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Länderportrait:

Thailands Weg zur Klimaneutralität

Thailand wäre vom Klimawandel schwer betroffen. Das Land hat ehrgeizige Ziele, aber der Weg dahin ist steinig.

Illustration Energiewende in Thailand

© Robert Albrecht / BDEW

 

Sanft wiegen sich glitzernde Solarpaneele auf der leicht gekräuselten Wasseroberfläche an der Talsperre Sirindhorn ganz im Nordosten von Thailand. Insgesamt 145.000 dieser Paneele sind hier verbaut, sie bedecken eine Fläche von rund 70 Fußballfeldern. Zusammen mit den drei Turbinen des Wasserkraftwerks des staatlichen Energieversorgers EGAT können sie eine Leistung von 45 Megawatt Strom erzeugen.

Thailand bezeichnet sie als die größte Hydrosolarfarm der Welt. Ähnliche Rekorde beansprucht auch China. Aber die riesige Anlage nahe der vietnamesischen Grenze zeigt, dass Thailand Maßnahmen ergreift, um die Energieversorgung des Landes klimaneutraler auszurichten. Das EGAT-Projekt soll durch 15 weitere Anlagen ergänzt werden, um die Abhängigkeit von fossilen Energien zu mindern. 

Hohe Emissionen durch veralteten Energiemix

Das ist auch nötig. Denn in den letzten 30 Jahren haben sich die Treibhausgasemissionen in Thailand mehr als verdoppelt. Das liegt vor allem am Energiemix: Gut die Hälfte des im Land verbrauchten Stroms wird mit Hilfe von Erdgas erzeugt. Weitere 16 Prozent stammen aus Kohlekraftwerken, während erneuerbare Energien bisher nur etwa zehn Prozent ausmachen. 

Gleichzeitig ist Thailand ein Land, das die Folgen des Klimawandels am meisten zu fürchten hat: Die Küstenlinie ist lang, viele dicht besiedelte Gebiete liegen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten. Der Global Climate Risk Index der Umweltorganisation Germanwatch führt Thailand an Position neun der am meisten gefährdeten Länder der Welt. Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow 2021 setze sich die Regierung des Landes daher große Ziele: Bis 2050 will das Land CO2-neutral sein, bis 2065 sogar vollständig klimaneutral. 

Bisher fehlt es allerdings noch an einem Fahrplan, wie das erreicht werden soll. Zwar liegt seit dem letzten Jahr ein Klimaschutzgesetz vor, doch es wurde bisher nicht verabschiedet. „Mitte Mai 2023 ist im Land gewählt worden, die neue Regierungskoalition ist allerdings erst seit September im Amt“, sagt Thomas Hundt, der in Bangkok für die Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland „Germany Trade & Invest“ (GTAI) arbeitet. 

Starre Strukturen, starke Beharrungskräfte

Dabei scheint der grundsätzliche künftige Kurs des Landes mitunter auch in der Regierung noch durchaus umstritten. Areeporn Asawapongphan vom Thailand Development Research Institute kritisiert in einem Kommentar für die „Bangkok Post“, dass die Regierung weiterhin den Bau neuer Gaskraftwerke genehmige und das Land damit in Sachen Energieerzeugung auf Jahrzehnte festlege. Laut GTAI plant der staatliche Energieversorger EGAT sogar die Modernisierung und Weiterführung seiner Kohlekraftwerke.

Überhaupt gelten die starren Strukturen im thailändischen Energiesektor als größte Hürde für den Übergang zu erneuerbaren Energien, so viele Experten: „EGAT betreibt exklusiv das gesamte Übertragungsnetz und viele Kraftwerke“, erklärt GTAI-Mann Hundt. „Darunter gibt es zwei staatliche Verteiler, von denen die Privatleute und die meisten Unternehmen ihren Strom kaufen müssen.“ Man könne fast von einem Monopol sprechen. 



Und so fällt es Unternehmen und Privatpersonen schwer, eigenen Strom mit Solaranlagen zu erzeugen, ins Netz einzuspeisen und zu vermarkten. „Es gibt zwar einen Metering-Tarif“, sagt Hundt. „Aber der ist schwer zu bekommen und die Vergütung ist sehr niedrig.“ Areeporn Asawapongphan weist auf die paradoxe Situation hin, dass zwölf Prozent der regenerativen Energie in Vietnam von grenznahen thailändischen Unternehmen produziert wird. „In Thailand erzeugen Unternehmen mit Hilfe von Solarzellen zwar durchaus Elektrizität für den eigenen Bedarf“, sagt Supawan Saelim, die in Thailand für den Thinktank Agora arbeitet. „Aber sie können den Strom nicht ins Netz einspeisen, denn anders als für private Haushalte gibt es für gewerbliche und industrielle Endverbraucher noch kein staatlich gefördertes Aufdach-Solarprogramm.“ 

Unternehmen machen Tempo

Es ist daher vor allem die thailändische Wirtschaft, die auf schnellere und konkretere Schritte in Sachen Energiewende drängt. Zum einen in der Hoffnung auf neue Geschäftsmodelle, zum anderen wegen der – im asiatischen Vergleich – relativ hohen Stromkosten in Thailand. So haben mehr als 500 Organisationen und Unternehmen den RE100 Thailand Club gegründet, der sich für 100 Prozent erneuerbare Energien in der Industrie einsetzt.

Der langsame Fortschritt bei der Umstellung der Stromproduktion wirkt auch deshalb besonders unverständlich, weil das Land im Verkehrssektor auf einem guten Weg ist: Im Jahr 2022 war Thailand der größte Markt für Hybrid- und vollelektrische Fahrzeuge in Südostasien. Die Regierung plant, dass bis 2030 jedes zweite verkaufte Fahrzeug im Land emissionsfrei ist. Auch in den öffentlichen Nahverkehr in Bangkok und neue Hochgeschwindigkeitsstrecken für Züge wird investiert. Nur: Ein echter Fortschritt wäre erst dann gegeben, wenn der Verkehrssektor in Zukunft auf Strom als Energiequelle umstellt, der nicht mehr überwiegend aus Gas oder Kohle stammt.

Deutsch-thailändische Zusammenarbeit intensiviert sich

„Sektorkopplung ist eins unserer wichtigsten Themen“, sagt Supawan Saelim. Für Agora arbeitet sie mit in der Thai-German Cooperation on Energy, Mobility and Climate, einem Projekt, das vom Bundeswirtschaftsministerium und der Internationalen Klimaschutzinitiative finanziert wird. Die Kooperation zielt darauf ab, die Gesetze und Strukturen in Thailand zu verbessern. Außerdem sollen Wissen und Technologie transferiert sowie lokale Projekte finanziell unterstützt werden.

„Einige thailändische Entscheidungsträger befürchten immer noch, dass mehr erneuerbare Energien zu höheren Energiekosten und geringerer Versorgungssicherheit führen können“, sagt Saelim. „Wir geben internationale Erfahrungen weiter, um das Vertrauen in die saubere Energiewende zu stärken.“ 

Auch aus Sicht von Thomas Hundt vom GTAI gibt es durchaus Fortschritte: „Es tut sich was. Es ist wichtig, das zu erwähnen. So gab es 2022 eine Ausschreibung für die Produktion von über fünf Gigawatt an Erneuerbaren-Energie-Projekten.“ Auch kleine Unternehmen konnten sich bewerben - und am Ende gab es sogar mehr Bewerbungen, als berücksichtigt werden konnten. 

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