Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am Dienstag, 17. September 2024, die Ergebnisse der EEG-Ausschreibung für Windenergie an Land zum Gebotstermin 1. August 2024 bekanntgegeben. Nach vorläufigen Zahlen erhielten 230 Gebote einen Zuschlag mit einer Zuschlagsmenge von insgesamt 2.724 (MW), bei einem ausgeschriebenen Volumen von 2.708 MW. Erstmals seit Februar 2022 war die Ausschreibung überzeichnet. Im Vergleich zur Ausschreibung im Mai 2024 wurden damit 41 Gebote mehr bezuschlagt, mit einem Plus von 344 MW bei der Zuschlagsmenge. Insgesamt liegt damit das gesamte bisherige Zuschlagsvolumen im Jahr 2024 bei 6.897 MW.
Gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 EEG beträgt das Ausschreibungsvolumen für Windenergieanlagen an Land in den Jahren 2024 bis 2028 jeweils 10.000 MW. Dieses wird grundsätzlich gleichmäßig auf die vier Gebotstermine im Jahr – also auf viermal 2.500 MW – aufgeteilt. Da insbesondere das Ausschreibungsvolumen von 9.830 MW in den Ausschreibungsrunden des Jahres 2023 mit 6.376 MW nicht vollständig ausgeschöpft worden ist, konnte das Ausschreibungsvolumen für das Jahr 2024 gem. § 28 Abs. 3 Nr. 1 EEG insgesamt erhöht werden.
Aufgrund einer drohenden Unterzeichnung zum Gebotstermin 1. August 2024 hatte die Bundesnetzagentur das Ausschreibungsvolumen von ursprünglich 4.094 MW auf 2.708 MW reduziert. Trotz der Fortsetzung des positiven Trends bei den Zuschlagsmengen im Vergleich zu den Vorjahren, gibt es zur Erreichung eines ungekürzten Ausschreibungsvolumens von 4.094 MW noch einiges zu tun.
Mit etwas mehr als 900 MW Netto-Zubau und einer installierten Leistung von ca. 62 Gigawatt (GW) im ersten Halbjahr 2024 ist anzuraten, den Zubau der Windenergieanlagen an Land weiter stark zu beschleunigen, um die gesetzlichen Ausbauziele für Windenergieanalagen an Land gem. § 4 Nr.1 EEG erreichen zu können. Bereits jetzt ist abzusehen, dass das Zwischenziel von 69 GW installierter Leistung von Windenergieanlagen an Land im Jahr 2024 nicht erreicht wird.
Die regionale Verteilung der Zuschlagsmengen ähnelt dabei denen vorausgegangener Ausschreibungen. Absoluter Spitzenreiter im Bundesländervergleich ist Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Brandenburg und Schleswig-Holstein. Bayern bewegt sich weiterhin auf niedrigem Niveau. Schlusslicht ist Baden-Württemberg, dort wurde kein einziger Standort bezuschlagt.
Erfolgreiche Beschleunigung und Vereinfachung im BImSchG
Die Beschleunigungsmaßnahmen, insbesondere aus dem Oster-, Sommer- und PV-Paket sind nun in ihrer Wirkung zu erkennen. Konkret konnte bei der Flächensicherung, bei den Genehmigungen und durch den Status des überragenden öffentliche Interesses Geschwindigkeit aufgenommen werden. Durch die Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 6. Juni 2024 kann eine weitere Beschleunigung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land erwartet werden. Dies wird hilfreich sein, um auch zukünftig ein ausreichendes, teilnahmeberechtigtes Gebotsvolumen in den Ausschreibungen zu erreichen.
Weitere Maßnahmen, die zur Erfüllung der Ausschreibungsvolumina beitragen können
Um das Ausbauziel von 115 GW installierter Leistung für Windenergieanlagen an Land bis 2030 erreichen zu können, ist es erforderlich, dass Kostensteigerungen in den Lieferketten als auch in der Projektrealisierung bei der Festsetzung des Höchstwertes durch die Bundesnetzagentur für die Ausschreibungen des Jahres 2025 weiterhin berücksichtigt werden.
Nichtsdestotrotz ist es erforderlich, zunehmende Komplexität bei der Planung und Errichtung von Windenergieanlagen abzubauen, um Verzögerungen beim Ausbau der Windenergie an Land zu vermeiden. Erleichterungen könnten durch die nachfolgenden Punkte erreicht werden:
- Die Umsetzung des Net-Zero Industry Act (NZIA) in nationales Recht muss praxisnah und möglichst unbürokratisch geschehen. Es muss unbedingt ein gangbarer Weg gefunden werden, die Ausbauziele für Erneuerbare-Energien-Technologieträger und die Ziele in der Resilienz zu vereinen.
- Die Umsetzung der RED III-Richtlinie für Windenergie an Land, Photovoltaik und Energiespeicheranlagen bedarf weiterer Anpassungen, damit national umgesetzte Verfahrenserleichterungen nicht ausgehebelt und Rechtsunsicherheiten vermieden werden. Hier beseht insbesondere Nachbesserungsbedarf bei der Beweislast der Behörde im Screeningverfahren, bei den Einmalzahlungen, dem Ausschluss von Gebieten mit besonders sensiblen Vogelarten, dem Repowering (siehe unten), der Anrechenbarkeit von Höhenbeschränkungen und der Erweiterung des Prüfungsumfangs von streng auf besonders geschützte Arten.
- Die geplante Novelle der TA-Lärm mit neuen Immissionsrichtwerten für Dörfliche Wohngebiete droht Flächen für die Energiewende zu begrenzen, Genehmigungen zu verzögern und die Produktion von erneuerbarem Strom erheblich zu reduzieren. Windenergieanlagen an Land drohen Abschaltzeiten bis hin zur Unwirtschaftlichkeit, Hoch- und Höchstspannungsleitungen können nur unter deutlich erschwerten Bedingungen gebaut werden. Um zu verhindern, dass die Ziele der Energiewende durch die Novelle der TA-Lärm negativ beeinflusst werden, müssen die Immissionsrichtwerte für Dörfliche Wohngebiete aus Sicht des BDEW so angepasst werden, dass sie den Immissionsrichtwerten für „Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete“ entsprechen. Der BDEW regt deshalb eine Anpassung der Immissionsrichtwerte auf tags 60 (dB(A) und nachts 45 (dB(A) an. Der Erlass der TA-Lärm bedarf gem. § 48 BImSchG der Zustimmung des Bundesrates. Der Entwurf ist derzeit noch nicht ressortabgestimmt. Falls es nicht zu Verzögerungen kommt, könnte die TA-Lärm in der Plenarsitzung des Bundesrates am 18.10.2024 behandelt werden.
- Zudem spricht sich der BDEW für eine Wiederaufnahme und Verstetigung der am 15. April 2024 entfallenen Regelung in § 31k BImSchG aus, wonach der Schallleistungspegel für Windenergieanlagen an Land um vier Dezibel gegenüber dem genehmigten Wert erhöht werden durfte.
- Durch die vielfältigen beschlossenen oder angedachten Bürgerbeteiligungsgesetze der Bundesländer entsteht ein kaum überschaubarer Flickenteppich. Grundsätzlich ist erfreulich ist, dass der Referentenentwurf zur „EnWG-Novelle“ einen ersten Vorschlag für eine Anpassung der Länderöffnungsklausel gem. § 22b Abs. 6 EEG und damit eine bundesweite Vereinheitlichung vorsieht. Der BDEW plädiert für eine weitere Anpassung der Länderöffnungsklausel dahingehend, Gemeinden oder Landkreise finanziell nach Maßgabe des § 6 EEG zu beteiligen.
- Das Recht zur Verlegung von Netzanschlusskabeln zum Netzverknüpfungspunkt für Erneuerbare-Energien-Anlagen sowie das Recht zur Überfahrt und Überschwenkung während der Errichtung und des Rückbaus gem. § 11a, b EEG sollte auch auf private Flächen ausgeweitet werden. Insbesondere beim Transport der Rotorblätter ist ein Überschwenken von (privaten) Grundstücken kaum vermeidbar und von geringer Nutzungsintensität. Duldungspflichten für Leitungen sind beim Stromnetzausbau (§ 12 Niederspannungsanschlussverordnung (NAV)) sowie dem Breitbandausbau (§ 134 Telekommunikationsgesetz (TKG)) üblich und finden bereits seit vielen Jahren Anwendung (siehe BDEW-Faktencheck). Dies wird den Netzanschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen und damit deren Beitrag zur Energieversorgung vereinfachen und deutlich beschleunigen.
- Die Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein sind Vorreiter bei der frühzeitigen und vorgezogenen vollständigen Ausweisung der prozentualen Anteile der Landesfläche für Windenergie an Land. Dies schafft Planungssicherheit für Vorhabenträger und Projektierer und trägt zur Beschleunigung bei.
- Für die artenschutzrechtliche Signifikanzbewertung nach § 45b Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) fehlt bisher ein Bewertungsmaßstab. Die bisher vorgelegte Rechtsverordnung zur Habitatpotenzialanalyse (HPAV) stellt keinen geeigneten Bewertungsmaßstab dar. Ohnehin sollten die nunmehr veröffentlichte Fortsetzungsstudie zur Probabilistik verrechtlicht werden, um eine drohende Verschärfung der artenschutzrechtlichen Prüfung und damit eine erneute Verlangsamung der Genehmigungen abzuwenden. Die probabilistische Methode, die derzeit für immer mehr Arten entwickelt wird, wird unter anderem im entsprechenden Prüfbericht der Bundesregierung als ein der HPA überlegenes Bewertungsinstrument genannt.
Repowering für Windenergieanlagen an Land weiter stärken
Um die bestehenden planungsrechtlichen Hemmnisse bei der Anwendung der jetzigen Repowering-Regelung zu überwinden, ist eine Anpassungen im Baugesetzbuch (BauGB) notwendig. In § 245e Abs. 3 BauGB muss die Voraussetzung, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen, gestrichen werden. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff führt in der Genehmigungspraxis aktuell zu erheblichen Schwierigkeiten und verhindert die Realisierung zahlreicher Repowering-Vorhaben außerhalb von Windenergiegebieten. Die Streichung der Grundzüge der Planung in § 245e BauGB ist im Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2413 in den Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie sowie für Energiespeicheranlagen am selben Standort („Kabinettsentwurf zur Umsetzung der RED III für WaL&PV“) schon enthalten.
Damit die jüngst in der Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes beschlossenen sinnvollen Ergänzungen für das Repowering in § 16b Abs. 1 bis 6 und Abs. 10 BImSchG nicht ins Leere läuft, regt der BDEW zudem die Aufnahme eines dynamischen Verweises in § 245e Absatz 3 bzw. § 249 Absatz 3 BauGB auf § 16b BImSchG an. Im Gegensatz dazu hält der Kabinettsentwurf zur Umsetzung der RED III für WaL&PV ausgehend vom bisherigen § 16b BImSchG an 2H, also der 2-fachen Gesamthöhe der Neuanlage als maximaler Abstand zu Altanlage fest, wohingegen im BImSchG der Anwendungsbereich nun auf 5H ausgeweitet wurde. Siehe dazu ausführlich in der BDEW-Stellungname vom 14. August 2024 zum BauGB (dort Ziffer 2.7.)
Fadenriss beim zukünftigen Marktdesign vermeiden
Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Ursache für die Überzeichnung der Wind an Land Ausschreibung des Gebotstermins August 2024 die Diskussionen über das zukünftige Marktdesign für die Erneuerbaren-Energien-Technologien im Rahmen des Optionenpapiers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ist. Das derzeitige Förderinstrument für Windenergieanlagen an Land nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 ist durch die Europäische Kommission beihilferechtlich bis zum 31.Dezember 2026 genehmigt (Punkt 2.6. Duration of the support Rn. 211 auf Seite 56). Um den positiven Trend bei den Ausschreibungsrunden für Windenergieanlagen an Land weiter aufrechtzuerhalten ist es entscheidend, dass ein neuer Förderrahmen für Erneuerbare Energien ohne Fadenriss integriert und etabliert werden kann.
Die Einführung eines neuen Fördermodells, das einen wirklichen Systemwechsel bedeutet, erscheint deshalb bis 2027 nicht umsetzbar. Deshalb sollte zunächst ein “Marktmengenmodell” eingeführt werden. Dabei wird eine feste Strommenge zu Zeiten von Preise über null mit einem CfD vergütet. Bei Preisen unter null wird keine Vergütung gezahlt.
Das längerfristige künftige Förderregime muss dann einen markteffizienten Anlageneinsatz fördern und neue EE-Anlagen systemdienlich allokieren. Produktionsabhängige Fördermodelle scheinen dafür langfristig nur bedingt geeignet, daher unterstützt der BDEW als zukünftiges Förderdesign die Wahl eines produktionsunabhängigen Fördermodells: Voraussetzung ist eine nachvollziehbare und praktikable Methodik der Referenzanlage bzw. des Referenzwerts, so dass die Realisierung von Neuanlagen risikoarm erfolgt. Zwingende Voraussetzung ist, dass die genaue Ausgestaltung mit der Branche ausgearbeitet wird, um möglichst keine neuen Probleme zu schaffen.