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Fridtjof Detzner:

„Fördern nur Firmen, die Teil der Lösung sind“

Mit Wagniskapital die Welt verbessern: Fridtjof Detzner von Planet A will Start-ups groß machen, die dem Klima nutzen.

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© Daria Fürst / BDEW

Schon als Schüler betrieb Fridtjof Detzner eine kleine Internetagentur, nach dem Abitur entwickelte er zusammen mit zwei Freunden den Webbaukasten Jimdo: ein Unternehmen, das heute über 200 Mitarbeitende beschäftigt und weltweit mehr als 25 Millionen Kundinnen und Kunden zählt. Darauf könnte man sich ausruhen. Fridtjof Detzner aber hat sich Großes vorgenommen: Unter dem Motto „Build something, the planet needs“ rief er 2020 in Hamburg zusammen mit fünf Partnerinnen und Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft den Wagniskapitalfonds Planet A ins Leben. Das erklärte Ziel: Start-ups zum Erfolg verhelfen, deren Geschäftsmodell sich positiv auf Klima und Umwelt auswirkt. Im Interview spricht Fridtjof Detzner darüber, wie man Greenwashing von echt nachhaltigen Lösungsansätzen unterscheidet – und welche Chancen die Energiebranche für Gründerinnen und Gründer bietet.

Herr Detzner, Sie selbst haben Ihr erstes Unternehmen 2007 gegründet. Ist es aus Ihrer Sicht seitdem eher schwerer oder einfacher geworden, aus einer Idee ein Geschäftsmodell zu machen?
Ich würde sagen: Es ist anders geworden. Anders, weil manche Dinge, zum Beispiel durch die digitalen Möglichkeiten, leichter geworden sind. Aber die Prozesse haben sich dadurch beschleunigt – und so muss auch die Umsetzung einer Idee heute viel zielgerichteter und schneller funktionieren. Das ist herausfordernd. Zudem führt das vermehrte Auftreten von Venture Capital zu einer ganz anderen Wettbewerbssituation als damals. Weil man einfach sehr viel länger nach vorne bauen kann, bevor man profitabel werden muss. Und das erhöht die Entwicklungsgeschwindigkeit des Marktes.


Seit 2020 betreiben Sie den Wagniskapitalfonds Planet A. Wie kam es dazu, dass Sie die Seite gewechselt haben – vom Gründer zum Kapitalgeber?
Mich hat eine Asienreise, die ich für die Deutsche Welle machen durfte, auf sehr krasse Weise mit der Realität konfrontiert. Klar wusste ich auch schon vorher, dass auf unserer Welt vieles falsch läuft. Aber auf dieser Reise habe ich mit Farmern in Zentralindien gesprochen, die unter den Missernten als Folge des Klimawandels derart leiden, dass die Selbstmordrate steigt. Ich habe Menschen kennengelernt, die kein sauberes Wasser haben und bin nach Bangladesch gereist, wo Kinder unsere Klamotten nähen. Und ich komme da hin, als prototypisch privilegierter Mensch aus Westeuropa und muss mir eingestehen: Ich bin einer der Verursacher dieser Probleme. Das hat mich nach dieser Zeit in eine Krise gestürzt und in eine Phase der Reflexion, in der ich mich gefragt habe: Was kann ich beitragen, um das zu ändern? Für mich liegt die Antwort darin, dass wir unsere Wirtschaft umbauen müssen und einen stärkeren Fokus darauflegen, die richtigen Sachen zu machen. 

„Die richtigen Sachen machen“ – wie übersetzen Sie das in eine Investmentstrategie? 
Wenn es darum geht, unsere Welt zu verbessern, kommt Risikokapitalgebern eine große Gestaltungsmacht zu, weil sie die Zukunft von Unternehmen und ganzen Branchen erheblich beeinflussen. Bei Planet A zum Beispiel fördern wir nur Firmen, von denen wir klar wissen, dass sie wirklich Teil der Lösung sind. Dafür bewerten wir die Produkte und Technologien immer aus zwei Perspektiven: aus der wissenschaftlichen, evidenzbasierten Perspektive und aus der wirtschaftlichen. Um das tun zu können, haben wir ein internes wissenschaftliches Team an Bord, das auf Augenhöhe mitentscheidet und die Möglichkeit hat, jeden Deal abzuwählen. 

Was sind aus Ihrer Sicht aktuelle Technologien oder Trends in der Energiewirtschaft, mit denen Newcomer besonders punkten können?
Die Energiewirtschaft ist ein Feld, auf dem wahnsinnig viel los ist und wo es großes Potenzial gibt. Denn eigentlich gibt es an jeder Ecke etwas umzubauen oder zu verändern. Die großen Trendbegriffe sind sicherlich Dezentralisierung, Dekarbonisierung und Digitalisierung. Der Zugang zu grüner Primärenergie ist spannend, ebenso wie synthetische Kraftstoffe oder langfristige Möglichkeiten der Energiespeicherung. Und obwohl es in diesen Bereichen viele konkurrierende Ideen gibt, sind das sicher auch diejenigen, auf die man in Zukunft setzen sollte.  

Macht dieser bewegliche, offene Markt im Bereich der Energie es für neue Unternehmen leichter oder schwerer, Fuß zu fassen?
Natürlich ist dieses Rennen gegen andere Gründerinnen und Gründer stressig. Auf der anderen Seite ist es gesamtgesellschaftlich ausgesprochen gut, dass es so viele Ideen und Lösungsansätze gibt. Denn: Diese sind ja nicht „nice to have“, nicht optional. Sondern wir sprechen hier über notwendige Innovationen, von denen alle profitieren. Und davon können wir eigentlich nie genug haben.

Ohne Geld bleibt die beste Idee meist nur eine Idee. Venture Capital, Business Angels oder staatliche Förderung – wo liegen eigentlich die Unterschiede? Und welches Finanzierungsmodell passt zu welchem Start-up? 
Ich glaube, wer die Chance hat, eine staatliche Förderung zu bekommen, sollte diese unbedingt wahrnehmen. Das ist oft Geld, für das man keine Anteile weggeben muss – und das ist super. Auf der anderen Seite ist der Nachteil, dass es meist kein „informiertes Geld“ ist, also dass man weder Expertise noch ein Netzwerk dazugewinnt. In diesem Bereich sind Business Angels sehr stark, gerade, wenn man ganz am Anfang steht. Der Nachteil an diesem Finanzierungsmodell ist, dass die Ticketgröße – also die Höhe der Geldsumme – meist beschränkt ist. Bei Venture Capital wiederum herrscht eine andere Dynamik: Hier kann man von größeren Summen profitieren, oft auch von Expertise und Kontakten.



Aber man muss sich im Klaren sein, dass es meist auf einen Exit hinausläuft: einen Verkauf, einen Börsengang, einen Merger oder Ähnliches. Welche Route ein Start-up einschlagen sollte, lässt sich so pauschal nicht beantworten. Ich kann nur raten, dass man – wie in allen anderen Fragen auch – sich hier unbedingt mit so vielen anderen Gründerinnen und Gründern wie möglich austauschen sollte. Nur so kann man aus den unterschiedlichen Erfahrungen lernen.

Letzte Frage an den Investor: An welchen Kriterien messen Sie Start-ups, die sich bei Ihnen um Kapital bewerben?
Natürlich haben wir zum einen klassische Fragen wie: Ist das Team top? Gibt es einen Markt für die Idee? Haben wir Expertise in diesem Feld? Im zweiten Schritt machen wir für jedes Start-up, das uns interessiert, eine Lebenszyklus-Analyse. Das heißt, wir prüfen – und zwar bis zur kleinsten Schraube: Wie werden die Ressourcen extrahiert, wie wird transportiert, wie wird weiterverarbeitet, welche Energiequellen werden genutzt? Und schließlich auch: Wie sieht das „Lebensende“ des Produkts aus? Hierzu ziehen wir Daten der Unternehmen selbst heran, nutzen aber auch Datenbanken sowie wissenschaftliche Studien. Im Ergebnis wissen wir dann sehr genau, wie hoch das ökologische Innovationspotenzial eines Start-ups wirklich ist. Oder ob es sich nur um Greenwashing handelt.

 

Fridtjof Detzner…

…gründete 2007 zusammen mit zwei Freunden den Homepage-Baukasten Jimdo. Dafür erhielt er 2015 den Deutschen Gründerpreis, heute ist er Mitglied im Kuratorium der Auszeichnung. Seit 2020 betreibt Fridtjof Detzner gemeinsam mit Unternehmer*innen und Wissenschaftler*innen den Wagniskapitalfonds Planet A, der in nachhaltige Start-ups investiert.

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