Allgemeine Hintergrundinformationen
Stromnetzbetreiber sind nach dem Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet, für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung in ihrem Netz zu sorgen (§§ 13, 14 EnWG). Für die Sicherheit der Netzstabilität und zur Vermeidung von Netzengpässen werden Redispatch-Maßnahmen durchgeführt.
Was ist Redispatch?
Der Begriff „Redispatch“ steht für eine Abänderung des vorgesehenen Kraftwerkseinsatzes zur Vermeidung von Netzengpässen. Für die Sicherung der Netzstabilität wird derzeit primär von den Übertragungsnetzbetreibern eine Übersicht (Lastfluss- oder Netzbelastungsberechnung) über die voraussichtlichen Ein- und Ausspeisungen auf den verschiedenen Netzebenen erstellt und genutzt. Falls die Lastfluss- oder Netzbelastungsberechnung Netzengpässe erwarten lassen, werden sogenannte Redispatch-Maßnahmen ergriffen. In der Regel hat dies zur Folge, dass zusätzliche Kraftwerke, etwa in verbrauchsstarken Regionen, aktiviert werden beziehungsweise angewiesen werden, ihre Leistung zu erhöhen. Gleichzeitig werden andere ursprünglich in der Kraftwerkseinsatzplanung vorgesehene Kraftwerke, die aufgrund ihrer geographischen Lage zur Entstehung des Netzengpasses beitragen, angewiesen, ihre Leistung zu reduzieren. Redispatch wird heute mit konventionellen Großkraftwerken ab 10 MW durchgeführt.
Eine anschauliche Erklärung des grundsätzlichen Vorgehens bietet folgendes Video der Bundesnetzagentur zum Thema.
Was ist Redispatch 2.0?
Das zum 13. Mai 2019 in Kraft getretene Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) enthält neue Vorgaben für das Management von Netzengpässen, die von den betroffenen Marktakteuren (insb. Netzbetreibern und Anlagenbetreiber) umgesetzt werden müssen. Die gesetzliche Frist zur Umsetzung war auf den 1. Oktober 2021 datiert.
Die Regelungen zum Einspeisemanagement von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) wurden zu diesem Zeitpunkt aufgehoben und ein einheitliches Redispatch-Regime (Redispatch 2.0) nach §§ 13, 13a, 14 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) eingeführt. Konkret bedeutet dies, dass fortan auch EE-Anlagen und KWK-Anlagen ab 100 kW sowie Anlagen, die jederzeit durch einen Netzbetreiber fernsteuerbar sind, in den Redispatch einbezogen werden. Die Regelungen des NABEG sind demnach potentiell für alle 890 Verteilnetzbetreiber und eine Vielzahl weiterer Marktakteure in Deutschland relevant.
Abbildung: Vereinfachte Prozessdarstellung erzeugungsseitiger Maßnahmen zur Engpassbeseitigung durch den Netzbetreiber vor und nach Stichtag der Neuregelung
Die neuen Regelungen beruhen stärker auf Plandaten und Prognosen und bringen für die Netzbetreiber, aber auch für Erzeuger und Direktvermarkter neue Aufgaben mit sich, die der intensiven Vorbereitung bedürfen.
Das sind insbesondere:
- Intensive Kooperation der Netzbetreiber bei der Behebung von Netzengpässen durch Redispatch unter der Maßgabe möglichst geringer Gesamtkosten über alle Netzebenen hinweg und unter Einhaltung der Netz- und Versorgungssicherheit.
- Generierung und Zurverfügungstellung der für das Redispatch notwendigen Daten.
- Übernahme der Verantwortlichkeit für den bilanziellen und finanziellen Ausgleich sowie die Abwicklung der Abrechnungsprozesse durch den Netzbetreiber.
Das Projekt Redispatch 2.0 im BDEW
Für die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen bedarf es eines einheitlichen Branchenverständnisses zu den mit den neuen Aufgaben verbundenen Rollen, Verantwortlichkeiten und Prozessen sowie deren Umsetzung.
Dazu hat der BDEW mit den relevanten Stakeholdern die BDEW-Branchenlösung Redispatch 2.0 erarbeitet. Im BDEW sind die Übertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber aller Größenklassen und Spannungsebenen organisiert. Die Stromnetzbetreiber im BDEW stehen für 95 Prozent des deutschen Stromnetzes. Daneben sind im BDEW alle wesentlichen Gruppen von Energieerzeugungsanlagenbetreibern (Großkraftwerksbetreiber, Betreiber von EE- und KWK-Anlagen), über Speicherbetreiber bis hin zu Direktvermarktern vertreten.
Andrees Gentzsch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung im BDEW erklärte hierzu:
"Zukünftig sollen Netzengpässe über alle Netzebenen hinweg unter Einbezug aller wesentlichen Energieanlagen effizient behoben werden. Hierzu brauchen wir einheitliche Prozesse in der Branche, die weitgehend automatisiert ablaufen können. Ganz zentral ist dabei die enge Zusammenarbeit der Verteilnetz- und Übertragungsnetzbetreiber unter Mitwirkung der betroffenen Anlagenbetreiber."
Die Dokumente der BDEW-Branchenlösung finden Sie hier:
Die BNetzA hat aufbauend auf den Arbeiten der Branche entsprechende Konsultationsverfahren durchgeführt – und insgesamt drei Festlegungen erlassen:
- BK6-20-059 Festlegungsverfahren zum bilanziellen Ausgleich von Redispatch-Maßnahmen
- BK6-20-060 Festlegungsverfahren zur Netzbetreiberkoordinierung bei der Durchführung von Redispatch-Maßnahmen
- BK6-20-061 Festlegungsverfahren zur Informationsbereitstellung für Redispatch-Maßnahmen
Weiterhin hat die BNetzA – ergänzend zu den Festlegungen – folgende Mitteilungen veröffentlicht:
- Mitteilung Nr. 6 zum Redispatch 2.0 – Hinweis auf die BDEW-Übergangslösung zur Einführung des bilanziellen Ausgleichs
- Mitteilung Nr. 8 zum Redispatch 2.0 – Herstellung der Betriebsbereitschaft und Beginn des bilanziellen Ausgleichs im Rahmen der BDEW-Übergangslösung
- Mitteilung Nr. 9 zum Redispatch 2.0 – Weiteres Vorgehen nach Auslaufen der BDEW-Übergangslösung zum bilanziellen Ausgleich
Zur Unterstützung seiner Mitgliedsunternehmen und der gesamten Energiebranche bei der Umsetzung der regulatorischen Vorgaben arbeitet der BDEW an zahlreiche Anwendungshilfen, die sich unter „Aktuelles zum Redispatch 2.0“ finden und regelmäßig aktualisiert werden.
FAQ
Um die Branche bei der Umsetzung des neuen Redispatchregimes noch besser unterstützen zu können, haben wir einen FAQ-Katalog zum Thema Redispatch 2.0 mit den wichtigsten Fragen und Antworten erstellt. Diesen finden Sie hier.
Gesetzestexte
- NABEG (Änderungsfassung aus dem Bundesgesetzblatt) - Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz
- EEG 2021 - Gesetz zum Ausbau Erneuerbarer Energien
- EnWG - Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung
- Lesefassung EnWG mit Änderungen NABEG
Termine
Der BDEW bietet zum Thema Redispatch 2.0 in regelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen in Form von Informationstagen, Konsultationsworkshops und Webinaren an. Sobald Termine feststehen, werden sie an dieser Stelle bekannt gegeben.
Vergangene Termine
Fragen und Antworten zur Umsetzung der BDEW Übergangslösung zum Redispatch 2.0 / BNetzA-Mittelung Nr. 8 – BDEW Webinar am 23.02.2022, 14:00-15:30 Uhr
Redispatch 2.0 – Neue Anforderungen an die Anlagenbetreiber – BDEW-Infotagung am 24.11.2021, 09:00-12:30 Uhr
Redispatch 2.0 – Umsetzung durch die Netzbetreiber – BDEW-Infotagung am 04.11.2021, 09:00-16:15 Uhr
Redispatch 2.0 – Marktpartner-IDs, Umsetzungsfragen und weitere aktuelle Themen aus dem Projekt – BDEW Webinar am 08.06.2021, 9.00-12.00 Uhr
Redispatch 2.0: Einführungsszenario und Datenformate für eine Implementierung zum 1. Oktober 2021 – BDEW Webinar am 23.02.2021, 9.00-12.00 Uhr
Redispatch 2.0: Update zum Projektstand und Zeitplan, BNetzA-Festlegungen und Beantwortung häufig gestellter Fragen (FAQ) - BDEW Webinar am 27.11.2020, 13.00-17.00 Uhr
Redispatch 2.0 – Umsetzung beim Anlagenbetreiber & Direktvermarkter (Teil 3) - BDEW-Webinar vom 26.05.2020: Teil 3/3 zum Thema: Redispatch 2.0 – Wo stehen wir?
Redispatch 2.0: Betriebliche Umsetzung beim Netzbetreiber (Teil 2) - BDEW-Webinar vom 20.05.2020: Teil 2/3 zum Thema: Redispatch 2.0 – Wo stehen wir?
Redispatch 2.0: Basisdatenlieferung und Abrufprozesse (Teil 1) - BDEW-Webinar vom 20.05.2020: Teil 1/3 zum Thema: Redispatch 2.0 – Wo stehen wir?
20.05.2020 - 13.45 Uhr: RD 2.0: Basisdatenlieferung und Abrufprozesse (Teil 1): Die Aufzeichnung finden Sie hier.
20.05.2020 - 15.30 Uhr: RD 2.0: Betriebliche Umsetzung beim Netzbetreiber (Teil 2): Die Aufzeichnung finden Sie hier.
26.05.2020 - 15.30 Uhr: RD 2.0: Umsetzung beim Anlagenbetreiber & Direktvermarkter (Teil 3): Die Aufzeichnung finden Sie hier.