Drucken

Die Wasserwirtschaftliche Jahrestagung des BDEW: Vorrang, Verursacher und neue Vorgaben im Mittelpunkt

Dass Trinkwasser im Prinzip Vorrang haben sollte vor allen anderen Nutzungen, darin waren sich die Politiker*innen auf der Tagung einig. Doch wo und wie dies am besten geregelt werden sollte, darüber gab es Divergenzen.

None

© BDEW

Während die Bundestagsabgeordneten Dr. Bettina Hoffmann (Grüne/Bündnis 90) und Michael Thews (SPD) dies auf Bundesebene regeln wollen, plädierten Marie-Luise Dött (CDU) und Dr. Lukas Köhler (FDP) eher für die Europa- und Regionalebene.

Das Fondsmodell zur Finanzierung von Reinigungsleistungen, das BDEW-Vizepräsidentin Leroy auf dem traditionellen Branchentreffen der Wasser- und Abwasserwirtschaft am 16. und 17. März 2021 nochmals in den Vordergrund gestellt hatte, fand die grundlegende Zustimmung von Frau Dr. Hoffmann und Herrn Thews. Herr Dr. Köhler dagegen rückte die Punktquellen (Krankenhäuser u. a.) in den Fokus, während Frau Dött für Selbstverpflichtungen der Industrie, die Aufklärung der Bürger*innen sowie „spezielle und kreative“ Lösungen plädierte.

Erfreulich für die kommunal verankerte Wasserwirtschaft in Deutschland: alle vier Politiker*innen wollen an der Ausnahme für die Wasserwirtschaft in der EU-Konzessionsvergaberichtlinie festhalten. Ein wichtiges Signal an die EU-Kommission und die Bundesregierung, das hier von der Wasserwirtschaftlichen Jahrestagung ausgeht.

Welche Rolle spielt die Wasserwirtschaft in der Klimadebatte?

fragten sich Dr. Marcel Meggeneder, der Vorsitzende des Fachausschusses Trinkwasserpolitik im BDEW und junge Politiker*innen im zweiten politischen Panel der Tagung.

  • Sarah Harden, Mitglied im Bundesvorstand und Vorsitzende der Kommission Klima, Umwelt und Energie, Junge Union
  • Georg Kurz, Bundessprecher, Grüne Jugend
  • Laura Schieritz, stellvertretende Bundesvorsitzende, Junge Liberale
  • Ferike Thom, stellvertretende Bundesvorsitzende, Jusos

beeindruckten mit Fachkompetenz und Diskussionstiefe die Teilnehmer*innen der Tagung. Schnell wurde klar, dass der Markt eben nicht alles „entlohne“ - daher forderten Ferike Thom und Georg Kurz, die Wasserwirtschaft nicht als diesen zu betrachten. Laura Schieritz dagegen plädierte dafür mit ordnungspolitischen Instrumenten z. B. auch die Probleme mit der Landwirtschaft anzugehen. Sarah Harden wies darauf hin, dass der Staat nicht alles besser regeln könne und die größten Wassernutzer die Industrie und die Landwirtschaft seien und nicht die öffentliche Wasserversorgung.

Gelungener digitaler Austausch mit Kolleg*innen in Corona-Zeiten

Obwohl die Tagung ausschließlich digital stattfand, gab es großzügige Pausen, in denen die Teilnehmer*innen andere Kolleg*innen kennenlernen konnten. Selbst spontane bilaterale Gespräche waren im digitalen Raum möglich – dank einer modernen und interaktiven Plattform. Weiterhin gab es einen moderierten offenen Raum am 2. Tag fürs Netzwerken.

Auswirkungen hat die neue Trinkwasserverordnung auf die Praxis?

Dr. Birgit Mendel, Bundesministerium für Gesundheit stellte die neuen Regelungen der EU-Trinkwasserrichtlinie vor, die nun in das deutsche Recht überführt werden müssen. Daher ist die Trinkwasserverordnung zu novellieren. Wichtige Elemente hierzu, wie erweiterte Informationspflichten für die Wasserversorger, diskutierte sie mit Dr. Thomas Rapp, Umweltbundesamt und Christoph Wagner, Stadtwerke Düsseldorf.

Ein roter Faden für Veränderungsprozesse

Einen Kompass für nachhaltige Veränderungsprozesse präsentierte Nina Trobisch, Dramaturgin für Change und Kreativität, Lumen GmbH: Das Heldenprinzip. Ein universelles Prinzip, das jede/r für sich und sein Unternehmen anwenden kann – gerade jetzt, wo uns die Corona-Pandemie zu Veränderungen zwingt oder einlädt, diese auch danach weiter zu denken.

Digitalisierung

Digitalisierung stand im Forum Trinkwasser im Mittelpunkt. Aktuelle Vorhaben und Entwicklungen wie Funkwasserzähler und die Übertragung von Daten mittels LoRaWan werden umfänglich beleuchtet. Mit Sicherheitsvorgaben durch die Kritisverordnung und das IT-Sicherheitsgesetz müssen sich alle Betreiber kritischer Infrastruktur befassen. Herr Kay Tidten stellte die neuesten Entwicklungen direkt aus dem „Maschinenraum“ des Bundesinnenministeriums vor. Der BDEW hat eine Antwort auf einige Fragen der Digitalisierung entwickelt: Frau Beatrice Treder stellt den mit der Jahrestagung veröffentlichten Leitfaden einer Digitalisierungsstrategie umfassend und leicht verständlich vor. Der Leitfaden steht auf der Homepage des BDEW zum Download bereit.

Abwasser

Im abwasserpolitischen Forum skizzierte Frau Rosenstock die aktuellen Vorstellungen der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der EU Richtlinie Kommunales Abwasser (RL 91/271/EWG). Sie gab auch eine langfristige Perspektive bis 2050.

Dabei ging es nicht nur um die zukünftigen Anforderungen der Abwasserreinigung auf den Kläranlagen, sondern auch um Fragen der Niederschlagswasserbehandlung, die energetische Effizienz, die Rückgewinnung von Ressourcen aus dem Abwasser, wie zum Beispiel Phosphor, um Treibhausgasemissionen und die Entfernung von Spurenstoffen aus dem Abwasserstrom.

Prof. Jardin, Vorsitzender des BDEW-Fachausschusses Abwasserpolitik, der das Forum moderierte, begrüßte, dass die Europäischen Kommission bei den möglichen neuen Vorgaben nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die Betriebskosten im Blick hat und überlegt, inwiefern diese von den Verursachern finanziert werden können. Hierzu stellte Prof. Schitthelm das Fondsmodell zur verursachergerechten Finanzierung von Reinigungsleistungen vor. Herr Ontyd, der zum Marktpotential von P-Rezyklaten im Rahmen der Klärschlammverwertung referierte, berichtete, dass sich die Bereitschaft der Industrie, P-Rezyklate entsprechend hoher Qualität anzunehmen, in den letzten Monaten sehr positiv entwickelt hat.

Nächstes Jahr: 2022

Insgesamt war die Wasserwirtschaftliche Jahrestagung eine gelungene, interaktive, und moderne Tagung – komplett digital.

Wir freuen uns auf Sie bei unserer Wasserwirtschaftlichen Jahrestagung 2022! Anregungen für Themen werden jetzt schon gerne entgegengenommen. Zudem werden wir eingehend prüfen, welche Präsenz- und Online-Elemente gegebenenfalls miteinander kombinierbar sind.


Alle aktuellen BDEW-News bequem per Mail erhalten? 

Dann abonnieren Sie den BDEW-Newsletter. Täglich oder wöchentlich zu den für Sie wichtigen Themen – Sie entscheiden.

ZUR ANMELDUNG


Suche