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Wasserstoff in der Praxis

Anwendungen in der Energiewirtschaft

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© ENERTRAG / Silke Reents

Wasserstoff geht an kaum einem Unternehmen in der Energiewirtschaft vorbei. Er ist tragende Säule der Energiewende und die Technologie ein bedeutender Innovator. Viele BDEW-Mitgliedsunternehmen sind bereits in zahlreichen Projekten engagiert: Sie stellen Wasserstoff in verschiedenen Verfahren her, erproben Transport und Speicherung und setzen ihn in verschiedenen Bereichen ein. Besonders in der Wärmeversorgung von Haushalten, als flexiblen Speicher von Strom aus Erneuerbaren Energien, als Kraftstoff im Verkehr oder Energieträger in der Industrie kann Wasserstoff gezielt genutzt werden, um CO2-Emmissionen zu senken.

Die folgende gewachsene, nicht abschließende Galerie richtet das Rampenlicht auf einige Anwendungsbeispiele aus der Mitgliedschaft. Diese „First Mover“ sammeln seit Jahren Erfahrungen mit Pilot- und Forschungsprojekten oder entwickelten zuletzt beeindruckende Projektkonzepte, die zeitnah umgesetzt werden. Ziel ist es, mittelfristig diese Innovationen in die marktliche Anwendung zu überführen und Stück für Stück den Weg der Energiewende weiter zu beschreiten. 
 

Die "First Mover" in unserer Best-Practice-Galerie

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Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft: Gemeinsam ans Ziel

Der Markthochlauf von Wasserstoff kann nur als gemeinschaftliches Projekt gelingen. Das gilt nicht nur für europäische und internationale Zusammenarbeit, sondern auch für die verschiedenen Wirtschaftszweige untereinander und mit der Politik. Solche Kooperationen werden erleichtert durch Vernetzung und Transparenz.

Eine tolle Möglichkeit, um dies zu erreichen und die verschiedenen Akteure – Produzenten, Verbraucher, Infrastruktur, einzelne Projekte – besser zusammenzubringen, ist die App „H2Connect“ von OGE. Interessierte Akteure einer Wasserstoffwirtschaft können hier Projekte finden, Partner suchen und sich austauschen. Die App zeigt eine geographische Übersicht sowie Detailansichten und regelmäßig aktualisierte Daten zu den einzelnen Vorhaben in der Umgebung und darüber hinaus. 

 

Die Best-Practice-Beispiele der vergangenen Wochen

Mainzer Stadtwerke AG - Wirtschaftlicher Betrieb einer Power-to-Gas-Anlage

(C) Mainzer Stadtwerke_Gesamtansicht.jpg

Gelände des Energiepark Mainz  ©Mainzer Stadtwerke AG

Der Energiepark Mainz ist national und international ein vielbeachtetes Innovationsprojekt im Bereich der Sektorenkopplung und Energiespeicherung. Im Juli 2015 war die weltweit größte Elektrolyseanlage ihrer Art als Forschungsprojekt der Linde Group, Siemens und der Mainzer Stadtwerke mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung gestartet. 

Nach 2-jähriger wissenschaftlicher Begleitung ist der Energiepark inzwischen in den Regelbetrieb übergegangen. Dabei war es sowohl für die Mainzer Stadtwerke wie auch für Linde am Ende der Forschungsphase wichtig, dass die Elektrolyseanlage nicht nur technisch einwandfrei funktioniert, sondern sich auch wirtschaftlich betreiben lässt. 

Die Power-to-Gas Anlage erzeugt unter anderem mit Hilfe von erneuerbarem Strom aus benachbarten Windkraftanlagen der Mainzer Stadtwerke grünen Wasserstoff. Der Elektrolyseur ist auf den schwankenden Ökostrom besten eingestellt, innerhalb weniger Sekunden betriebsbereit und in zwei Minuten auf Vollleistung. Die Maximalleistung beträgt dabei rund sechs Megawatt. Der Energiepark kann damit den Strom von bis zu drei 2-MW-Windrädern aufnehmen. 

Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung und Wasserstoffeinspeisung in das Erdgasnetz

Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung - Energiepark Mainz ©Mainzer Stadtwerke AG

Der in Mainz produzierte, hochreine Wasserstoff wird sowohl von Industrieverbrauchern als auch für öffentliche Wasserstoff-Tankstellen verwendet. In Mainz und Wiesbaden fahren außerdem die ersten beiden Brennstoffzellenbusse mit Wasserstoff

Zudem wird eine nahe gelegene Gasleitung, die einen Stadtteil mit Erdgas zum Heizen und Kochen versorgt, inzwischen bis zu 10% Wasserstoff beigemischt. Für die KundInnen änderte sich nichts, der Preis blieb konstant. Nur das Gas wurde ein Stück weit grüner. 

ZEAG Energie AG - Sektorkopplung mit der Raumfahrt

H2ORIZON ist ein Gemeinschaftsprojekt der ZEAG Energie AG und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zur Entwicklung der Wasserstoff-Technologie zur Marktreife. Das DLR gehört zu den größten Wasserstoffnutzern Europas. Der Standort Lampoldshausen bei Heilbronn, an dem sich die Elektrolyseanlage befindet, liegt in direkter Nähe zu einem der größten Windparks Baden-Württembergs, den die ZEAG betreibt. 

Mit Hilfe dieses Windstroms erzeugt die ZEAG Wasserstoff, speichert ihn und stellt ihn für verschiedene Anwendungsbereiche zur Verfügung. Ein Teil des produzierten Wasserstoffs wird zur Strom- und Wärmegewinnung über eine Gasmisch-Strecke einem Blockheizkraftwerke zugeführt. Dieses BHKW gehört zu einer hochmodernen Wärmezentrale zur Versorgung des Standorts. 

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Hochmodernen Wärmezentrale des Projektes H2ORIZON mit zwei BHKW, einem Erdgasheizkessel und zwei Pufferspeicher ©ZEAG Energie AG

Ein weiterer Teil beliefert die betriebsinterne Tankstelle für die Transportfahrzeuge. Vor allem aber wird flüssiger und gasförmiger Wasserstoff für Triebwerktests z.B. der Ariane-Trägerraketen genutzt. Somit gelingt hier nicht nur die Sektorkopplung mit den Bereichen Wärme und Verkehr, sondern ebenso mit der Raumfahrt. 

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Forschung an der Antriebstechnologie von Trägerraketen durch Beimischung von Wasserstoff in den Treibstoff auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt © Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Jährlich können bis zu 100 Tonnen grünen Wasserstoffs erzeugt und bereitgestellt werden. Hierfür nutzt die ZEAG eine PEM-Elektrolyseanlage, die besonders geeignet ist, um auf die fluktuierende Stromeinspeisung eines Windparks zu reagieren. Die Anlage hat im Jahr 2020 erfolgreich ihren Probedurchlauf mit Bestnoten bestanden und befindet sich nun im Regelbetrieb. 

Seit 2011 erzeugt ENERTRAG in einem Hybridkraftwerk mittels Elektrolyse aus Windstrom grünen Wasserstoff. Dieser wird in das lokale Gasnetz eingespeist, um Endkunden mit Wärme zu versorgen.

Außerdem wird er zur Betankung von PKWs und Bussen sowie in industriellen Prozessen eingesetzt. Eine weitere Anwendung findet Wasserstoff in der Abfüllung von Gasflaschen zur Versorgung von Notstromaggregaten auf Basis von Brennstoffzellentechnologie.  

In Prenzlau wird gezeigt, wie Wasserstoff das erneuerbare Energiesystem stabilisieren kann, indem Flexibilität bereitgestellt wird. Das Hybridkraftwerk ist Teil des erneuerbaren Verbundkraftwerks Uckermark und besteht derzeit aus drei Windenergieanlagen und dem Elektrolyseur mit lokalen Wasserstoffspeichern.

Wasserstoff wird aus Windenergie zu Zeiten starker Winde hergestellt und gespeichert. Mit der Speicherung des Stroms in Form von Wasserstoff kann eine sichere Bereitstellung von Energie auch bei Windstille gewährleistet werden und die Energieproduktion gesamtsystemisch optimiert werden.

Elektrolyseur des Hybridkraftwerks der ENERTRAG in Prenzlau. © ENERTRAG photo credit Silke Reents

Mit den richtigen regulatorischen Rahmenbedingungen kann das Potential der Wind- und Solarenergie voll ausgeschöpft und die erneuerbare Energie allen Sektoren zur Verfügung gestellt werden. Am Standort des Hybridkraftwerkes befinden sich nicht nur die drei zur Wasserstoffproduktion genutzten Windenergieanlagen, sondern mehr als 400 weitere Onshoreanlagen, die nach einer EEG-Umlagebefreiung zur grünen Wasserstoffproduktion eingesetzt werden könnten.

In unmittelbarer Nähe befinden sich Ferngasleitungen, die größere Volumina an grünem Wasserstoff aufnehmen könnten, wenn es die technischen Regeln zuließen. Die aktuelle Regulierung setzt noch nicht die Potenziale frei, die die Energiewirtschaft zu leisten imstande ist.

Die Power-to-Gas-Anlage der Energiedienst AG

Am Rande der baden-württembergischen Gemeinde Grenzach-Wyhlen am Hochrhein, direkt an der Schweizer Grenze, betreibt die Energiedienst AG eine Power-to-Gas-Anlage und stellt seit Dezember 2019 grünen Wasserstoff mittels Elektrolyse her. Das Besondere an diesem Projekt: Der dafür verwendete Ökostrom wird aus dem eigenen Wasserkraftwerk direkt nebenan bezogen, welches jährlich 255.000 MWh grünen Strom produziert. 

Die Anlage hat eine Elektrolyseleistung von 1 MW. Hinzu kommen 0,3 MW einer angeschlossenen Forschungseinrichtung des Zentrums für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung (ZSW). Die für die Errichtung der Anlage erfolgte Baugenehmigung sieht bereits einen späteren Ausbau und damit einer Skalierung der Leistung vor.

Heute erzeugt die Power-to-Gas-Anlage im Volllastbetrieb bereits 430 kg Wasserstoff pro Tag. Damit ließen sich rund 100 Brennstoffzellen-PKW betanken.

Der Elektrolyseur ist das Herzstück der Power-to-Gas-Anlage Wyhlen. © Energiedienst AG

Der umweltfreundliche und CO2-frei gewonnene Wasserstoff kommt vorerst in der naheglegenen Industrie zum Einsatz. Darüber hinaus ist eine Nutzung im öffentlichen Nahverkehr angedacht. Ein umfassendes Konzept sieht überdies vor, dass die bei der Elektrolyse entstehende Abwärme ein neues Wohngebiet in Grenzach-Wyhlen beheizen soll.

Durch diese Verknüpfung von Strom, Mobilität und Wärmeversorgung – Stichwort Sektorenkopplung – soll die Anlage mit dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu senken und die Energiewende zu unterstützen.

Das ZSW Stuttgart betreibt einen Forschungscontainer direkt an der Anlage. © Energiedienst AG

Das Land Baden-Württemberg hat die Anlage als Leuchtturmprojekt gefördert. Zur Erprobung der wirtschaftlichen Nutzung des grünen Wasserstoffs wurde nun auch die Förderung des BMWi im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Reallabore der Energiewende“ zugesagt.

Avacon Netz GmbH und DVGW- Innovationsvorhaben 20 Vol.-% Wasserstoff

Die bestehende Gasinfrastruktur in Deutschland mit 547.000 km Gasleitungen und 47 Untergrundspeichern, birgt große Potenziale für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff. Gleichzeitig besteht neben der Industrie und dem Verkehr im Wärmemarkt ein Anwendungsfeld mit großem CO2-Einsparpotenzial, doch dafür müssen noch die regulatorischen Bedingungen geschaffen werden.

Im Rahmen des DVGW-Energieimpuls und der E.ON-Initiative „Grünes Gas aus Grünem Strom“ verfolgen das Tochterunternehmen Avacon Netz GmbH und der DVGW ein bislang einmaliges Wasserstoffeinspeiseprojekt in einem Gasverteilnetz in Deutschland. 

Bis zu zehn Prozent Wasserstoffbeimischung sind derzeit in vielen Ortsnetzen zulässig. Im Jerichower Land in Sachsen-Anhalt wird nun im „Innovationsvorhaben 20 Vol.-% Wasserstoff“ getestet, ob die doppelte Wasserstoffkonzentration als der aktuelle Grenzwert bei-gemischt werden kann. Gasheizungen, andere Gasendgeräte und die Gasinstallation werden dabei einem Verträglichkeitstest unterzogen.

Skizze des Projektes „Innovationsvorhaben 20 Vol.-% Wasserstoff“ © Avacon

Der konkrete Netzabschnitt des Gasverteilnetzes, eignet sich deshalb für das Projekt, da die dort verbaute Netzinfrastruktur und Endgerätetechnik repräsentativ und die Ergebnisse für unterschiedliche Verteilnetzbetreiber skalierbar sind. Sollte das neue Projekt zu dem Ergebnis kommen, dass 20 Prozent Wasserstoff im Netz zu keinerlei Störungen oder Auffälligkeiten führen, kann das DVGW-Regelwerk angepasst werden. Das Projekt läuft bis Mitte 2023.

Darüber hinaus engagiert sich Avacon in zahlreichen weiteren Projekten und Studien. So ist der Energiedienstleister zusammen mit Salzgitter Flachstahl und Linde Partner beim Projekt „Windwasserstoff für Stahlwerk Salzgitter“, bei dem grüner Wasserstoff aus Windkraft vor allem bei der Stahlherstellung zur CO2-Einsparung eingesetzt werden soll.

Im Rahmen eines geplanten Projektes mit EEW Energy from Waste soll wiederum grüner Strom neben Windkraft aus einer bestehenden thermischen Abfallverwertungsanlage der EEW gewonnen und effektiv zur Erzeugung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden.

Enercity und Gasnetz Hamburg - Wasserstoff für die Energieversorgung eines Wohnquartiers

In Hamburg-Bergedorf versorgt enercity contracting seit Juni 2019 das Wohnquartier "Am Schilfpark" mit Wärme und Strom. Mit zwei hocheffizienten KWK-Modulen sowie ein Brennwertkesselanlage liefert die Energiezentrale Heizenergie über ein Nahwärmenetz für 273 Wohnungen und speist Strom in die Elektrizitätsversorgung ein. 

Gemeinsam mit den Partnern Gasnetz Hamburg, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) und dem Bezirk testet enercity die Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz. Der Wasserstoffgehalt im Brennstoffgemisch für die Energiezentrale soll bis zu 30 Volumenprozent betragen. Im Fokus der Erprobung steht der Betrieb der enercity-Energiezentrale mit schwankenden Wasserstoffanteilen im Gas. Der Wasserstoff wird aus regenerativ erzeugtem Strom hergestellt und in einer Anlage von Gasnetz Hamburg flexibel beigemischt. 

Beimischung von bis zu 30 % Vol. Wasserstoff in die Gasversorgung des Quartiers © Gasnetz Hamburg 

Dieses Modell für eine energie- und ressourceneffiziente Stadt ist auch Gegenstand des EU-Projektes mySMARTLife mit den Partnerstädten Nantes in Frankreich und Helsinki in Finnland und wird von der HAW wissenschaftlich betreut. Damit fördert das Projekt den Austausch von Know-how zur Wasserstofftechnologie und nachhaltigen Lösungen für urbanes Leben.

EWE AG - Verbindung von Energie- und Verkehrswende

EWE betreibt auf seinem Kavernengelände, einem Untertage-Gasspeicher im niedersächsischen Huntorf einen skalierbareren Elektrolyseur mit einer Leistung von aktuell 25 Kilowatt.

Dieser bezieht grünen Strom aus einer 100 Kilowatt-Photovoltaikanlage in direkter Nachbarschaft. Die Photovoltaik-Anlage ist so ausgelegt, dass sie den Grundlastbedarf des Gasspeicher-Standortes von rund 80 Kilowatt jederzeit bedienen kann. Der entstehende Überschussstrom wird in grünen Wasserstoff umgewandelt.

Der vor Ort befindliche Speicher sorgt dafür, dass fünf wasserstoffbetriebene Elektrofahrzeuge der EWE-Fahrzeugflotte bedarfsgerecht mit Wasserstoff betankt werden können. Dafür gibt es bereits eine Wasserstoff-Tankstelle, die sich neben dem Elektrolyseur auf dem Kavernengelände befindet.

Elektrolyseur und Speicher auf dem Kavernenspeichergelände von EWE in Huntorf © EWE AG

Dieses Anwendungsprojekt verdeutlicht, dass erneuerbare Energien nicht ausschließlich über den elektrischen Weg nutzbar gemacht werden können, sondern insbesondere bei schleppendem Netzausbau auch die Umwandlung in grünen Wasserstoff eine sehr gute Option darstellt. 

Perspektivisch ist die Erhöhung der Elektrolyseleistung, die Anbindung an ein Leitungssystem sowie die Speicherung des Wasserstoffs in unterirdischen Kavernen denkbar.

GP JOULE GmbHG - Das Projekt „eFarm“

Das Projekt „eFarm“ ist das bisher größte grüne Wasserstoff-Mobilitätsprojekt in Deutschland. Im Kreis Nordfriesland, Schleswig-Holstein, wird mit dem Pilotprojekt eine Wasserstoff-Infrastruktur von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Flottennutzung realisiert.

Ziel dabei ist, ein gemeinschaftliches, nachhaltiges Wirtschaften mit Erneuerbaren Energien in die Gesellschaft zu bringen: im Verbund Wasserstoff produzieren, transportieren, verarbeiten und vermarkten.

Die Wertschöpfungskette beginnt mit der dezentralen Erzeugung von Ökostrom aus Bestandsanlagen (Solar- und Windkraftanlagen), der direkt vor Ort in Elektrolyseuren Wasser in grünen Wasserstoff umwandelt.

Windstrom für die Elektrolyseanlage von GP Joule © GP Joule

Die Abwärme wird zum Heizen von gewerblichen und privaten Gebäuden genutzt. Der Wasserstoff wird an zwei eigens gebauten Wasserstofftankstellen in Niebüll und Husum zur Verfügung stehen.

Initial werden zwei Wasserstoffbusse und 30 Brennstoffzellen-PKW als Verbraucher angeschafft. Die Busse werden im ÖPNV eingesetzt.

Die Initiative GET H2 - Wasserstoffinfrastruktur von Windkraft bis Raffinerie

Die Partner der Initiative GET H2 bp, Evonik, Nowega, OGE und RWE Generation wollen gemeinsam die erste öffentlich zugängliche Wasserstoffinfrastruktur aufbauen. Das Leuchtturmprojekt GET H2 Nukleus verbindet die Erzeugung von grünem Wasserstoff mit industriellen Abnehmern in Niedersachsen und NRW. 

Als ersten Teilabschnitt einer deutschlandweiten Wasserstoffinfrastruktur planen die Projektpartner die Umsetzung einer Transportpipeline auf rund 130 km Länge von Lingen nach Gelsenkirchen. Der grüne Wasserstoff soll im niedersächsischen Lingen aus Windstrom erzeugt werden. Hierzu will RWE an ihrem Kraftwerksstandort in Lingen eine Elektrolyseanlage mit einer Leistung von mehr als 100 MW errichten.

Bestehende Gasleitungen der Fernleitungsnetzbetreiber Nowega und OGE sowie des Verteilnetzbetreibers Evonik werden auf den Transport von 100 Prozent Wasserstoff umgestellt, Evonik errichtet zudem einen Teilneubau. Über diese Infrastruktur wird der klimaneutrale Rohstoff zu Chemieparks und Raffinerien in Lingen, Marl und Gelsenkirchen transportiert. Die Unternehmen setzen den grünen Wasserstoff in ihren Produktionsprozessen ein und reduzieren so erheblich ihre CO2-Emissionen.

Ziel der Industrieunternehmen ist die Betriebsbereitschaft des regulierten Netzes und eines Elektrolyseurs bis Ende 2023, um so schnell einen wesentlichen Beitrag für eine CO2-ärmere Zukunft zu leisten. Neben der Realisierung einer öffentlichen Wasserstoffinfrastruktur ist die ausdrückliche Zielsetzung des Projektes, die Elektrolyse-Technik durch großskaligen Einsatz zur Serienreife zu bringen und damit die Kosten für die Produktion von grünem Wasserstoff zu senken.

Der GET H2 Nukleus ist der erste Baustein einer deutschlandweiten Wasserstoffinfrastruktur. Als nächster Schritt sind die Anbindung bestehender Kavernenspeicher sowie weiterer Wasserstofferzeugungen und -abnehmer bereits angedacht. Voraussetzung für die Realisierung des Projekts ist dessen Wirtschaftlichkeit; hierfür sind unter anderem geänderte regulatorische Rahmenbedingungen notwendig, um den Einsatz von grünem Wasserstoff voranzubringen.

Das innovative SmartQuart von E.ON - Quartierskonzept mit Wasserstoff-Microgrid

Das innovative Projekt SmartQuart, das ein Konsortium aus zehn Partnern unter der Leitung des Energieunternehmens E.ON erarbeitet hat, wird bis Ende 2024 neue Produkte und Lösungen für die Planung, die Errichtung und den Betrieb energieoptimierter Quartiere entwickeln.

Ziel des Projekts ist es, den Einsatz fossiler Energieträger in den Projektquartieren weitgehend überflüssig zu machen. Mit dem Programm werden zukunftsfähige Energietechnologien unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab erprobt. Technologisches Kernelement ist der Austausch von Energie und die intelligente Vernetzung innerhalb und zwischen den drei Quartieren in Essen und Bedburg in Nordrhein-Westfalen sowie Kaisersesch in Rheinland-Pfalz.

Infografik zum gesamten Konzept SmartQuart von E.ON © E.ON 

Die Gemeinde Kaisersesch repräsentiert dabei das kleinstädtische Mischgebiet. Die Innovation in dem Quartier besteht aus einer neuartigen Kopplung von Elektrolyse, kommunalem Klärwerk, Wärme- und Stromverbrauchern sowie Mobilitätsanwendung. Grüner Strom, z.B. vorzugsweise aus lokalen Windkraft- und Photovoltaikanlagen, wird hier in einer Power-to-Gas-Anlage zunächst in Wasserstoff umgewandelt. Per Microgrid kann dieser dann die wasserstoffbetriebene Busflotte für den regionalen ÖPNV versorgen.

Außerdem kann der Wasserstoff in einem Blockheizkraftwerk mittels KWK für zeitversetzte Wärmenutzung eingesetzt werden. Die Wärme wird an gewerbliche oder Industriekunden verteilt. Darüber hinaus ist es möglich, den Wasserstoff auch großvolumig zwischen zu speichern oder transportfähig zu machen. Hier kommt die neuartige LOHC Technik (Liquid Organic Hydrogen Carrier) in Anwendung. 

Dieses Energiemanagementsystem vernetzt alle Verbraucher und Erzeuger der Quartiere systemisch und steuert den Energiefluss. Das Projekt SmartQuart will damit zeigen, dass Quartiere als flexible Teile eines zukünftigen Energiesystems zu Akteuren der Energiewende werden können.

Hansewerk Natur GmbH - Mit Wasserstoff emissionsfrei und versorgungssicher heizen

In Hamburg-Bahrenfeld versorgt HanseWerk Natur mit einem Blockheizkraftwerk (BHKW) 30 Wohngebäude, eine Sport- und eine Kindertagesstätte sowie das Freizeitzentrum Othmarschen Park mit Nahwärme. Jährlich werden hier von HanseWerk Natur 13.000 Megawattstunden Wärme bereitgestellt.

Um zu zeigen, dass schon heute mit bestehender Infrastruktur ein erheblicher Beitrag zum CO2-Sparen geleistet werden kann, wurde das Erdgas-BHKW nun vom österreichischen Gasmotorenhersteller INNIO auf Wasserstoff umgerüstet – im laufenden Betrieb.

Hierzu wurde von INNIO der Motor auf den Wasserstoffbetrieb mit Turbolader, Ansaugbank, Zylinderköpfen, anderen Ventilen und Leitungen angepasst. Der Motor ist jetzt so flexibel, dass er nicht nur mit 100 % Erdgas, sondern auch mit 100 %Wasserstoff oder sogar im Mischgasbetrieb Wärme und Strom produzieren kann.

Ansicht des umgerüsteten Wasserstoff-BHKW © HanseWerk Natur GmbH & INNIO

Nach eigenen Angaben hat dieses BHKW damit den weltweit ersten Motor, der im Feldbetrieb auf Wasserstoff umgerüstet wurde – und das in der 1-Megawatt-Klasse! Für die angeschlossenen Netzkunden ändert sich auch während der Projektphase nichts. Die Versorgungssicherheit ist auch mit Wasserstoffeinspeisung jederzeit gewährleistet.

Das Pilotprojekt soll wichtige Erkenntnisse für den zukünftigen Betrieb der BHKW-Motorenflotte von HanseWerk Natur liefern. Bislang ist in Erdgasnetzen nur bis zu 10 % Wasserstoff-Beimischung möglich. Zukünftig könnten BHKW aber auch größere Wasserstoff-Anteile beziehen oder in neu entstehenden Quartieren komplett mit Wasserstoff laufen, sodass sie auf diese Weise klimafreundlich Strom und Wärme erzeugen.

Reallabor Westküste 100

Das „Reallabor Westküste 100“: Dahinter steht eine branchenübergreifende Partnerschaft aus den BDEW-Mitgliedsunternehmen Ørsted, Thüga und OGE sowie den Partnern Stadtwerke Heide, EDF Deutschland, Holcim Deutschland, Raffinerie Heide, thyssenkrupp Industrial Solutions, der Entwicklungsagentur Region Heide und der Fachhochschule Westküste. Sie alle arbeiten am Aufbau einer regionalen Wasserstoffwirtschaft an der Westküste Schleswig-Holsteins.

Dabei verfolgen sie einen ganzheitlichen Ansatz, um branchenübergreifend Stoffkreisläufe zu verzahnen: Offshore-Windenergie wird genutzt, um an der Raffinerie Heide durch Elektrolyse grünen Wasserstoff zu erzeugen. Dieser kann in einer Salzkaverne zwischengespeichert und über eine H2-Pipeline zum bestehenden Erdgasnetz transportiert werden.

Über diese Infrastruktur wird der Wasserstoff für seine Anwendung in der Wärmeversorgung, zur Treibstoffherstellung und in industriellen Prozessen bereitgestellt. Am Anfang dieses Wasserstoff-Projekts steht grüner Strom.

Offshore-Windpark von Ørsted in der Nordsee zur Produktion von grünem Strom für die Elektrolyse © Ørsted

Idealerweise aus einem Offshore-Park wie hier von Weltmarktführer Ørsted. Keine andere erneuerbare Energiequelle wie die Offshore-Windkraft liefert so zuverlässig große Mengen an grünem Strom für die Wasserstoffproduktion. Innerhalb des 5-jährigen Projektzeitraums soll zunächst eine Elektrolyseanlage mit einer Leistung von 30 Megawatt installiert werden. Sie liefert Erkenntnisse zu Betrieb, Wartung, Steuerung und Netzdienlichkeit der Anlagen, um diese in einem nächsten Skalierungs-Schritt in der Größenordnung von 700 MW zu überführen. 

OGE erforscht in diesem Projekt, wie sich Wasserstoff langfristig in die vorhandene Gasinfrastruktur einbinden lässt. Dafür wird erstmalig eine komplette Wasserstoffinfrastruktur nach dem Vorbild des Erdgasnetzes installiert und in einem mehrjährigen Realbetrieb getestet. Das Wasserstoffnetz entsteht zwischen der Raffinerie, den Stadtwerken, einem Kavernensystem und dem bestehenden Erdgasnetz auf Basis einer erstmalig eingesetzten Pipelinetechnologie. So könnte der in Wasserstoff umgewandelte grüne Strom in Kavernen gespeichert und jederzeit zur industriellen Nutzung überführt werden.

Infografik zur Produktion, Infrastruktur und Anwendung von grünem Wasserstoff © www.westkueste100.de

Die Thüga, und Stadtwerke Heide testen dabei unter realen Bedingungen, inwieweit eine Wasserstoffbeimischung in das bestehende Gasnetz für das Betreiben von Heizungen machbar ist. Hierfür soll in einem Netzabschnitt mit mehr als 200 Endkunden bis zu 20 Volumenprozent Wasserstoff beigemischt werden. Auf ihrem Weg zu dekarbonisierten Gasnetzen können alle Thüga-Partner damit auf die Resultate und Erfahrungswerte aus dem Reallabor bauen.

Ein Anwendungsgebiet für den Wasserstoff ist die Produktion klimafreundlicher Treibstoffe für Flugzeuge. Dazu soll das Kohlendioxid (CO2), das in einem regionalen Zementwerk entsteht, als Rohstoff zusammen mit dem grünen Wasserstoff in der Raffinerie zur Herstellung von synthetischen Kohlenwasserstoffen eingesetzt werden.

Diese können zum Beispiel als synthetischer grüner Flugkraftstoff genutzt werden und einen weiteren Durchbruch bei der Dekarbonisierung bedeuten. Des Weiteren könnte der bei der Elektrolyse ebenfalls produzierte Sauerstoff in Industrieprozessen eingesetzt werden und damit einen wichtigen Beitrag zur Emissionsreduzierung der Zementindustrie leisten.

Shell und ITM Power - Grüner Wasserstoff für Industrie und Verkehr

Grauer Wasserstoff – so genannt, weil per Erdgas-Reformation gewonnen – wird vielerorts bereits seit langer Zeit produziert. Für eine CO2-ärmere Energiewende aber kommt es nun darauf an, binnen kurzer Zeit große Mengen des so genannten grünen Wasserstoffs – aus erneuerbarer Energie also – zu produzieren. Mit der REFHYNE-Anlage – dem nach eigenen Angaben derzeit weltgrößten PEM- („Proton Exchange Membrane“)-Elektrolyseur – in der Rheinland Raffinerie im Süden von Köln schaffen Shell und ITM Power eine wichtige Voraussetzung.

REFHYNE ist eine EU-geförderte Pilotanlage. Die Spitzenleistung beträgt 10 Megawatt, die Produktionskapazität liegt bei rund 1.300 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Das ist – gemessen am Bedarf der Raffinerie an Wasserstoff – noch keine sehr große Menge, aber ein sehr guter Anfang für einen weiteren Ausbau. Die Kapazität soll perspektivisch auf eine großtechnische 100 MW Industrieanalage verzehnfacht werden. Zum einen kann damit der CO2-Ausstoß der Raffinerie deutlich reduziert werden, in der zukünftig nachhaltige Flugkraftstoffe hergestellt werden sollen. Zum anderen kann der Elektrolyseur auch für den primären und sekundären Netzausgleich eingesetzt werden, was zur Netzstabilität beiträgt. Mitte 2021 soll die neue Anlage in Betrieb gehen. 

Noch ist der Elektrolyseur im Werk Wesseling im Bau © Shell Deutschland Oil GmbH

Shell will perspektivisch ein führender Anbieter von grünem Wasserstoff in Deutschland werden. Bereits heute ist das Unternehmen an der Industrieinitiative H2 Mobility Deutschland beteiligt, die gemeinsam mit anderen Industriepartnern ein Tankstellennetz von 100 Stationen bis 2021 in Deutschland aufbaut – rund 40 H2-Stationen davon im Netz der Shell. Dabei wird die gesamte H2-Wertschöpfungskette in den Blick genommen: Von der Stromproduktion mittels Offshore-Wind über die Produktion von grünem Wasserstoff bis hin zum Vertrieb für Industrie und Mobilität.

HyCAVmobil - Wasserstoffspeicher tief unter der Erde

In Rüdersdorf bei Berlin baut EWE im Rahmen des Forschungsprojektes „HyCAVmobil“ einen unterirdischen Kavernenspeicher ins Salzgestein, um erstmalig 100 Prozent Wasserstoff unter der Erde zu speichern. Auf dem Gelände hat EWE bereits zwei seiner 37 Erdgaskavernen gebaut. Kavernen sind riesige Hohlräume in unterirdischen Salzstöcken, in denen Gase sicher gespeichert werden können. 

Der Bau für die kleine Testkaverne startet im Februar 2021. Zunächst errichtet EWE auf einer bereits vorhandenen Bohrung einen Bohrturm. Anschließend wird bis Anfang April ein Stahlrohr von der Erdoberfläche bis in 1.000 Meter Tiefe eingebaut und einzementiert. Dieses Stahlrohr wird die spätere Testkaverne sicher mit der Erdoberfläche verbinden. Damit schafft EWE die Grundlage für die anschließende Aussolung der kleinen Testkaverne im Herbst 2021.

Zukünftiger Bohrturm, wie er auch in Rüdersdorf errichtet wird © Jörg Schattling

Dafür wird ein ca. 500 Kubikmeter großer Hohlraum mit Wasser aus dem eigenen Teich und aus dem vorbeifließenden Mühlenfließ ausgewaschen. Der Hohlraum entspricht der Größe eines 25 Meter langen, 10 Meter breiten und 2 Meter tiefen Schwimmbeckens. Mit einem Kavernen-Fassungsvermögen von 500 Kubikmetern ist es nach Fertigstellung möglich, insgesamt bis zu sechs Tonnen Wasserstoff einzulagern. Damit könnten zum Beispiel 1.000 Wasserstoff-PKW vollgetankt werden. 

In der zweiten Jahreshälfte 2022 erwartet EWE erste Erkenntnisse, wie sich die Speicherung auf die Reinheit des Wasserstoffs auswirkt und wie die Einbindung von Wasserstoff in das deutsche Energiesystem gelingen kann.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Vernetzte Energiesysteme ist Kooperationspartner bei diesem Forschungsprojekt und bewertet unter anderem die Qualität des Wasserstoffs während des Speicherns und nach der Entnahme aus der Kaverne. Dabei erfolgen, nach Untersuchungen im Labormaßstab, Versuche an der Testkaverne unter kontrollierten, realen Bedingungen.

Die Wasserstofftestkaverne entsteht in 1.000 m Tiefe © EWE / C2 Visual Lab

Die Materialien, Komponenten und Nutzeranforderungen, die das DLR untersucht, liefern wichtige Erkenntnisse für eine optimale Integration in das Energiesystem. Die Erfahrungen, die die kleine Forschungskaverne bietet, sollen problemlos auf Kavernen mit dem 1.000-fachen Volumen übertragbar sein. Ziel sei es, zukünftig Kavernen mit Volumina von 500.000 Kubikmetern zur großtechnischen Wasserstoffspeicherung zu nutzen.

Initiative AquaVentus - Wasserstoffproduktion auf Hoher See

Um Wasserstoff klimaneutral herzustellen, sind in Zukunft massive Investitionen in den Ausbau Erneuerbarer Energien notwendig. Denn Strom aus Wind, Solar oder Wasserkraft ist die Grundlage für klimafreundlichen Wasserstoff. Eine Form der regenerativen Stromerzeugung hat die Initiative AquaVentus in den Fokus genommen, um Wasserstoff klimafreundlich herzustellen: die Offshore-Windenergie

Die Initiative hat sich das Ziel gesetzt, mit Strom aus Offshore-Windkraftanlagen ebenfalls auf See installierte modulare Elektrolyseure im industriellen Maßstab zu betreiben. Bis zum Jahr 2035 sind Elektrolyseanlagen in der Nordsee mit einem Gesamtvolumen von 10 Gigawatt geplant. Bis zu 1 Million Tonnen grüner Wasserstoff können so erzeugt werden. Mit so einer Menge ließen sich 125.000 LKW mit Brennstoffzellenantrieb jährlich betreiben.

Helgoland, die einzige deutsche Hochsee-Insel, dient dabei als zentraler Knotenpunkt. Von dort kann der Wasserstoff zunächst noch in flüssiger Form per Schiff und später über eine zentrale Sammelpipeline an Land transportiert werden. Eine Teilmenge verbleibt für den Wärme- und Mobilitätsbedarf auf der Insel und steht für den Schiffsverkehr im Servicehafen zur Verfügung. Kooperationspartner von AquaVentus sind RWE, Shell, Gasunie, Gascade, EnBW, E.ON, HanseWerk und Vattenfall sowie die Insel Helgoland und 24 weitere Partner.

Simulation von Offshore-Windkraftanlagen und einer zentralen Wasserstoff-Erzeugungsplattform in der Nordsee vor Helgoland © AquaVentus

Die Projektfamilie rund um die AquaVentus Initiative umfasst zahlreiche Teilprojekte entlang der Wertschöpfungskette von der Herstellung von Wasserstoff in der Nordsee bis zum Transport zu Abnehmern auf dem Festland. Diese aufeinander abgestimmten Projekte synchronisieren Bedarf und Erzeugung und ermöglichen den entsprechenden Markthochlauf.

Hierzu gehören zum Beispiel: Die Entwicklung von Offshore-Windturbinen mit integrierter Wasserstofferzeugung (AquaPrimus), eines großskaligen Offshore-Wasserstoff-Parks (AquaSector), einer zentralen Abnahmepipeline (AquaDuctus), Hafeninfrastrukturen (AquaPortus), maritime wasserstoffbasierte Anwendungen (AquaNavis) sowie Forschungsplattform (AquaCampus). Bis Ende 2022 schafft die Initiative dafür die notwendigen Rahmenbedingungen.

In einem ersten Pilotprojekt ist zunächst die Installation zweier innovativer Offshore-Wind Wasserstoff-Turbinen im Küstenmeer vor Helgoland geplant. Dabei wird der Elektrolyseur am Fuße des Windrades installiert. Die 2x14-Megawatt-Anlagen werden per Pipeline angebunden. Der Probetrieb dient zur Vorbereitung der Serienreife, im späteren Regelbetrieb versorgen sie dann Helgoland mit Wasserstoff.

Der Endpunkt „Doggerbank“, eine Sandbank in der Nordsee, bindet an weitere Offshore-Wasserstoff-Hubs an. Querverbindungen nach Großbritannien, Dänemark und in die Niederlande machen Wasserstoff als universelles Handelsprodukt europaweit verfügbar. 

Gasnetz Hamburg GmbH - Lokales Wasserstoffverteilnetz zur Dekarbonisierung der Industrie

Im Rahmen des Projektes "Hamburger Wasserstoff-Industrie-Netz" unterstützt Gasnetz Hamburg energieintensive Industrien im Hafen bei ihrem Ziel der Dekarbonisierung ihrer Produktion. Bis 2030 wird ein neues Wasserstoffkernnetz errichtet und sukzessive bis 2035 durch umgewidmete, zahlreich angrenzende Erdgasleitungen ergänzt. So wird die Wasserstoffinfrastruktur genau dort entstehen, wo der Bedarf an Wasserstoff am größten und der Nutzen für den Klimaschutz besonders hoch ist – nämlich mit einer CO2-Ersparnis der Industrie von 34 Prozent bis 2030.

Weil genaue Zeitpläne beim vorgelagerten Netz wie bei den entstehenden Wasserstoffprojekten noch nicht vorliegen, wird das Netz für verschiedene Szenarien vorbereitet: für die Einspeisung durch lokale Elektrolyseanlagen im Hafen, Anlieferung über Ferngasleitungen aus Schleswig-Holstein oder den Niederlanden sowie ein möglicherweise entstehendes Wasserstoff-Importterminal an der Elbe.

Die vorgesehenen Leitungen sind für eine Kapazität von rund 3,3 Gigawatt Wasserstoff ausgelegt. Das erlaubt eine Wasserstofftransportmenge von rund 100 Tonnen pro Stunde – also das Transportvolumen von 100 Wasserstoff-Tank-LKWs pro Stunde. 

Interaktive Karte zu Hamburgs Wasserstoffzukunft © Gasnetz Hamburg GmbH

Auch für die H2-Mobilität bietet HH-WIN ideale Anschlussmöglichkeiten: Tankstellen für den Schwerlastverkehr und für Fahrzeuge sowie Schiffe in der Hafenlogistik lassen sich direkt an die geplante Wasserstoffinfrastruktur anschließen.

Das neue Wasserstoffverteilnetz schafft somit eine verlässliche Basis für die entstehende Wasserstoffwirtschaft, an der das Industriareal sowie die gesamte Hansestadt von Anfang an aktiv teilnehmen kann, s. auch Wasserstoffkarte Hamburg.

Energiepark Bad Lauchstädt - Wertschöpfungsübergreifender Einsatz von Wasserstoff

Wasserstoff lässt sich vielfältig einsetzen: ob in der Strom- oder Wärmeversorgung, in der Mobilität oder auch in der chemischen Industrie. Industrieprojekte zum wertschöpfungsübergreifenden Einsatz von grünem Wasserstoff fehlen allerdings bisher. Hier setzt das großtechnische Power-to-Gas-Projekt „Energiepark Bad Lauchstädt“ an, dem VNG, VNG Gasspeicher und ONTRAS Gastransport beteiligt sind sowie Terrawatt, Uniper und das gastechnologische Institut DBI.

Ab 2021 soll im mitteldeutschen Chemiedreieck die Herstellung, der Transport, die Speicherung und der wirtschaftliche Einsatz von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab untersucht werden: Mittels einer Großelektrolyse-Anlage von bis zu 30 MW wird unter Einsatz von erneuerbarem Strom aus einem nahe gelegenen Windpark grüner Wasserstoff produziert.

Verrohrung: Erdgasleitungen können für die Wasserstoffnutzung angepasst werden © VNG/Jeibmann Photographik

In einer eigens dafür ausgestatteten Untertage-Salzkaverne mit einem Arbeitsgasvolumen 50 Mio. m³ kann der Wasserstoff zwischengespeichert werden. Transportiert wird er über eine bereits vorhandene, umgestellte Erdgaspipeline mit einer Kapazität von 100.000 m³/h.

Es folgt eine Einspeisung in das Wasserstoffnetz der in Mitteldeutschland ansässigen chemischen Industrie und eine entsprechende Vermarktung. Diese kann nur dauerhaft durch eine Schaffung attraktiver regulatorischer Rahmenbedingungen als auch der Entwicklung neuer Wasserstoffhandelsprodukte erfolgreich sein.

Kühlung, Gasspeicher Bad Lauchstädt © VNG/Jeibmann Photographik

Darüber hinaus kann dieser grüne Wasserstoff perspektivisch für urbane Mobilitätslösungen eingesetzt werden. Damit werden im Energiepark Bad Lauchstädt alle Aspekte zur intelligenten und volkswirtschaftlich optimalen Integration des Energieträgers grüner Wasserstoff – und damit einer großskaligen Demonstration der Sektorkopplung – abgedeckt.

KMU-Beispiele: Stadtwerke Krefeld, Stadtwerke Nienburg, Stadtwerke Münster, Stadtwerke Schweinfurt

Das Thema Wasserstoff geht an kaum einem Unternehmen in der Energiewirtschaft vorbei. Auch der Mittelstand mischt hier tatkräftig mit! Viele kleine und mittlere Unternehmen deutschlandweit unterstützen den Markthochlauf von Wasserstoff und initiieren eigene Pro-jekt, bauen Geschäftsmodelle auf und dekarbonisieren große Teile ihrer Emissionen. Die folgende kleine Auswahl zeigt beeindruckende Beispiele von KMU aus der BDEW-Mitgliedschaft.  

Stadtwerke Krefeld: Wasserstoff aus Abfall 

Ab 2024 sollen die ersten Busse der SWK Stadtwerke Krefeld AG sowie Abfallsammelfahrzeuge der GSAK mit dem selbst hergestellten Wasserstoff durch Krefeld fahren. Der Strom für die Wasserstoffherstellung mittels Elektrolyse kommt aus dem hohen Anteil biogener Abfälle - wie Holz, Papier, Pappe, Pflanzen- und Speiseresten - einer Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA), ist entsprechend zertifiziert und damit die Basis für grünen Wasserstoff.

Die Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage der SWK, aus der der Strom für die Elektrolyse gewonnen wird © SWK Stadtwerke Krefeld AG

Der SWK-Konzern kann den gesamten Kreislauf von der Abfallsammlung über die Verwertung bis hin zur Produktion des Wasserstoffs aus einer Hand leisten. Die Versorgungssicherheit ist durch Produktion im 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen im Jahr gegeben. In der ersten Ausbaustufe können dann zunächst zehn neu anzuschaffende Brennstoffzellen-Busse mit Wasserstoff betankt werden.

Die Fertigstellung der Elektrolyse-Anlage ist für Ende 2023 geplant und soll mit einer Leistung eines Megawatts starten Die geplante Anlage ist jedoch modular erweiterbar, um in Zukunft sukzessive mehr Fahrzeuge mit Wasserstoff versorgen zu können. 

Stadtwerke Nienburg: Hybrid-Fabrik für die Verkehrswende 

Die Stadtwerke Nienburg wollen die Energiewende im Straßenverkehr einen großen Schritt voranbringen: mit einer Hybrid-Fabrik zur Erzeugung von grünem Wasserstoff, einer eigenen Wasserstofftankstelle und Abnehmern aus der Region. Das Konzept sieht vor mittels Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen. Den grünen Strom dafür liefern zwei Windkraftanlagen und ein Solarpark.

Geplante Hybrid-Fabrik der Stadtwerke Nienburg © Stadtwerke Nienburg

In unmittelbarer Nachbarschaft in bester Verkehrslage soll eine Wasserstofftankstelle entstehen. Schon in der ersten Ausbaustufe soll genügend grüner Treibstoff produziert werden, um den Jahresbedarf von zwei Buslinien und mehreren Lkw zu decken. Somit führt allein die erste Ausbaustufe zu einer CO2-Einsparung von rund 266 Tonnen pro Jahr. Das Wasserstoffprojekt der Stadtwerke Nienburg kann bedarfsorientiert weiterwachsen. 

Stadtwerke Münster: Wasserstoff für den ÖPNV

Die Strategie des Energie- und Mobilitätsunternehmens Stadtwerke Münster sieht vor, Münster grün zu machen, sowohl was Strom, Wärme als auch Mobilität angeht. Sie setzen bei der Elektrifizierung der Busflotte auf eine Mischung zwischen Bussen mit Batterie, die auf kürzeren Linien fahren und Ökostrom nachtanken, und solchen mit Wasserstofftank und Brennstoffzelle, die mit einer Tankfüllung auch längere Strecken über 350 km schaffen.

Wasserstoffbusse für Münster © Stadtwerke Münster GmbH

Während Batteriebusse schon seit 2015 durch Münster fahren, ist der erste H2-Bus erst seit Dezember 2020 im Einsatz. Weitere Wasserstoffbusse haben die Stadtwerke bereits bestellt. Noch ist die knappe Verfügbarkeit der Busse aber der Flaschenhals.

Bei der Betankung arbeitet das kommunale Unternehmen mit der Westfalen Gruppe zusammen, die bereits seit 2016 eine öffentliche Wasserstofftankstelle nahe der A1 in Münster-Amelsbüren betreibt. Die bisherigen Tests mit dem Wasserstoffbus zeigen: Wasserstoff kann ein wichtiger Träger der Verkehrs- und Energiewende werden.

Stadtwerke Schweinfurt: Energienetze für großindustrielle Wasserstoffproduktion

Die Stadtwerke Schweinfurt und die Siemens AG Smart Infrastructure wollen bei der Produktion von grünem Wasserstoff für industrielle Anwendungen zusammenarbeiten. Hierzu haben die Unternehmen eine Absichtserklärung unterzeichnet, die eine gemeinsame Untersuchung und Prüfung zur Umsetzung einer Wasserstoffproduktion am Industriestandort Schweinfurt zum Gegenstand hat.

Das Projekt soll die Realisierung eines PEM-Elektrolyseurs mit einer für den Standort geeigneten Kapazität ermitteln. Ziel der beiden Unternehmen ist es, grünen Wasserstoff aus erneuerbarem Strom und Wasser zu gewinnen und im industriellen Großmaßstab herzustellen. Schwerpunkt der Einsatzbereiche sollen Mobilität und Industrie sein. Auch die Option zur Erweiterung in Richtung Methanolsynthese (grüner Kraftstoff) ist denkbar.

Anwendung von Wasserstoff für nachhaltige Mobilität und klimafreundliche Industrieprozesse in Schweinfurt © Stadtwerke Schweinfurt GmbH

Über den netzdienlichen Einsatz der Anlagen könnte zudem die Sektorenkopplung zwischen den Schweinfurter Strom-, Gas- und Wärmenetzen gefördert werden. Die Energienetze am Standort sind für großindustrielle Anforderungen bestens ausgelegt.

Durch die zentrale und logistisch günstige Lage mit direkter Anbindung an die Autobahnen, das Schienennetz sowie die Binnenschifffahrt könnten neben dem lokalen Verbrauch in Schweinfurt große Mengen Wasserstoff für den überregionalen Bedarf verteilt werden. Außerdem wird geprüft, ob die Abwärme der Elektrolyse industriell weiter genutzt werden kann, um dadurch eine möglichst hohe Energieeffizienz zu erzielen.

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