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Broschüre: Smart Grids in Deutschland

Zum ersten Mal haben Energiewirtschaft und Herstellerindustrie gemeinsam Potenziale zum Aufbau intelligenter Energienetze identifiziert und Empfehlungen zur Umsetzung im Verteilnetzbereich vorgelegt. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) haben heute die Analyse "Smart Grids in Deutschland" vorgestellt. Darin wurde untersucht, welche Technologien zum Einstieg in das intelligente Netz verfügbar sind und welches Potenzial diese zur Lösung der Herausforderungen in den regionalen Verteilnetzen mitbringen.


"Die Analyse zeigt, dass bereits heute acht auf dem Markt verfügbare Komponenten erfolgversprechend für den Einstieg in ein Smart Grid made in Germany sind. Diese sind Sensorik im Netz, Netzleittechnik, Kommunikations- und Daten-Infrastruktur, regelbare Windkraft, regelbare Photovoltaik, kleinere KWK-Anlagen, Pumpspeicherkraftwerke sowie Komponenten zur Blindleistungskompensation", erläuterte Roger Kohlmann, Mitglied der BDEW-Hauptgeschäftsführung im Rahmen des Fachkongresses "Treffpunkt Netze 2012" in Berlin.

Die Integration der Erneuerbaren Energien sei eine große Herausforderung für die Verteilnetze. Schon heute würden einige Netzgebiete zeitweise zu mehr als 100 Prozent durch regenerativ erzeugten Strom ausgelastet. "Bereits heute stehen viele Verteilnetzbetreiber vor der Aufgabe, das Netz nicht nur auszubauen, sondern parallel möglichst intelligent zu modernisieren. Sogenannte Smart Grids sind ein wichtiger Teil bei der Umsetzung der Energiewende. Ihr Einsatz kann die technische Systemintegration der Erneuerbaren ins Netz verbessern und gleichzeitig unter bestimmten Prämissen auch den Netzausbau reduzieren", erklärte Kohlmann.

Der BDEW hat in Zusammenarbeit mit Verteilnetz-Experten analysiert, welche technischen Komponenten dabei ein besonders hohes Potenzial versprechen und bereits heute als relativ marktnah eingeschätzt werden. Diese Einschätzung wurde gemeinsam mit Experten der im ZVEI organisierten Herstellerindustrie überprüft und führte im Ergebnis zu der vorliegenden Bewertung. 25 technische Komponenten aus den Bereichen Netz, Gebäude, Erzeugung, Speicherung sowie Informations- und Kommunikationstechnologie wurden hinsichtlich ihres Potenzials und ihrer Marktnähe bewertet.

Die Expertenanalyse zeigt, dass acht bereits heute auf dem Markt verfügbare Komponenten erfolgversprechend sind. Beispielsweise belegen nach der Analyse des BDEW und ZVEI Erfahrungen aus Pilotprojekten, dass durch den Einsatz von regelbaren Ortsnetztransformatoren etwa 90 Prozent aller Spannungsabweichungen ausgeregelt werden können. Darüber hinaus kann unter bestimmten Voraussetzungen durch den Einsatz von intelligenten Ortsnetzstationen und neuen Wechselrichtern eine verbesserte Auslastung der bestehenden Verteilnetz-Infrastruktur erzielt werden. "Mit dem Einsatz dieser technischen Komponenten könnte 20 bis 25 Prozent mehr Strom durch die Verteilnetze geschickt werden", erläuterte Kohlmann.

Daraus abgeleitet gibt es aus Sicht des ZVEI und BDEW für die Verteilnetzbetreiber drei Handlungsfelder zum schnellen Einstieg in das intelligente Netz. Kurzfristig könne die Informationssituation durch gezielt installierte Sensorik im Netz verbessert werden. Im zweiten Schritt könne mit dem neuen Einsatz regelbarer Ortsnetzstransformatoren, regelbarer blindleistungsfähiger Wechselrichter, entsprechend standardisierter Kommunikations- und Dateninfrastruktur sowie Netzleittechnik das Netz tatsächlich intelligent gemacht werden. "Mit Hilfe dieser Komponenten kann eine Verteilnetz-Automatisierung erreicht werden", so Kohlmann. Als drittes Handlungsfeld stehe für die Verteilnetzbetreiber die systemorientierte Ein- und Ausspeisung zur Verfügung. Hohes Potenzial würden hier regelbare Photovoltaik- und Windenergieanlagen, Wärmepumpen, sowie Mikro- und Mini-Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen (KWK) bieten.

Nicht zu vernachlässigen sei das Potenzial der Speichertechnologien. Doch dafür ist es laut der Analyse noch zu früh. Diese könnten in der Energieversorgung der Zukunft für eine weitere Flexibilisierung sorgen und Energieerzeugung nutzbar machen, die heute aus Gründen der Systemstabilität abgeregelt werden müsse. Spätestens nach 2030 seien Speichertechnologien sogar eine Voraussetzung, um die Defizitphasen der regenerativen Stromerzeugung überbrücken zu können. Durch eine Speicherung bzw. Abregelung von drei bis fünf Prozent der erzeugten Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien könne im Einzelfall eine Verdopplung der Netzanschlusskapazität ermöglicht werden.

Die Analyse von BDEW und ZVEI macht deutlich, dass der Einsatz von Technik wie der von regelbaren Transformatoren oder Sensorik bereits heute sehr sinnvoll ist, um kurzfristig den Um- und Ausbau der Verteilnetze voranzutreiben. Roger Kohlmann: "So vielversprechend die ersten konkreten Schritte in die neue Netzwirtschaft sind, muss aber auch klar sein: sie sind kein Selbstläufer. Die mit diesem Konzept verbundene Vision kann nur dann weiter effektiv durch die Branche eingelöst werden, wenn eine Priorisierung und Konkretisierung der vom Gesetzgeber bereits angelegten smart-grid-relevanten Maßnahmen vorgenommen wird. Geschieht dies nicht, laufen wir bei diesem Thema Gefahr, in eine Komplexitätsfalle zu geraten. An dieser Priorisierung und Konkretisierung müssen wir gemeinsam arbeiten: Unternehmen, Politik, Regulierung. Nur dann kann das Großprojekt Energiewende gelingen."

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