kapital im internationalen Umfeld zu schaffen. Dies ist insbesondere angesichts des großen Kapitalbedarfs für die Modernisierung, Transformation und des Ausbaus der Energienetze wie auch vor dem Hintergrund steigender Netzanschlussbegehren von Erneuerbaren-Energien-Anlagen, Ladeparks für E-Fahrzeuge, Industrieanlagen, Rechenzentren, Speicher oder Wärmepumpen unverständlich. Wir rechnen mit Netzinvestitionen von allein in den kommenden fünf Jahren von rund 280 Milliarden Euro. Fakt ist: Ohne privates Kapital werden wir den Netzausbau in den Strom- und Gasnetzen nicht stemmen können. Wir hoffen nun, dass die Länderregulierungsbehörden die relevanten Punkte zur Verbesserung der Situation nochmals einbringen.“ 

Die Ankündigungen der BNetzA und die Bewertung des BDEW im Detail

Der OPEX-Faktor zur Anpassung der Betriebskosten soll nun auch für Stromverteilnetzbetreiber im Vereinfachten Verfahren gewährt werden. Kerstin Andreae: „Es ist richtig, dass der OPEX-Faktor auch für mittlere und kleine Stromverteilnetzbetreiber möglich sein soll. Das ist eine wichtige Forderung gewesen und stellt die Gleichbehandlung aller Verteilnetzbetreiber Strom sicher. Allerdings soll es dabei bleiben, dass Gasbetreiber weiterhin keinen OPEX-Faktor erhalten. Der alleinige Verweis auf KANU 2.0 ist hier unzureichend. Zudem soll das Instrument nur befristet für die 5. Regulierungsperiode gelten und einen Zeitverzug von zwei Jahren beinhalten. Auch dies schwächt das Instrument. Mit dem Zeitverzug verliert der OPEX-Faktor 40 bis 50 Prozent seiner Wirkung.“ 

Veränderungen wurden zudem beim Effizienzvergleich und beim Zulassungskriterium für das Vereinfachte Verfahren angekündigt. Die BNetzA plant, beim Zulassungskriterium künftig auf einen anderen wirtschaftlichen Schwellenwert als geplant abzustellen. Statt des Ausgangsniveaus, das noch im Juni in den Festlegungsentwürfen festgehalten war, soll künftig die angepasste Erlösobergrenze verwendet werden.

Der BDEW hatte gezeigt, dass bei vier der 29 im März von der BNetzA genannten Unternehmen, die Effizienzwerte unter 60 Prozent fallen würden. Eine Anhebung der Mindesteffizienz ist daher sinnvoll. Aber diese Anpassung reicht bei weitem nicht aus, um den Effizienzvergleich ausreichend zu stabilisieren. Die BNetzA hat zwar neue Schwellenwerte genannt, bleibt jedoch bei der Marktabdeckung im Strombereich gleich. Im Gasbereich soll es sogar eine Verschärfung von 82 auf 84 Prozent geben.

Es ist richtig, dass die BNetzA die Hinweise der Branche aus dem öffentlichen Expertenaustausches zum Effizienzvergleich aufgreift und für ein robusteres Verfahren sorgen will. Unter den derzeitigen Gesichtspunkten kann uns die BNetzA diese Sorge aber nicht nehmen. Bleiben die Schwellenwerte gleich oder werden gar angehoben, zieht das nach unseren Analysen zufolge negative Effekte für die gesamte Netzbetreiberlandschaft nach sich. Die Probleme, die wir identifiziert haben, wenn diese 20 bis 30 Netzbetreiber in den Effizienzvergleich gehen, bleiben bestehen.

Kerstin Andreae: „Bei der Fremdkapital-Methodik sind wir enttäuscht, dass die BNetzA nicht wie von der Branche vorgeschlagen auf ein dynamisches Modell wechselt, sondern bei ihrer unbeweglichen Methode mit einem fixen Sieben-Jahreszeitraum bleibt. Sie verpasst damit die Möglichkeit, ein verlässliches Verfahren für die Investitionen der Zukunft zu wählen.“ Stand heute müssen Netzbetreiber und Investoren aufgrund des fixierten Sieben-Jahres-Durchschnitts mit Unterdeckungen in der 5. Regulierungsperiode (z.B. Strom 2029 bis 2033) für die Refinanzierung von bereits aufgenommenem Fremdkapital rechnen. 

Die Behörde avisiert nun eine stärkere Gewichtung der Zinssätze für die Jahre „signifikant hoher Investitionstätigkeit“. Die Gewichtung soll vor Beginn der Regulierungsperiode erfolgen und einheitlich für alle Strom Verteilnetzbetreiber und Gasverteilnetzbetreiber und Fernleitungsnetzbetreiber gelten. Kerstin Andreae: „Diese Änderung dürfte die prognostizierte Unterdeckung etwas verringern, sie aber nicht grundsätzlich beheben. Gerade mit Blick auf die zukünftige Zinsentwicklung am Markt dürfte auch ein gewichteter Ansatz zur Durchschnittsbildung weiterhin zu einer deutlichen Unterdeckung führen. Das ist das völlig falsche Signal für die anstehenden Investitionen.“

Aus Sicht des BDEW kann nur eine in der Festlegung angelegte Aktualisierung an tatsächliche Kapitalmarktbedingungen das Problem lösen und wäre für Netzbetreiber und Netznutzer „fair“. Wir werben für diesen Ansatz, da hiermit Planungssicherheit für Investments sowohl für Netzbetreiber als auch Investoren sichergestellt werden kann. Die BDEW-Umfrage unter Investoren hat eindeutig gezeigt, dass eine vorhersehbare Unterdeckung der regulatorischen Fremdkapital-Zinsen gerade vor dem Hintergrund steigender Investitionsvolumina kein gutes Signal ist. Dies wäre durch die diskutierten methodischen Anpassungen leicht zu vermeiden. Der BDEW spricht sich hier weiterhin für eine Dynamisierung des Fremdkapital-Zinssatzes aus.

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