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Redispatch 2.0

Consentec-Gutachten liefert Impulse für Weiterentwicklung

 

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© apidach / Shutterstock

In einem von der BNetzA beauftragten Gutachten zur Weiterentwicklung des Redispatch 2.0 schlägt die Consentec GmbH vor, den regulatorischen Rahmen für die kurz- und mittelfristige Umsetzung im Verteilernetz anzupassen. Gleichzeitig sollen Weichen gestellt werden, um auch langfristig das Ziel eines planbaren bilanziellen Ausgleichs zu erreichen. Die Vorschläge orientieren sich dabei eng an den Positionen des BDEW.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hatte Consentec im Rahmen der Einleitung des Festlegungsverfahrens zur Fortentwicklung des Redispatch 2.0 aus dem September 2023 damit beauftragt, die bestehenden Herausforderungen bei der Umsetzung des bilanziellen Ausgleichs im Redispatch 2.0 zu analysieren und mögliche Lösungswege aufzuzeigen. Hierzu hat Consentec umfassende Austausche mit der Branche geführt und insbesondere die Erfahrungen aus den VNB-Pilotprojekten ausgewertet, in denen bis zum Sommer 2023 der bilanzielle Ausgleich auf Verteilnetzebene erprobt worden war (siehe BDEW-News vom 21. Juli 2023).

Verschiedene Herausforderungen auf Verteilnetzebene

Mit dem Redispatch 2.0 ergeben sich für viele Marktteilnehmer neue Anforderungen: Insbesondere sind die Netzbetreiber in der Verantwortung, den bilanziellen Ausgleich für Redispatch-Maßnahmen zu übernehmen. Während dieses Modell auf der Übertragungsnetzebene bereits erfolgreich praktiziert wird, wurden die zur Erprobung vorgesehenen VNB-Pilotprojekte im August 2023 aufgrund von Praxisrisiken zunächst ausgesetzt. Consentec kommt in seinem am 5. April 2024 veröffentlichten Gutachten zu dem Schluss, dass hierfür eine Vielzahl von Ursachen ausschlaggebend waren.

Maßgeblicher Grund war dabei die beschränkte Leistungsfähigkeit der in vielen Erzeugungsanlagen verbauten und genutzten Funkrundsteuertechnik. Durch die Begrenzung der zur Steuerung maßgeblichen „Telegramme“ und die monodirektionale Kommunikationsverbindung (kommunikative Einbahnstraße) konnte in der Praxis nicht immer die benötigte Redispatch-Leistung aktiviert werden. Weiterhin sorgt auch eine lückenhafte Datenlage für Schwierigkeiten in der Praxis: Gerade im Verteilnetz liegen Stamm-, Planungs- und Echtzeitdaten oftmals nicht oder nicht korrekt vor. Darüber hinaus ergeben sich gerade bei der Kombination des Prognosemodells (bei dem der Netzbetreiber die Anlagenerzeugung prognostiziert und der Redispatch-Planung zugrunde legt) und der Pauschalabrechnung (bei der Anlagenbetreiber auf Basis der letzten gemessenen Einspeisewerte bilanziert werden) zum Teil erhebliche Abweichungen zwischen physikalisch angeforderten und nachträglich ermittelten Redispatch-Mengen. Diese Kombination kommt im Verteilnetz besonders häufig vor.

Zuletzt bestehen laut Consentec Herausforderungen bei der Redispatch-relevanten Soft- und Hardware und bei der Abstimmung zwischen den betroffenen Netzbetreibern. In der konkreten Umsetzung haben sich auch die hohe Komplexität des Redispatch 2.0-Systems, die heterogene Nutzung von Testsystemen und Testabrufen und geringe Vorlaufzeiten vor dem Umsetzungsstart als problematisch herausgestellt.

Lösungsvorschläge basieren auf BDEW-Vorarbeit

Da maßgebliche Probleme bei der Umsetzung des bilanziellen Ausgleichs nicht kurzfristig zu lösen sind oder erhebliche Änderungen erfordern, schlägt Consentec zunächst eine angepasste Variante des Redispatch 2.0 für die mittel- und kurzfristige Nutzung vor, die sich eng an den Vorschlägen der BDEW-Task Force Rahmenbedingungen Redispatch 2.0 orientiert: Anlagen, die bereits heute erfolgreich auf Basis von Planwerten bilanziert werden (Planwertmodell) sollen dort verbleiben. Alle anderen Anlagen im Verteilnetz sollen im Prognosemodell verbleiben, ein Wechsel soll nur nach Zustimmung aller Beteiligten möglich sein. Die Verantwortung für den bilanziellen Ausgleich von Anlagen im Prognosemodell soll vom Netzbetreiber auf den Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) des Lieferanten übergehen. Im Rahmen der BDEW-Übergangslösung zum gesicherten Einstieg in den Redispatch 2.0 übernimmt der BKV bereits heute diese Aufgabe vom Netzbetreiber auf Basis der Geschäftsführung ohne Auftrag. Hierfür soll der BKV laut Consentec eine Kompensation erhalten, die kostendeckend ist und gleichzeitig einen Anreiz für die effiziente Abwicklung des bilanziellen Ausgleichs setzt. Gleiches hatte auch die BDEW-Task Force vorgeschlagen.

Gleichzeitig empfiehlt Consentec darüber hinaus, bereits jetzt die Weichen für eine langfristig sichere und umsetzbare Ziellösung zu stellen: einen planwertbasierten bilanziellen Ausgleich, der entweder durch den Netzbetreiber oder den BKV übernommen werden könnte. Auf dem Weg dorthin sollte schrittweise vorgegangen, umfassend getestet und ausreichende Vorlaufzeiten eingeplant werden, um die bestehenden Probleme zu lösen. In diesem Zuge empfiehlt der Gutachter auch Anreizmodelle für alle beteiligten Akteure. Netzbetreiber könnten beispielsweise Schritt für Schritt die Wälzungsmöglichkeit für Kompensationszahlungen für nicht planbaren bilanziellen Ausgleich von Echtzeit-basierten Redispatch-Maßnahmen verlieren.

BDEW wird Branchensicht einbringen

Zur Erörterung des Gutachtens wird die BNetzA am 2. Mai 2024 einen Branchenworkshop durchführen. Der BDEW wird außerdem am 6. Mai 2024 im Rahmen eines Webinars zu den Ergebnissen des Gutachtens und der Einschätzung der Branche informieren. Die BNetzA wird im nächsten Schritt Eckpunkte zur Anpassung der Redispatch 2.0-Festlegungen veröffentlichen. Der BDEW wird sich in diesen Prozess intensiv einbringen und Branchenpositionen zu den Vorschlägen.

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