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Stegerwaldsiedlung: Das bleibt unter uns - dem Algorithmus sei Dank

Wie kann man die Wärmewende in Städten voranbringen? Hier setzen Quartierslösungen an: Von Sektorkopplung bis KI, von Contracting bis Power-to-Gas integrieren sie moderne Energie­konzepte, Technologien und Dienstleistungen. Teil 3 unser Serie "Lokalrunde". Diesmal: Köln-Mülheim
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Sie sind alt, oft zu alt: Mehr als die Hälfte der Heizungsanlagen in deutschen Kellern sind 15 Jahre oder länger in Betrieb, fast ein Viertel bringt es sogar auf 25 und mehr Jahre. Kein Wunder, dass sie nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen. Die paar Heizungen ...? Von wegen: Raumwärme machte zuletzt 27 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland aus. Allerdings kommt der kollektive Kesseltausch nur schleppend voran. Besonders niedrig ist die Modernisierungsbereitschaft in Mehrfamilienhäusern. Hier liegt der Altersdurchschnitt der Heizungen bei fast 18 Jahren, während er in Ein- und Zweifamilienhäusern "nur" 16 Jahre beträgt, so die BDEW-Studie "Wie heizt Deutschland?": Weil Vermieter nicht direkt profitieren, wird erst gar nicht investiert. 

Was tun? Quartierskonzepte!

Bewegung in den Gebäudebestand bringt ein integrierter und dezentraler Ansatz: Quartierskonzepte. Modernisierungslösungen also, bei denen nicht auf der Ebene von Wohnungen oder Heizungskellern gedacht wird, sondern in ganzen Siedlungen, die gesammelt energetisch optimiert werden. Nach dem Motto "Wenn schon, denn schon" bleibt es dann nicht beim Kesseltausch: Zum neuen Energiekonzept gehört oft die Sanierung von Dächern, Fenstern und Fassaden. Ansätze zum altersgerechten Wohnen, für mehr Einbruchschutz oder zur Einbindung alternativer Mobilität lassen sich im Zuge dessen umsetzen, auch Denkmalschutzanforderungen müssen je nach Baujahr berücksichtigt werden.

Durch die schiere Dimension der Projekte entstehen neue Möglichkeiten für eine dezentrale und weitestgehend autarke Versorgung: Die Energie wird vor Ort nicht nur verbraucht, sondern auch effizient und klimaschonend erzeugt. Dabei spielen Erneuerbare Energien kombiniert mit Energieeffizienz und Speicherlösungen eine wichtige Rolle – ­dank innovativer Technologien und Dienstleistungen lassen sie sich in Quartieren aufeinander abstimmen und vernetzen. So kann eine Photovoltaikanlage mit Elektroladesäulen und einem Mieterstromangebot kombiniert werden, Power-to-Heat mit einem Nahwärmenetz oder Kraft-Wärme-Kopplung über ein Contracting-Modell umgesetzt werden, je nachdem, was sich vor Ort eben rechnet. Die Kopplung der Sektoren Wärme, Strom und Verkehr ist jedenfalls bei vielen modernen Quartiers­lösungen schon heute in der Praxis angekommen. 

In unserer Serie "Lokalrunde" stellen wir Quartierskonzepte aus unterschiedlichen Städten vor, die alle vor der gleichen Herausforderung stehen: Die städtische Wärmewende gestalten. Teil 3: Köln-Mülheim

Stegerwaldsiedlung, Köln-Mülheim

Was hier erzeugt wird, wird hier auch verbraucht: Das gilt in der Kölner Stegerwaldsiedlung zumindest beim Solarstrom. Auf 16 Wohnblocks der Deutschen Wohnungsgesellschaft mbH (DEWOG) aus den Nachkriegsjahren hat die RheinEnergie 6.100 Quadratmeter Photovoltaikmodule installiert. Der Ertrag wird als günstiger Mieterstrom vermarktet. Und er heizt die Wohnungen: 41 strombetriebene Luft-Wärme-Pumpen liefern heute einen Großteil der benötigten Heizenergie, an kalten Tagen ergänzt um klimafreundliche Fernwärme. Batteriespeicher verbessern die flexible Selbstversorgung, Überschüsse werden an der Strombörse vermarktet. Das funktioniert nur, weil ein selbstlernender Algorithmus das Energiemanagement steuert und zum Beispiel Verbrauchs- und Wetterdaten in seine Fahrpläne integriert, die laufend angepasst werden.


Köln


"Wollen wir die Klimaziele in Deutschland erreichen, müssen wir uns noch stärker um die energetische Sanierung bestehender Quartiere kümmern. 50 Prozent aller Wohnungen stammen hierzulande aus der Zeit vor 1970", sagt Achim Südmeier, Vertriebsvorstand der Rhein­Energie. Auch die Stegerwaldsiedlung ist Baujahr 1955, als eben noch nicht nach heutigen Standards wärmeisoliert wurde. Schon vor dem Projekt hatte die DEWOG damit begonnen, einen Teil der Wohngebäude energetisch zu modernisieren – allerdings ohne künst­liche Intelligenz. Mittlerweile ist der Primärenergie­bedarf in der Siedlung von bis zu 180 auf 30 bis 40 Kilowattstunden pro Quadratmeter gesunken. "Was sich im Bestandsbau durch mehr Energieeffizienz und eine intelligente Steuerung erreichen lässt, haben wir mit der Stegerwaldsiedlung eindrucksvoll unter Beweis gestellt", so Südmeier. "Dabei war uns wichtig, Mobilität, Wärme und Strom nicht mehr einzeln, sondern integriert zu betrachten. Dieser ganzheitlichen Quartiersentwicklung gehört die Zukunft." 

 


Text: Christiane Waas


 

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