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Redispatch 2.0

Zum 1. Oktober 2021 gelten neue gesetzliche Vorgaben für die Bewirtschaftung von Netzengpässen. Der BDEW veröffentlicht Übergangslösung für gesicherten Einstieg.

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© Stefan Dinse / Shutterstock

Im Rahmen des Redispatch 2.0 sollen neue Prozesse den Informations- und Datenaustausch, den Bilanzkreisausgleich sowie die Abrechnung optimieren. Angesichts von Verzögerungen bei der Implementierung im Markt hat der BDEW eine branchenweite Übergangslösung für den gesicherten Einstieg in den Redispatch 2.0 veröffentlicht. Die Erarbeitung erfolgte in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (vormals BMWi).

Verzögerungen bei der Umsetzung durch Marktteilnehmer

Mitte August wurde der BDEW über Verzögerungen bei der Implementierung der Datenaustausche gemäß der Zielprozesse für den Redispatch 2.0 informiert. So stellte sich für einige Unternehmen insbesondere der Datenaustausch teils herausfordernder dar als erwartet. Erschwerend hinzu kamen Verzögerungen bei der Auslieferung und Programmierung notwendiger Software sowie eine aufgrund der hohen Komplexität begrenzte Verfügbarkeit geeigneter Dienstleister.

Infolgedessen erscheint insbesondere ein koordinierter Übergang der Verantwortung für die Beschaffung des bilanziellen Ausgleichs vom Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) des Lieferanten der betroffenen Anlage an den anfordernden Netzbetreiber zum 1. Oktober 2021 als praktisch nicht umsetzbar.

BDEW-Übergangslösung weist möglichen Einstieg in Redispatch 2.0 aus

Nachdem der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft seinerzeit die Branchenlösung zum neuen Redispatch erfolgreich entwickelt und im Mai 2020 an die BNetzA übergeben hatte, hat sich der BDEW vor Hintergrund der Umsetzungsschwierigkeiten nun abermals dieses gemeinsamen sowie zeitkritischen Problems der Branche kurzfristig angenommen. Um aus den Verzögerungen resultierenden Risiken bei der Bilanzkreisbewirtschaftung zu begegnen, wurde in Abstimmung mit der BNetzA und dem BMWK (vormals BMWi) eine branchenweite Übergangslösung erarbeitet, die einen gesicherten Einstieg in das neue Redispatchregime zum 1. Oktober 2021 ermöglichen soll.

Diese Übergangslösung stellt ausdrücklich keine vom Gesetz abweichende Vorgabe dar, sondern nur eine vorweggenommene Verständigung über die Ermittlung des bilanziellen Ausgleichs. Die gesetzlichen Anforderungen des Redispatch 2.0 bleiben erhalten.

Ferner bleibt das Ziel eines vollumfänglichen physischen bilanziellen Ausgleichsprozesses gemäß den Zielprozessen zum Redispatch 2.0 zum frühestmöglichen Zeitpunkt von der Übergangslösung unberührt. Spätestens zum 1. März 2022 ist die Betriebsbereitschaft von allen Prozessteilnehmern sicherzustellen. Zu diesem Stichtag startet ein dreimonatiger paralleler Testbetrieb aller Residpatch-2.0- Zielprozesse. Die Branche treibt die Umsetzung der Zielprozesse weiterhin mit aller Kraft voran und berichtet über die Fortschritte regelmäßig an die BNetzA. Die Übergangslösung ist ausdrücklich auf den 31. Mai 2022 befristet.

Das BDEW-Einführungsszenario zur Einführung der RD 2.0-Zielprozesse wird aktualisiert und seitens des BDEW bis zum 31. Oktober 2021 der Branche zur Verfügung gestellt.

BDEW-Übergangslösung: Rechtliche Einordnung und Geltungsbereich

Kern der Übergangslösung ist es, dass der bilanzielle Ausgleich für Maßnahmen des Redispatch 2.0 gemäß § 13a Absatz 1a EnWG vorübergehend pauschal in Höhe von 0 MWh erfolgt und bestehende Ansprüche in Bezug auf Energiemengen finanziell ausgeglichen werden. Die Definition der Höhe des bilanziellen Ausgleichs betrifft sowohl den Anspruch des Bilanzkreisverantwortlichen auf Bereitstellung des bilanziellen Ausgleichs als auch den Anspruch des anweisenden Netzbetreibers auf Abnahme des bilanziellen Ausgleichs.

Rechtlich stellt der mit der Übergangslösung beschriebene Fall, dass der Anschlussnetzbetreiber (ANB) den bilanziellen Ausgleich nur vorab definierter Höhe von 0 (Null) MWh vornimmt und der BKV anstelle des ANB den Bilanzkreisausgleich in der Folge dessen selbst durchführt, eine sog. echte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) im Sinne der §§ 677 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Für die GoA kann der BKV den Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, §§ 683, 670 BGB.

Betroffen von der Übergangslösung sind alle Anlagen, die zum 1. Oktober 2021 neu unter das Redispatchregime nach § 13 Absatz 1 und 1a EnWG fallen.

Finanziellen Kompensation des Bilanzkreisverantwortlichen

Für die Ermittlung der jeweiligen finanziellen Kompensation des BKV bietet die Übergangslösung Prozesse, die für alle betroffenen Marktakteure nachvollziehbar und schnell umsetzbar sind.

Hierbei ist zu beachten, dass die Abrechnung im Verhältnis ANB und BKV des Lieferanten (LF) erfolgt, wobei die Bestimmung der Abrechnungsmenge gemäß der für die Anlage gewählten Abrechnungsvariante bestimmt wird (Pauschal-, Spitz- oder vereinfachte Spitzabrechnung). Ein Vorabinformationsaustausch an den LF gemäß der RD2.0-Zielprozesse zu den durchgeführten Maßnahmen wird zunächst nicht flächendeckend stattfinden. Die Bewirtschaftung der bilanziellen Ausgleichsmengen erfolgt grundsätzlich durch den BKV des LF analog den Logiken des heutigen Einspeisemanagements. Dabei können kurzfristige Eingriffe der Netzbetreiber durch den BKV nicht mehr zu Marktpreisen gehandelt werden.

Als Preis für die Berechnung wird daher ein einfach zu bestimmender Mischpreis in einem fixen Verhältnis angesetzt, der die Höhe des finanziellen Anspruchs des BKV gegenüber dem ANB widerspiegelt. Die Zusammensetzung erfolgt mit einem Anteil von 72,5% zum Wert des ID1 und mit 27,5% um Wert des ReBAP.

Wie geht es weiter?

Für alle Anlagen mit Anschluss an das Höchstspannungsnetz werden die ÜNB eine separate Klärung hinsichtlich der Bilanzierungsverantwortung kurzfristig mit den beteiligten BKV abstimmen.

Darüber hinaus empfiehlt der BDEW allen Anschlussnetzbetreibern, die einen bilanziellen Ausgleich für Maßnahmen des Redispatch 2.0 gemäß § 13a Absatz 1a EnWG zum 1. Oktober nicht leisten werden, dringend, die BKV an ihrem Netz in den kommenden Tagen entsprechend zu informieren und die gemeinsame Umsetzung der Übergangslösung abzustimmen. Hierfür stellt der BDEW ein Musteranschreiben zur Verfügung.

Weiterführende Informationen zu Bilanzkreisbewirtschaftung und Detailprozessen sowie der rechtlichen Einordnung und zeitlichen Begrenzung der Übergangslösung entnehmen Sie bitte den Dokumenten „BDEW-Übergangslösung RD2.0 – Allgemeine Beschreibung“ und „BDEW-Übergangslösung RD2.0 - Detailprozesse zur Geltendmachung und Auszahlung von Ansprüchen“.

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