Das Ministerium hat mit dem Weißbuch eine umfassende Analyse der Ausgangssituation und Perspektiven vorgenommen und zentrale Maßnahmen zum Aufbau von Wasserstoffspeichern in Deutschland aufgezeigt. In der Kommentierung begrüßt der BDEW, dass das Ministerium eine umfassende, gute Analyse vorgelegt hat, der BDEW jedoch zu anderen Schlussfolgerungen kommt. Dies betrifft insbesondere das Erfordernis, zügig einen Finanzierungsmechanismus zum Aufbau von Wasserstoffspeichern einzuführen. Dies wird ausführlich hergeleitet und begründet.
Kernbotschaften
- Aufbau von Wasserstoffspeichern erfordert Investitionen in einen Markt, der noch nicht besteht - das braucht Impulse für Investitionsentscheidungen
- Lt. Weißbuch werden bereits 2030 - je nach Szenario - 2 bis 7 TWh und 2040 26 bis 74 TWh - gem. Monitoringbericht vom EWI/BET sogar 32-130 TWh im Jahr 2045 - großvolumige Wasserstoffspeicher benötigt.
- Die Bandbreite in den Szenarien belegt, dass ein erheblicher Bedarf an Wasserstoffspeichern besteht, die genaue Höhe jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet ist.
- Die Szenarien zeigen, dass zunächst die industrielle Nachfrage und mittel- bis langfristig - abhängig von der Kraftwerksstrategie des Bundes - zusätzlich die Nachfrage aus dem Kraftwerksbereich sowie die Nachfrage aus europäischen Nachbarländern die wesentlichen Treiber für den Speicherbedarf in Deutschland sind. Die Entwicklung der Nachfrage ist somit in hohem Maße von künftigen politischen Entscheidungen abhängig.
- Das Weißbuch Wasserstoffspeicher zielt richtigerweise auf das Leitbild eines wettbewerblich organisierten Speichermarktes, der eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt. Doch dieser Markt besteht heute - zu dem Zeitpunkt, zu dem Investitionsentscheidungen zu treffen sind - noch nicht. Vielmehr befindet sich der Markt für Wasserstoffspeicher noch in der frühen Hochlaufphase, vielfältige Markteintrittsbarrieren sind absehbar.
- Die Projekte hingegen, für die bereits eine Final Investment Decision (FID) getroffen oder ein IPCEI- oder PCI-Status im Rahmen der EU-Förderprogramme erlangt wurde, liegen mit rund 0,7 TWh weit vom Bedarf entfernt.
- Der Bedarf an Wasserstoffspeichern sollte daher im Rahmen der Systementwicklungsstrategie konkretisiert und bei der Ausgestaltung des Kraftwerkssicherungsgesetzes bereits berücksichtigt werden. Dabei sollte insbesondere ein Mindestbedarf für 2030, 2035, 2040 und 2045 identifiziert werden.
- Wasserstoffspeicher sind wie das Netz langlebige Assets, sodass auch die Investitionen langfristig angelegt sind. Der Aufbau von Wasserstoffspeichern lässt sich zielgerichtet entwickeln. Dazu bedarf es kurzfristig eines gezielten Instruments zur Förderung bzw. staatlichen Absicherung der Investitionen, das in iterativen Ausschreibungen dem Bedarf angepasst werden kann.
- Eine gezielte Förderung der Wasserstoffspeicher lässt sich als No Regret-Maßnahme aufsetzen
- Eine reine Nachfrageförderung löst das Henne-Ei-Problem zum Aufbau von Wasserstoffspeichern nicht.
Das zeitliche Zusammenspiel zwischen Nachfrageförderung und Speicherinvestition funktioniert nicht. - Nachfrageförderung bedarf daher der Ergänzung um direkte Förderung.
- Direkte Förderung funktioniert als No Regret-Maßnahme, indem
- ein Mindestbedarf für 2030, 2035, 2040 und 2045 ermittelt wird,
- die zu fördernden Wasserstoffspeicherkapazitäten wettbewerblich - zunächst im Rahmen von Clustern und mit zunehmender Vermaschung des Kernnetzes überregional - ausgeschrieben und in iterativen Schritten flexibel nachgesteuert werden und
- eine Rückzahlung von Mehrerlösen nach erfolgreichem Markthochlauf vorgesehen wird.
- Am besten geeignet dafür ist ein staatlicher Finanzierungsmechanismus, der erlösbasierte Contracts for Difference (CfDs) mit einer intertemporalen Umlagefinanzierung kombiniert (s. hierzu Studie "Finanzierungsmechanismus für den Aufbau von Wasserstoffspeichern" von Frontier Economics im Auftrag des BDEW, 2024).
- Die Wasserstoffwirtschaft steht erst am Anfang: Damit der Aufbau gelingt, braucht es einen realistischen Blick und schnellstmöglich verlässliche Rahmenbedingungen.
Hierzu fordert der BDEW das Ministerium dazu auf, ein integriertes Gesamtkonzept für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft vorzulegen, das alle Wertschöpfungsstufen (Erzeugung, Handel, Transport- und Verteilnetze, Speicherung und Nutzung) berücksichtigt.
Der BDEW bringt diese Positionen aktiv in den politischen Prozess ein; insbesondere auch im Zusammenhang mit den nun neu aufgestellten Wasserstoffreferaten in der Abteilung VIII „Sicherheit, Gas & Wasserstoff, Beteiligungen“ im BMWE, mit denen wir in einem intensiven Austausch stehen.