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EU-Kommission veröffentlicht neue kommunale Abwasserrichtlinie

Unter anderem soll die Erweiterte Herstellerverantwortung zur Finanzierung der vierten Reinigungsstufe eingeführt werden. Dafür setzt sich der BDEW seit Jahren ein.

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© pingphuket / Shutterstock

Am 26. Oktober 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Legislativvorschlag für die Überarbeitung der kommunalen Abwasserrichtlinie (91/271/EWG). Mit den darin vorgeschlagenen Maßnahmen soll ein besserer Schutz der Umwelt und Gesundheit erreicht werden. Zudem soll das Verursacherprinzip umgesetzt werden, der Sektor energieneutral und perspektivisch klimaneutral werden und gleichzeitig durch die Überwachung von Abwasser auf verschiedene Gesundheitsparameter hin zur Abwehrbereitschaft der EU gegen Pandemien beitragen.

Vierte Reinigungsstufe

Die Kommission möchte die vierte Reinigungsstufe bis 31.12.2035 verpflichtend für alle Kläranlagen größer oder gleich 100.000 EW einführen. Gleichzeitig soll bis zum 31.12.2040 die vierte Reinigungsstufe ebenfalls für Siedlungsgebiete zwischen 10.000 und 100.000 EW überall dort eingeführt werden, wo höhere Mikroschadstoffkonzentrationen ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen.

Erweiterte Herstellerverantwortung

Zur Finanzierung dieser Maßnahmen und der neuen Monitoringverpflichtungen, sieht der Kommissionsvorschlag die vom BDEW geforderte Umsetzung des Verursacherprinzips durch die Einführung der Erweiterten Herstellerverantwortung vor. Mitgliedstaaten sollen dazu verpflichtet werden, die Erweiterte Herstellerverantwortung auf nationaler Ebene für Arzneimittel für den menschlichen Gebrauch sowie für Kosmetikprodukte anzuwenden. Die individuellen Beiträge der Hersteller ergeben sich aus der Quantität und der Toxizität der in den Umlauf gebrachten Stoffe.

Energieneutralität

Der Entwurf sieht vierjährige Energie-Audits für Kläranlagen ab 100.000 EW bis Ende 2025 so-wie für Kläranlagen ab 10.000 EW bis Ende 2030 vor. Darüber hinaus soll die gesamte jährlich produzierte Energiemenge aus Erneuerbaren Energien, die auf Kläranlagen (≥ 10.000 EW) erzeugt wird, bis Ende 2030 50% des Energiebedarfs dieser Kläranlagen decken. Bis Ende 2040 soll sich dieser Anteil dann auf 100% erhöhen.

Abwasserüberwachung

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sieht der Legislativvorschlag ein regelmäßiges Monitoring von relevanten Gesundheitsparametern im Abwasser vor. Die Mitgliedsstaaten sollen dazu eine Koordinationsstruktur der zuständigen Behörden errichten, die sich mit der Festlegung der zu untersuchenden Parameter und der Häufigkeit sowie Methode der Probeentnahme befassen soll. Solange SARS-CoV-2 noch als ein Risiko angesehen wird, soll das Abwasser von mindestens 70 % der Bevölkerung untersucht werden und Proben in Kläranlagen ≥ 100.000 EW mindestens einmal pro Woche durchgeführt werden. Darüber hinaus soll ab 2025 regelmäßig für alle Siedlungsgebiete von 100.000 EW und mehr die Antibiotikaresistenz in den Kläranlagenabläufen überprüft werden.

Nächste Schritte

Mit der Veröffentlichung des Legislativvorschlags von Seiten der Kommission beginnt nun das ordentliche Gesetzgebungsverfahren. Das Europäische Parlament und der Rat entwickeln parallel zueinander ihre Positionen und verhandeln anschließend gemeinsam mit der Kommission im Rahmen der sogenannten Triloge den finalen Rechtstext.

Der BDEW wertet den Legislativvorschlag derzeit im Detail aus und wird in den kommenden Wochen unter Einbezug seiner Mitgliedsunternehmen eine aktualisierte Stellungnahme sowie konkrete Änderungsvorschläge zum Rechtsakt verfassen.

Hintergrund

Die Europäische Kommission überarbeitet zurzeit die aus dem Jahr 1991 stammende Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser (RL 91/271/EWG). Die Richtlinie betrifft das Sammeln, Behandeln und Einleiten von kommunalem Abwasser und das Behandeln und Einleiten von Abwasser bestimmter Industriebranchen und soll Umweltschäden durch die Einleitung von unzureichend gereinigtem kommunalem Abwasser verhindern. Der BDEW hatte bereits im Rahmen der Beantwortung der öffentlichen Konsultation zur Überarbeitung der Richtlinie eine umfassende Stellungnahme verfasst, in der die Kernpunkte der kommenden Überarbeitung aus Sicht der deutschen Wasserwirtschaft beleuchtet werden und diese in Reaktion auf die im Oktober 2021 vorgestellten Politikoptionen weiter zugeschnitten.

Der BDEW berichtete im Februar 2022 im Zusammenhang über Spurenstoffe, SARS-CoV-2, Information der Öffentlichkeit, Energieeffizienz, Reduktion von Treibhausgasemissionen und Phosphorrückgewinnung.

Im Sommer 2021 stellte der BDEW seinen Mitgliedsunternehmen, im Zusammenhang mit der Konsultation der Kommunalen Abwasserrichtlinie, Mustervorlage zur Verfügung.

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