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„Bei der Quelle der Verschmutzung ansetzen“

Anfang des Jahres wurden multiresistente Keime in deutschen Gewässern gefunden. Das BDEW-Magazin "Zweitausend50" hat dazu Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser beim BDEW, interviewt.

Woher stammen die multiresistenten Keime?

MARTIN WEYAND: Multiresistente Keime stammen im Wesentlichen aus zwei Quellen: aus den Mastbetrieben der Intensivlandwirtschaft, deren Gülle auf die Felder ausgebracht und mit dem Regen teilweise in die Gewässer abgeschwemmt wird, und von Krankenhäusern, deren Abwasser über kommunale Kläranlagen in die Gewässer eingeleitet werden. Dass insbesondere auch die Intensivlandwirtschaft für die in niedersächsischen Gewässern gefundenen Befunde verantwortlich ist, zeigen die gefundenen Colistin-Resistenzen. Dieses Antibiotikum wird in der Humanmedizin nur in Ausnahmefällen eingesetzt, und zwar dann, wenn andere Antibiotika versagt haben, in der Tiermedizin aber sehr regelmäßig und in großen Mengen.

Wie können die Einträge vermieden werden?

WEYAND: Es ist wichtig, beim Verursacher an der Quelle der Verschmutzung anzusetzen: Stoffe, die gar nicht erst in die Gewässer beziehungsweise in das Abwasser gelangen, müssen nicht mit großem Aufwand entfernt werden. Darüber hinaus besteht nicht die Gefahr, dass bei der Verbreitung Veränderungen bei den Keimen auftreten. Dies alles lässt sich auch aus den Erfahrungen mit dem EHEC-Erreger ableiten. Für Krankenhäuser ist eine umfassende Strategie zur Verbesserung der Hygienemaßnahmen notwendig. Dazu gehört in erster Linie die Reduzierung des prophylaktischen Einsatzes von Antibiotika in der Humanmedizin. In Frankreich konnte bereits eine Reduzierung von 27 Prozent in fünf Jahren erreicht werden. Ferner braucht es Rückhaltemaßnahmen direkt an Krankenhausausläufen.

Und in der Nutztierhaltung?

WEYAND: Hier wäre es notwendig, dass die Haltungsbedingungen und die Hygienemaßnahmen verbessert werden. Und der Antibiotikaeinsatz in Deutschland muss weiter verringert werden. Seit 2011 ist dieser um 50 Prozent gesunken. In den Niederlanden konnte der Einsatz aber um 70 Prozent reduziert werden.

Konnten mit einer vierten Reinigungsstufe Eintrage in die Gewässer effizient reduziert werden, wie es das Umweltbundesamt vorschlägt?

WEYAND: Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass eine vierte Reinigungsstufe – der Einsatz von Aktivkohle, die Ozonierung – multiresistente Keime entfernen kann. Erste Forschungsergebnisse legen eher die Vermutung nahe, dass eine vierte Reinigungsstufe zur Entfernung solcher Krankheitserreger nicht geeignet ist, siehe die Forschungsprojekte "Transrisk" und "SchussenAktivplus".

Können multiresistente Keime ins Trinkwasser gelangen?

WEYAND: Die Gewinnungsgebiete der Trinkwasserversorgung in Deutschland sind durch die Ausweisung von Schutzgebieten besonders geschützt. Damit ist Grundwasser und Oberflächengewässer von vornherein vor zusätzlichen Belastungen beziehungsweise Verschmutzungen geschützt. Bei der Gewinnung von Trinkwasser aus Grundwasser sowie aus Uferfiltrat, das heißt ufernahen Brunnen mit Bodenpassagen, schützt die übergelagerte Bodenschicht zusätzlich vor Einträgen und funktioniert als Rückhaltebarriere. Mit der umfassenden und einheitlichen Einhaltung der wissenschaftlich anerkannten technischen Regeln des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs, DVGW, wird sichergestellt, dass die Wasserversorgungsunternehmen die strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung einhalten. Hier wird auch die Einhaltung der mikrobiologischen Qualität des Grundwassers geregelt. Die nach Trinkwasserverordnung vorgeschriebenen Untersuchungen gewährleisten eine regelmäßige Überwachung.


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