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3 Fragen an...

Prof. Klaus Hurrelmann

Kaum jemand kennt die Sorgen und Zukunftspläne der jungen Generation wie er: 3 Fragen an den Bildungsforscher Prof. Klaus Hurrelmann.

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© Robert Albrecht/BDEW

Herr Hurrelmann, Corona-Pandemie, Kampf gegen den Klimawandel und nun auch noch ein Krieg in Europa: Wie wirkt sich die gefühlte „Dauerkrise“, in der wir leben, auf das Verhältnis zwischen Jung und Alt aus?
Bisher gibt es keine Generationenspaltung – das Verhältnis von Kindern zu ihren Eltern ist ausgesprochen gut. Und die jungen Menschen wollen auch keine Spaltung, im Gegenteil: Sie wollen die drängenden Probleme dieser Zeit in einem generationenübergreifenden Schulterschluss lösen.

Aber langsam hinterlassen die Krisen der vergangenen Jahre deutliche Spuren bei den 14- bis 29-Jährigen. Das hat die jüngste Trendstudie „Jugend in Deutschland“ von meinem Kollegen Simon Schnetzer und mir klar bestätigt: Die jungen Menschen machen sich mehr Sorgen und blicken weniger positiv in die Zukunft als die Generationen vor ihnen. Vor dem Hintergrund der Folgen des Ukraine-Kriegs und der starken Inflation glauben sie nicht mehr daran, dass sie finanziell das Niveau ihrer Eltern werden halten können. Und es stimmt ja auch: Auf Basis des eigenen Einkommens langfristige Investitionen, wie etwa eine eigene Wohnung oder ein Haus, zu stemmen – das ist heute nicht mehr realistisch. Hier zeichnet sich am Horizont ab, dass das zu Spannungen zwischen den Generationen führen kann. 

Den Generationen Y und Z wird immer wieder unterstellt, wenig leisten, aber viel verdienen zu wollen. Wie würden Sie das Verhältnis der jungen Menschen zum Berufsleben beschreiben?
Die Bereitschaft zur Leistung ist auch bei der jungen Generation da. Aber, und das ist neu: Die Konditionen müssen stimmen. Berufsanfängerinnen und -anfänger heute äußern Einstellungen und Erwartungen, wie es sich frühere Generationen nicht getraut hätten. Sie fordern ein gutes Betriebsklima, flache Hierarchien, Feedbackkultur, eine hohe Wertschätzung und eine Balance zwischen Beruf und Privatleben. Zusätzlich soll es auch finanziell stimmen. Das stellt Personalchefinnen und -chefs vor große Herausforderungen.

Aber die Marktmacht ist nun mal verändert: Die Unternehmen brauchen die sehr gut qualifizierten jungen Menschen. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich auf sie einzustellen. Wir stehen deshalb vor einer Umwälzung der Arbeitsbedingungen: Die jungen Menschen werden ihre Maßstäbe durchsetzen und Unternehmen müssen zusehen, wie sie die Vorstellungen der jungen Generation in ihre Teamstruktur und Arbeitsweise einbeziehen. Sie müssen gleichsam „Generationenmanagement“ betreiben. 


Wären Sie persönlich heute gerne jung? 
Ein klares „Ja“. Natürlich ist eine anstrengende und schwierige Zeit. Gleichzeitig eröffnet sich die Chance, an den Krisen zu wachsen: Die jungen Menschen heute können sich nicht darauf verlassen, dass alles seinen einfachen Weg gehen wird. Sie müssen sich auch auf komplizierte Wege einstellen.

Damit verbunden sind eine große Achtsamkeit und Sensibilität den Lebensverhältnissen, dem eigenen Körper und der Psyche gegenüber, die man an den jungen Menschen heute beobachten kann. Das imponiert mir – und da wäre ich schon gern dabei.

 

Klaus Hurrelmann…

…ist einer der führenden Bildungs- und Sozialisationsforscher Deutschlands und als Senior Professor of Public Health and Education an der Hertie School in Berlin tätig. Im Fokus seiner Arbeit stehen die Jungen und Jüngsten: Seit über 20 Jahren ist er Mitglied im Leitungsteam der Shell Jugendstudien und der World Vision Kinderstudien. Zusammen mit Simon Schnetzer gibt er seit 2020 halbjährlich die Trendstudie „Jugend in Deutschland“ heraus. 2018 erhielt er den Titel eines Ehrendoktors der PH Freiburg.

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