Dichte Wolken am Himmel, starker Regen und heftiger Wind wirken sich auf die Leistung von Photovoltaikanlagen aus. Weniger Sonnenlicht bedeutet auch weniger Strom. Das kann zu Engpässen oder einem Blackout führen. Scheint die Sonne dagegen intensiv, wird oft mehr Strom produziert als nötig. Die Folge: Anlagen werden abgeschaltet, die Betreiber müssen womöglich entschädigt werden. Präzise Wettervorhersagen sind daher wichtig. Hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel.
„Machine Learning und KI spielen bei der Prognose der Sonnenstrahlung eine wesentliche Rolle“, sagt Jan Remund, Leiter der Abteilung Energie und Klima beim Schweizer Wetterdienstleister Meteotest AG. Algorithmen werten Satellitenbilder aus und sagen voraus, wie sich das Wetter in den nächsten Stunden und Tagen entwickeln wird. Gleichzeitig analysieren sie Daten zu den Nutzungsgewohnheiten der Verbraucher. Für die Betreiber von PV-Anlagen sind solche Informationen enorm wichtig. Je genauer sie wissen, wieviel Strom wann und wo erzeugt und eingespeist wird und wieviel Strom Verbraucher und Unternehmen benötigen, desto präziser können sie ihr Angebot an den Bedarf anpassen. Das stabilisiert die Netze. KI-Systeme sollen die Stromerzeugung aus PV-Anlagen berechenbarer machen. Sie können auch erkennen, ob und wo Netze ausgebaut werden müssen.
In Deutschlang gab es Ende 2024 über 4,7 Millionen Solaranlagen. Sie speisten 59,8 Milliarden Kilowattstunden Strom ins Netz ein. Tendenz steigend. Das heißt: Immer mehr Menschen und Unternehmen produzieren, verkaufen und konsumieren Solarstrom gleichzeitig. Das Problem dabei ist: „Die überall verteilten Photovoltaikanlagen kann man schlecht im Auge behalten“, sagt Prof. Dr. Bernd Hüttl. Er forscht an der Hochschule Coburg zur Photovoltaik und arbeitet an einem Forschungsprojekt mit, das die Solarbranche revolutionieren soll. Das Ziel ist, mithilfe von KI Diagnose und Wartung von PV-Anlagen aus der Ferne zu ermöglichen. Ausfälle früh zu erkennen und zu verhindern, ist wichtig, damit die Netzfrequenz stabil bei 50 Hertz bleibt.
Anlagen effizienter und profitabler machen
Jede PV-Anlage liefert Unmengen an Daten. KI kann diese schnell auswerten und wird in der Solarbranche bereits in vielen Bereichen eingesetzt. Etwa um den Energiefluss besser zu steuern und die Umstellung zu intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) zu ermöglichen. Experten gehen davon aus, dass KI auch die Effizienz der Solarmodule um bis zu 15 Prozent steigern kann. PV-Anlagen werden dadurch profitabler und die Gewinne der Betreiber steigen. KI unterstützt auch dabei, den Strom gut zu vermarkten. Das machen sich die Kölner RheinEnergie AG und ihr Tochterunternehmen RheinEnergie Trading zunutze. In den Gemeinden Lärz und Rechlin in Mecklenburg-Vorpommern betreibt die RheinEnergie AG einen Solarpark, in den ein Batteriespeichersystem integriert ist. Damit der Speicher am meisten Geld einbringt, muss der Strom genau dann gespeichert werden, wenn die Strompreise niedrig sind und bei hohen Preisen abgegeben werden. KI sagt die tatsächlichen Börsenpreise ziemlich genau voraus.
Sie wird auch genutzt, um günstige Standorte für neue Anlagen zu finden und ihre Wirtschaftlichkeit zu berechnen. Geo-KI wertet dafür Luft- und Satellitenbilder aus, um freie Flächen oder unbebaute Dächer zu erkennen oder um Energiepläne für Gemeinden zu erstellen. Durch das Monitoring erkennt KI frühzeitig mögliche Funktionsstörungen von Anlagen. Zum Beispiel können kleinste Partikel von Asche und Sandkörnern in der Atmosphäre die Produktion beeinträchtigen. Sie tragen einerseits dazu bei, dass sich Wolken bilden, andererseits verschmutzen sie die Anlagen. Mehrmals im Jahr kommt viel Saharastaub nach Deutschland. Staub verdunkelt den Himmel und die Stromerzeugung durch PV-Anlagen kann in dieser Zeit um zehn bis 20 Prozent sinken.
Zuverlässige Prognosen dank KI
Für die Netze sind solche Schwankungen eine Herausforderung. Deshalb braucht es zuverlässige Prognosen zur Sonneneinstrahlung. KI-Modelle erweisen sich hier gegenüber traditionellen Modellen oft als weniger fehlerhaft. Immer mehr Wetterdienste nutzen bereits KI für ihre Vorhersagen. Darunter auch der Deutsche Wetterdienst. Allerdings kommen bei der Saharastaubvorhersage noch keine KI-Methoden zum Einsatz. Es gibt jedoch Entwicklungen, maschinelles Lernen in Zukunft dafür zu nutzen. Wettervorhersagen werden damit detaillierter und schneller.
Wie beispielsweise das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage mit seinem Artificial Intelligence Forecasting System unter Beweis stellt. Die Bilanz der Forscher: Ihre Wetterprognosen sind zehnmal schneller als bisherige Modelle.
Keine schlechte Bilanz für einen Gamechanger.
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