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Erdungsanlagen in neu zu errichtenden Gebäuden

Die Bundesnetzagentur hat in einem Positionspapier bestätigt, dass die Verpflichtung zum Einbau von Erdungsanlagen in neuen Gebäude aus Gründen der sicheren und störungsfreien Versorgung erforderlich und folglich nicht missbräuchlich ist. Dennoch ergibt sich hinsichtlich einer Standardformulierung in den Technischen Anschlussbedingungen der Netzbetreiber Handlungsbedarf.

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© bubutu/ Shutterstock

Die Errichtung von Erdungsanlagen in neu zu errichtenden Gebäuden wird in den allgemein anerkannten Regeln der Technik gefordert. Entsprechende Vorgaben finden sich in der VDE/FNN-Anwendungsregel VDE-AR-N 4100 sowie in den VDE-Regelwerken DIN VDE 0100-410 und DIN VDE 0100-540. Auch in den Technischen Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz (TAB) der Netzbetreiber finden sich regelmäßig entsprechende Regelungen. Der BDEW-Bundesmusterwortlaut „TAB 2019 - Technische Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz“ verweist in Abschnitt 11 (3) ebenfalls auf die Vorgaben aus den o.g. VDE-Regelwerken, nach denen in neu zu errichtenden Gebäuden Erdungsanlagen nach DIN 18014 installiert werden müssen.

Seit einiger Zeit gab es vereinzelt Kritik von einigen Marktakteuren, da im derzeit gültigen technischen Regelwerk lediglich der Fundamenterder und keine alternativen Ausführungsvarianten für die Errichtung einer Erdungsanlage beschrieben werden, auch wenn diese als gleichwertig einzustufen wären. Auf diese Kritik wird mit der aktuell laufenden Überarbeitung der DIN 18014 eingegangen. Darüber hinaus wurde teilweise grundsätzlich in Frage gestellt, ob die Einbaupflicht für Erdungsanlagen in neue Gebäude überhaupt rechtlich zulässig ist. Weitere Infos hierzu finden Sie auch im BDEW-Newsartikel vom 1. März 2021.

BNetzA veröffentlicht Positionspapier zur Einbaupflicht für Erdungsanlagen in neu zu errichtenden Gebäuden

Diese Kritik wurde offensichtlich auch gegenüber der BNetzA vorgebracht. Die Beschlusskammer 6 erreichten nach eigenen Angaben vermehrt Anfragen zum Thema Erdungsanlagen. U.a. wurde der Beschlusskammer auch vorgetragen, dass die Verpflichtung zur Errichtung von Erdungsanlagen durch Verteilernetzbetreiber grundsätzlich missbräuchlich sei.

Im „Positionspapier zur Errichtung von Erdungsanlagen in neu zu errichtenden Gebäuden“ hat die BNetzA nun ihre rechtliche Einschätzung zur Einbaupflicht für Erdungsanlagen ausgeführt.Die Beschlusskammer 6 ist vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfall der Auffassung, dass sich Verteilernetzbetreiber nicht grundsätzlich missbräuchlich verhalten, wenn sie in ihren TAB allgemein die Errichtung einer Erdungsanlage in neu zu errichtenden Gebäuden fordern. 

Das Positionspapier ist daher grundsätzlich sehr positiv zu bewerten. Tatsächlich entsprechen die zentralen Aussagen der BNetzA den Argumenten, die der BDEW gemeinsam mit dem ZVEH in einem eigenen fachlichen Hinweis im März 2021 zum Themenkomplex veröffentlicht hatte. V.a. die deutliche Bestätigung der BNetzA, dass Erdungsanlagen in neuen Gebäuden für die sichere und störungsfreie Versorgung unabhängig vom Netzsystem notwendig sind und folglich eine Einbauverpflichtung über die TAB der Netzbetreiber grundsätzlich als nicht missbräuchlich einzustufen ist, hilft Klarheit in die Diskussion zu bringen.

Handlungsbedarf besteht allerdings hinsichtlich einer aktuellen Formulierung in Abschnitt 11 (3) im BDEW-Bundesmusterwortlaut für Technische Anschlussbedingungen „TAB 2019“, den viele Netzbetreiber als Grundlage für ihre eigenen TAB verwenden.

In Abschnitt 11 (3) der TAB 2019 wird wörtlich ein „Fundamenterder nach DIN 18014“ und nicht allgemeiner eine „Erdungsanlage nach DIN 18014“ gefordert. Diese Formulierung wurde bei der Erarbeitung der TAB 2019 gewählt bzw. die Formulierungen aus der Vorgängerfassung wurde schlicht beibehalten, da sie dem Wortlaut der analogen technischen Vorgabe in der VDE-AR-N 4100 entspricht. Zudem wird in der aktuell gültigen Fassung der DIN 18014 bislang tatsächlich nur die Ausführungsvariante des Fundamenterders beschrieben.

Allerdings ist bereits absehbar, dass im Ergebnis der aktuell laufenden Überarbeitung der DIN 18014 künftig neben dem Fundamenterder auch weitere Ausführungsvarianten aufgenommen und beschrieben werden. Des Weiteren ist auch in der aktuellen Fassung der DIN 18015 die Möglichkeit alternativer Ausführungsformen für eine Erdungsanlage bereits beinhaltet. Dies hat auch den VDE/FNN veranlasst auf seinen Internetseiten einen Hinweis zu veröffentlichen, wie vor diesem Hintergrund die Forderung nach einem Fundamenterder in Abschnitt 11.1 der VDE-AR-N 4100 auszulegen ist.

Handlungsempfehlung hinsichtlich der Technischen Anschlussbedingungen

Aufgrund der vorgenannten Entwicklungen stimmt der BDEW der Einschätzung der BNetzA zu, dass Netzbetreiber neben dem in der Praxis seit Jahrzehnten bewährten Fundamenterder auch anderweitige Ausführungsformen für eine Erdungsanlage zulassen sollten, was in der Praxis unserer Kenntnis nach aber auch bereits so gehandhabt wird.

(!) Dies gilt aber ausdrücklich unter der Voraussetzung, dass eine vom Fundamenterder abweichende Lösung insbesondere im Hinblick auf Erdfühligkeit, Korrosionsbeständigkeit, thermische Beanspruchung und mechanische Festigkeit gleichwertig sowie für die Erreichung der Schutzziele und Funktionen gleichermaßen geeignet sein muss.

Daher empfiehlt der BDEW evtl. Verweise auf die aktuell gültige Fassung der DIN 18014 in den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) der Netzbetreiber nicht zu eng auszulegen. Vielmehr sollten neben dem in der aktuellen Fassung der DIN 18014 beschriebenen Fundamenterder auch andere Ausführungsvarianten zugelassen werden, soweit diese wie zuvor beschrieben zur Erreichung der Schutzziele dauerhaft geeignet sind und die gleichwertige Schutzwirkung dauerhaft gewährleistet ist. Hierbei sollte auch berücksichtigt werden, dass die BNetzA sich nun klar positioniert hat, wie sie in einem potenziellen Missbrauchsverfahren aufgrund einer Ablehnung gleichwertiger Ausführungsformen für Erdungsanlagen durch den Netzbetreiber argumentieren würde.

Um die Auslegung der Regelung zur Einbauverpflichtung auch nach außen transparent zu kommunizieren, empfiehlt es sich auf der Internetseite des Netzbetreibers, auf der die eigenen TAB veröffentlicht sind, einen Hinweis zu ergänzen. Hierzu könnte z. B. folgende Formulierung verwendet werden:

Hinweise zu Kapitel 11 (3) der Technischen Anschlussbedingungen – Auswahl von Schutzmaßnahmen

„Wir weisen darauf hin, dass nach VDE-AR-N 4100 in neu zu errichtenden Gebäuden eine Erdungsanlage erforderlich ist. Grundsätzlich ist die Erdungsanlage gemäß DIN 18014 zu errichten. Abweichend hiervon können entsprechend DIN 18015-1:2020-5 Abschnitt 7 zudem Erdungsanlagen errichtet werden, die nicht nach DIN 18014 ausgeführt werden, sofern die abweichende Lösung – insbesondere im Hinblick auf Erdfühligkeit, Korrosionsbeständigkeit, thermische Beanspruchung und mechanische Festigkeit – gleichwertig sowie für die Erreichung der Schutzziele und Funktionen geeignet ist. Dies gilt entsprechend im Netzgebiet der <Firma Netzbetreiber einfügen>.

Weitere Informationen hierzu erhalten Sie zudem in den FAQ zur VDE-AR-N 4100 auf den Internetseiten des VDE/FNN.“

Der BDEW hat sich mit der BNetzA zur Vorgehensweise mit Blick auf die Formulierungen in den TAB abgestimmt. Unter der Voraussetzung, dass ein Netzbetreiber neben dem Fundamenterder wie beschrieben auch gleichwertige alternative Ausführungsformen zulässt, kann vorübergehend von einer Anpassung des Wortlautes in den TAB abgesehen und z. B. die aktuelle Formulierung der TAB 2019 weiter verwendet werden.

Unter Berücksichtigung der sehr geringen Anpassungen im Wortlaut der TAB 2019 (im Grunde müsste in Abschnitt 11 (3) lediglich das Wort „Fundamenterder“ durch das Wort „Erdungsanlage“ ersetzt werden) und der Voraussetzung, dass gleichwertige alternative Ausführungsformen für Erdungsanlagen zugelassen werden, erscheint der Aufwand, den eine Änderung der TAB des Netzbetreibers nach sich zieht, auch aus Sicht der BNetzA unverhältnismäßig.

Voraussichtlich wird es eine Überarbeitung des BDEW-Bundesmusterwortlauts für Technische Anschlussbedingungen geben. Bei dieser Gelegenheit würde dann auch die Formulierung in Abschnitt 11 (3) angepasst werden.



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