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Was bedeutet die Digitalisierung für die Energiewirtschaft?

Rund 1,6 Millionen dezentrale Erzeugungsanlagen bedeuten, dass wir die Verteilung und Steuerung des Stroms neu organisieren müssen. Die Digitalisierung ist hierbei der Hebel – die Unternehmen der Energiewirtschaft sitzen im Schaltraum.

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Die Energiewende ist das größte nationale IT-Projekt aller Zeiten: Die digitale Transformation der Energiewirtschaft ist integraler Bestandteil der Energiewende. Immer mehr Energieversorger nutzen diesen Trend und bündeln ihre Ideen in Digitalisierungsstrategien. Es geht um nicht weniger als die Frage, wer sich wie und mit welchen Geschäftsmodellen am Energiemarkt der Zukunft behaupten wird.

Im Mittelpunkt der Digitalisierung steht der Umgang mit Daten

Heute beschäftigt sich die Energiewirtschaft sehr intensiv damit, wie große Datenströme aus Einspeisung, Smart Metering oder auch dem Netzbetrieb gemanagt werden können. Das Ziel sind effiziente, schnelle und automatisierte Prozesse. Energieunternehmen müssen zu echten Datenspezialisten werden. Nur so können Sie mehr über die Bedürfnisse der Kunden erfahren und entsprechende Produkte und Services anbieten.

Die Digitalisierung führt auch dazu, dass Unternehmen ihre internen Prozesse optimieren, so etwa durch das sogenannte Process Mining. Optimierte interne Prozesse sind zudem notwendig, um auf die geänderten Bedürfnisse von Kunden reagieren zu können. Das Produkt Strom bleibt auch in einer digitalisierten Welt gleich. Was sich ändert, sind beispielsweise die Vertriebswege, um dieses Produkt zu vermarkten und die Anforderungen der zu beliefernden Kunden. Diese werden immer mehr vom reinen Konsumenten zum aktiven Marktakteur im Energiesystem. Der digitale Kunde möchte komfortable, personalisierte und sofort verfügbare Produkte. Auf der Vertriebsseite hat das beispielsweise den Effekt, dass digitale Multichannel-Platforms ausgebaut werden. Dadurch wollen die Unternehmen die Interaktion mit dem Kunden bündeln: online, mobil, im Call-Center und beim Vor-Ort-Vertrieb. Gleichzeitig ermöglicht das eine Analyse des Kundenverhaltens entlang aller Kontaktpunkte.

Branchengrenzen erodieren

Die digitale Transformation bricht zudem Wertschöpfungsgrenzen auf; zumindest dort, wo das in der Energiewirtschaft regulatorisch möglich ist. Daten kennen keine Grenzen und können übergreifend gesammelt, aufbereitet und analysiert werden, um daraus Produkte und Services zu erzeugen. Aber nicht nur die Wertschöpfungsgrenzen verschwimmen im Zuge der Digitalisierung, auch die Branchengrenzen erodieren und die Zusammenarbeit mit neuen Teilnehmern gewinnt an Bedeutung. Beispielsweise umfasst das Thema Elektromobilität mehrere Wertschöpfungsstufen in der Energiewirtschaft und „öffnet“ gewissermaßen eine neue „Branche“.

Innovation durch Kulturwandel

Hinzu kommt, dass die Digitalisierung einen zunehmenden Kulturwandel in den Unternehmen erfordert. Dabei nehmen neue agile Methoden der Zusammenarbeit oder digitale Kommunikationstechnologien eine zentrale Rolle ein. Grundsätzlich geht es darum, die eigenen Mitarbeiter für die digitale Welt zu qualifizieren oder entsprechendes Personal einzustellen.

Die Frage, wie sich das bereits jetzt schwer greifbare Gebilde „Digitalisierung“ weiter entwickelt, wird die Energiewelt in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen. Der BDEW will mit seinem Dossier zum Thema Digitalisierung neueste Trends aufzeigen, aktuelle Studien vorstellen und Beispielprojekte beleuchten.

Stefan Kapferer, BDEW-Hauptgeschäftsführer von 2016 bis 2019:

Die Energiewende wird durch die Digitalisierung eine neue Dynamik entfalten. Die Frage ist, wer sich mit welchen Geschäftsmodellen am Energiemarkt der Zukunft behaupten wird. Dabei spielen Schnelligkeit, Mut und Kreativität eine entscheidende Rolle. Auch die Kunden werden davon künftig immer mehr profitieren.

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