None

Subventionen:

Gut investiertes Geld?

Subventionen im Sinne des Klimaschutzes sind wünschenswert. Aber helfen die einzelnen Maßnahmen wirklich? Ein kritischer Blick.

None

© Robert Albrecht/BDEW

Strategisch günstig gelegene Häfen, das weltweit erste Gesetz zum Transport von Wasserstoff  – und das mit 613 Kilometern zweitlängste Wasserstoffnetz der Welt: Belgien will zur europäischen Transitdrehscheibe für grünen Wasserstoff werden. Neben der Infrastruktur und Industrie  ist nicht zuletzt politischer Wille entscheidend, etwa beim Beschluss diverser Förderprogramme , mit denen Forschung und Entwicklung vorangetrieben werden. Auch aus dem „Energietransitiefonds“ gewährt die Förderalregierung jährlich bis zu 30 Millionen Euro für Wasserstoffprojekte, zusätzlich fließen 387 Millionen Euro aus der Europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität. 

Aus diesen Zahlen spricht staatliche Tatkraft zugunsten des Klimas. Wie viel davon gibt es in Deutschland? Eine Antwort gibt ein jährlicher Bericht vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel: Ende 2021 informierte er, in den beiden Vorjahren habe der deutsche Staat seine Subventionstätigkeit stark ausgeweitet. Hauptgrund für den Anstieg seien höhere Aufwendungen für umweltpolitische Maßnahmen gewesen, die mit 25,7 Milliarden Euro zum ersten Mal den Verkehrssektor (25,5 Milliarden Euro) als wichtigsten Subventionsposten abgelöst hätten. 

Wasserstoff: Deutschland will Anreize setzen

Das klingt nach einer guten Nachricht nicht nur für das Klima, sondern auch für die Wirtschaft, die im internationalen Wettbewerb nicht den Anschluss verpassen soll: 2022 hatte US-Präsident Joe Biden mit seinem Inflation Reduction Act für Furore gesorgt. Denn Teil dieses milliardenschweren Investitionspakets sind hohe Unterstützungssummen für Wasserstoffprojekte, die sich in den USA ansiedeln sollen. Prompt stellte das schwedische Unternehmen Northvolt eine geplante Batteriefabrik in Schleswig-Holstein vorübergehend auf den Prüfstand und überlegte, ob man der Expansion in den USA zunächst Vorrang gegenüber Europa geben solle.

Um eine eigene Wasserstoffwirtschaft aufzubauen, muss auch Deutschland Anreize setzen. Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) hat das Bundeskabinett Ende Mai einen ersten Rahmen für ein deutsches Wasserstoff-Kernnetz geliefert. „Das ist die ganz entscheidende Voraussetzung, dass man sich darauf verlassen kann, wo kommt der Wasserstoff her, wie wird er quer durch Deutschland transportiert und wo kann er verwendet werden“, kommentierte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, den Beschluss. Denn solange das nicht klar sei, investiere kein Unternehmen.

Am Ziel vorbei: Nicht alle Subventionen wirken

Um solche Effekte anzuregen, kann die öffentliche Hand entweder Steuervergünstigungen gewähren – also Ausnahmeregelungen für einzelne Sektoren oder Teilbereiche der Wirtschaft – oder Finanzhilfen an private Unternehmen und Haushalte. Doch nicht immer passen die gewählten Instrumente zu den verfolgten Zielen. Ein Beispiel aus der Elektromobilität: „Laden muss so einfach werden wie Tanken“, so will es Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Deshalb sollen eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte bereitgestellt werden, um 2030 die dann geplanten 15 Millionen vollelektrischen Pkw auf Deutschlands Straßen zu versorgen.

Das seien zu viele Ladesäulen, sagen Kritiker: „Eine Million: Das ist eher eine plakative Zahl“, so Till Gnann, Koordinator des Themas Elektromobilität am Fraunhofer-Institut gegenüber der Tagesschau. Ein Rechenmodell der Nationalen Plattform Mobilität (NPM) ergab bei den von der EU zugrunde gelegten drei Volllaststunden pro Tag einen Bedarf von bis zu 631.000 Ladepunkten. „Laden zu Hause und am Arbeitsplatz werden die Hauptpunkte sein“, so Gnann. „Alle öffentlichen Ladepunkte dürften überwiegend nur mit Schnellladetechnik funktionieren. Und da benötigt man einfach weniger.“



Bis 2026 sind nun jedoch circa 6,3 Milliarden Euro für den Aufbau von Ladeinfrastruktur eingeplant. Ist das Ziel zu hoch gesteckt, wäre zumindest ein Teil dieses Geldes fehlinvestiert. Ob eine Million Ladesäulen ausgelastet würden und ihr Betrieb damit wirtschaftlich wäre? Gnann sagt: „Es nutzt nichts, wenn wir überall Ladesäulen hinstellen und dann nutzt sie keiner. Das Geld wäre besser ausgegeben, um die Ladestationen zu Hause oder bei der Arbeit zu unterstützen.“

Ein weiterer unerwünschter Effekt: Würde der Staat tatsächlich für ein Überangebot sorgen, käme der Wettbewerb unter den Betreibern zum Erliegen – und damit der Mechanismus, der Kundinnen und Kunden ein für ihre Bedürfnisse passendes Produkt zu einem fairen Preis liefert. Aktuelle Daten zeigen außerdem, dass der Ladesäulen-Ausbau läuft: Allein die Zahl der Ultra-Schnellladepunkte mit einer Ladeleistung von über 150 Kilowatt hat im vergangenen Jahr um 80 Prozent zugelegt: von 3.851 auf 7.037 Ladepunkte. Was allerdings weiterhin fehlt, ist eine Strategie der Bundesregierung, wie sie ihr verkehrspolitisches Kernziel, 15 Millionen vollelektrische Pkw im Jahr 2030, erreichen will.

Glasfaserausbau: Schneller ohne staatliche Förderung

Dass Subventionen ein Ziel nicht nur verfehlen, sondern gar eine Bremswirkung entfalten können, zeigte sich bereits 2021 auch beim Glasfaserausbau. Denn die Zuschüsse erschwerten den Ausbauprozess: „Bei einer staatlichen Förderung müssen Kommunen ein sehr aufwendiges Verfahren vorschalten, mit dem sie offiziell den Markt erst einmal erkunden“, schilderte Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Selbst in Regionen, die nicht auf Förderung angewiesen seien, dauere der geförderte Ausbau so oft zwei bis drei Jahre länger. „Weit über 90 Prozent der Gebiete hierzulande sind mittlerweile eigenwirtschaftlich mit Glasfasernetzen erschließbar und damit schneller ausbaubar als mit Förderung.“ 



„Viel hilft viel“ gilt bei staatlicher Förderung also nicht unbedingt. Mit Blick auf die Förderung der US-Wasserstoffindustrie gingen Warnungen vor einem bevorstehenden Kräftemessen auf beiden Seiten des Atlantiks um. Vor möglichen negativen Folgen warnt auch Stefan Kooths, Vizepräsident des IfW Kiel.

Angesichts der enormen Wind- und Solarpotenziale in den USA soll die EU dem Institut der deutschen Wirtschaft aus Köln zufolge bei grünen Energien kein ähnlich niedriges Kostenniveau anstreben, sondern sich auf den Ausbau der hiesigen Standortvorteile konzentrieren. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern ist dabei zentral. Die direkte Nachbarschaft zu Vorreiter Belgien kann sich als Standortvorteil für Deutschland erweisen – ein grenzüberschreitendes Leitungsnetz  ist bereits in Planung.

Mehr zu Wasserstoff

Netzausbau in Deutschland – Anschluss an die Zukunft. Mehr erfahren

Kommunizierende Röhren – So funktioniert das europäische Gasnetz. Zum Artikel

Von Kohleausstieg bis Wasserstoff – Energiewende auf portugiesisch. Zum Artikel


Zurück zur Magazin-Übersicht Wer rettet den Markt?

Suche